Meike Driessen
Redaktionsleiterin an der Ruhr-Universität Bochum
Ausgabe 06/2022
Der Vergleich zwischen Viren, die im Menschen und im Pferd vorkommen, bringt Erkenntnisse, die vielleicht der Impfstoffentwicklung dienen können.
Bisher gibt es keinen Impfstoff gegen Hepatitis C. Um die Suche verbessern zu können, suchen Forschende nach einem sogenannten Surrogatmodell: einem Tier, das ebenfalls an einer viralen Hepatitis erkranken kann und aus dessen Infektionsverlauf man Rückschlüsse auf das Verhalten des Hepatitis-C-
Virus beim Menschen ziehen kann. Fündig wurden sie beim Pferd. Das Forschungsteam der Abteilung Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) berichtete Anfang 2022 in der Zeitschrift „Virus Evolution“ darüber.
Über 70 Millionen Menschen sind weltweit mit Hepatitis C infiziert. Die Krankheit ist zwar behandelbar, wird aber oft nicht erkannt. In 80 Prozent der Fälle verläuft sie chronisch und kann zu Leberschäden bis hin zu Leberkrebs führen. Bislang gibt es keinen wirksamen Impfstoff. „Der Grund, warum die Erkrankung oft nicht ausheilt, liegt darin, dass das Virus sich ständig verändert und so dem Immunsystem entkommt“, erklärt Dr. Daniel Todt von der RUB-Virologie. „Das Immunsystem bildet Antikörper, die dem Virus immer eine Weile hinterherhinken und jeweils eine Variante bekämpfen können, die rund zwei Wochen zuvor im Körper war.“ Diese Evolution des Virus innerhalb des Wirts interessiert die Forschenden deswegen besonders.
Bisher fehlt es an geeigneten Modellen, um Fragen dazu im Tierversuch zu bearbeiten. Auf der Suche nach einem solchen sogenannten Surrogatmodell für die Erforschung des menschlichen Hepatitis-C-Virus werteten die Forschenden Proben von Pferden aus, die in Kooperation mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) genommen wurden. „Wenn man sich die Hepatitisviren ansieht, die verschiedene Spezies befallen können, fällt auf, dass sich das menschliche und das für Pferde ansteckende Virus genetisch am ähnlichsten sind“, erklärt André Gömer, Doktorand im Graduiertenkolleg Viper an der TiHo und Erstautor der Arbeit. Die Forschenden analysierten die Oberflächenproteine der Viren aus Menschen und Pferden im Verlauf der Infektion und verglichen die Ergebnisse.
„Beim Pferdevirus fehlt eine Region, die wir als hypervariabel bezeichnen“, erklärt Gömer. Sie verändert sich besonders schnell und schützt einen Bereich des Virus, der ihm hilft, Wirtszellen zu infizieren. Das könnte ein Grund dafür sein, dass die Infektion bei Pferden im Unterschied zu Menschen nur selten chronisch verläuft.
„Diese Erkenntnisse helfen uns, die Taktik des Hepatitis-C-Virus besser zu verstehen und herauszufinden, auf welche Bereiche des Virus es besonders ankommt“, so Todt. Das Pferde-Hepatitisvirus könnte sich als gutes Modell eignen, um Rückschlüsse auf die Evolution des Hepatitis-C-Virus in menschlichen Patienten zuzulassen und zu verstehen, wie es dem Virus gelingt, sich der Immunantwort zu entziehen.
Originalveröffentlichung:
André Gömer et al.: Intra-host analysis of hepaciviral glycoprotein evolution reveals signatures associated with viral persistence and clearance, in: Virus Evolution, 2022, DOI: 10.1093/ve/veac007
Weitere aktuelle Studie zum Thema:
https://onehealthoutlook.biomedcentral.com/track/pdf/10.1186/s42522-022-00065-y.pdf