MRNA-Impfstoff

Zeckenbisse: Vakzin schützt im Tierversuch gegen die Übertragung der Lyme-Borreliose

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Forscher haben einen mRNA-Impfstoff entwickelt, der Zecken beim Blutsaugen stört und so die Übertragung der Lyme-Borreliose verhindert. Das Vakzin enthält 19 Proteine aus dem Zeckenspeichel und löst beim Biss eine starke Immunreaktion aus. Als Folge beenden die Zecken ihre Blutmahlzeit vorzeitig.

In ersten Tests mit Meerschweinchen blieben dadurch alle Testtiere infektionsfrei, von den Kontrolltieren erkrankte gut die Hälfte, wie nun das Forscherteam rund um Andaleeb Sajid von der Yale University im Fachmagazin „Nature“ berichtet. Bei diesem ganz neuen Ansatz handelt es sich um einen mRNA-Impfstoff, der nicht gegen einen spezifischen Erreger wirkt, sondern gegen den Zeckenbiss selbst. Die Idee dahinter: Die Zecke injiziert bakterielle Erreger meist erst gegen Ende ihrer Blutmahlzeit in ihren Wirt. Kürzt man das Blutsaugen stark ab, senkt dies folglich auch das Infektionsrisiko.

Für eine solche verkürzte Blutmahlzeit kann das Immunsystem des Opfers sorgen: Wie die Forscher erklären, können einige Tiere und Menschen eine natürliche Abwehrreaktion gegen Zeckenbisse entwickeln. Ihr Immunsystem reagiert dann stark auf einige im Zeckenspeichel enthaltene Proteine und löst eine Entzündung am Bissort aus. Die dabei ausgeschütteten Botenstoffe hindern die Zecke am Saugen und ­führen so zu einer verfrühten Ablösung des Blutsaugers. Zudem führt die starke lokale Entzündung dazu, dass die Zecke vom Wirt schneller erkannt und beseitigt wird. An genau diesem Punkt setzt der Zecken-Impfstoff I9ISP an: Er enthält die Boten-RNA für 19 ­Proteine, die typischerweise im Zeckenspeichel enthalten sind und sich potenziell als Auslöser für eine Immunreaktion beim Menschen eignen. Wie die mRNA-Vakzine gegen Covid-19 besteht auch der Zeckenimpfstoff aus einer leicht modifizierten mRNA, die in einem Lipid-Nanopartikel verpackt ist. Im ­Körper bringt die mRNA Zellen dazu, die Zeckenproteine zu produzieren. Diese regen die Immunabwehr dazu an, Antikörper und Abwehrzellen gegen diese Antigene zu bilden.

Im Rahmen der Tierversuche entwickelten die geimpften Tiere nach etwa 18 Stunden eine deutliche Rötung und Schwellung an der Bissstelle. Parallel dazu zeigten sich deutliche Auswirkungen bei den Zecken: „Die Zecken saugten kaum und begannen schon 48 Stunden nach dem Ansetzen wieder abzufallen“, berichtet das Team.

Entscheidendes Ergebnis

Keines der gut 20 geimpften Meerschweinchen infizierte sich mit der Lyme-Borreliose, eine ­Übertragung der Bakterien blieb aus. Im Gegensatz dazu ­entwickelten zwischen 46 und 60 Prozent der Meerschweinchen in den Kontrollgruppen eine Borreliose. „Dies zeigt, dass eine Immunisierung mit dem mRNA-Vakzin gegen eine Infektion mit Borrelia burgdorferi ­schützen kann“, so die Forscher, die auch der Meinung sind, dass diese Ergebnisse zeigen, dass eine Impfung gegen Zeckenbisse funktionieren und vor der Übertragung von bakteriellen Krankheitserregern durch die Blutsauger schützen kann. Gute Chancen ­bestünden demnach auch auf eine ­Wirkung beim Menschen.

Science Translational Medicine, 2021;
doi: 10.1126/scitranslmed.abj9827


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