Dr. med. vet. Astrid Nagl
Tierärztin und Buchautorin
Ausgabe 05/2022
Vermeintlich leicht zu erkennen, aber mühsam zu behandeln – Dermatophytose ist eine häufige Diagnose, vor allem bei Katzenwelpen.
Aber ist jeder alopezische runde Fleck auf dem Bauch eines Hundes auf Trichophyton spp. oder Microsporum spp. zurückzuführen? Und kann ich der Wood-Lampe eigentlich trauen? Dr. vet. med. Regina Wagner, Fachtierärztin für Dermatologie, gibt im Gespräch mit Kleintierpraktikerin Dr. Astrid Nagl Tipps für eine sichere Diagnose und Therapie dieser Erkrankung.
Wie oft kommen Dermatophytosen in der Kleintierpraxis vor?
Ich kann auf jeden Fall sagen, dass die Erkrankung überdiagnostiziert ist. In Entwicklungsländern und Tierheimen sind deutlich mehr Patienten betroffen, in Praxen bei uns kann man vom niedrigen einstelligen Bereich sprechen. Bei Katzen, vor allem bei Jungtieren, kommen Dermatophytosen eindeutig häufiger vor als beim Hund.
Treten Dermatophytosen auch sekundär auf, wie zum Beispiel Malassezien bei Hautpatienten?
Sekundäre Dermatophytosen kommen ganz selten vor. Im Gegensatz zu Kommensalen wie Malassezien, die zur natürlichen Hautflora gehören, müssen sich die Tiere mit Dermatophyten infizieren. Die Ansteckung erfolgt durch andere befallene Tiere. Die Sporen in der Umgebung sind zwar infektiös, reichen aber meist alleine nicht aus, um Symptome auszulösen – gesunde Haut kann sich gut schützen. Eine geschädigte Hautstelle ist hingegen anfällig für den Pilzbefall, außerdem sind weniger immunkompetente Lebewesen besonders davon betroffen, etwa sehr alte oder ganz junge Tiere und Menschen oder immunsupprimierte Tiere und Menschen.
Kann man sich bei der Diagnostik auf Leitsymptome stützen?
Die Symptome sind sehr variabel: Juckreiz liegt nur vor, wenn es auch zeitgleich eine sekundäre bakterielle Infektion gibt, meist ist er jedoch gar nicht vorhanden. Katzen zeigen oft schuppiges Haarkleid oder extremen Haarausfall, vor allem bei Langhaarkatzen kommt das vor. Auch krustige Veränderungen oder flächenförmige Läsionen, die eher wie eosinophile Plaques aussehen, können auftreten. Beim Hund äußert sich die Dermatophytose in Papeln, Pusteln, Alopezie, Follicular Cast – eine ganz typische Effloreszenz, sie wird auch Haarröhrchenzylinder genannt –, fokalen oder diffusen Veränderungen, Schuppen oder Erythemen; auch die Pfoten und die Krallen – Onychomykose! – können betroffen sein. Runde, haarlose Läsionen werden beim Hund oft als Dermatophytose interpretiert, dabei handelt es sich aber häufig um Pyodermien oder Demodikose. Läsionen im Gesicht können symmetrisch auftreten und an Autoimmunerkrankungen erinnern.
Verwenden Sie die Wood-Lampe und wenn ja, haben Sie Tipps für deren gezielten Einsatz?
Ja – wichtig ist, dass nicht jeder Dermatophyt fluoresziert und dass oft Salbenreste et cetera als falsch positiv interpretiert werden. Die Farbe muss ein Granny-Smith-Apfelgrün sein und der Bereich der Haarwurzel respektive die Stelle, an der das Haar aus der Haut kommt, muss fluoreszieren. Die Wood-Lampe dient vor allem dazu, diejenigen Haare zu identifizieren, die man mikroskopisch begutachten oder einsenden möchte.
Was halten Sie von Nährböden für die Praxis? Ist es besser, eine Probe einzuschicken?
Selbst Nährböden in der Praxis zu verwenden ergibt nur Sinn, wenn man ein System etabliert hat, täglich darauf schaut und dann auch die Makrokonidien mikroskopisch untersucht, um die Spezies des Dermatophyten zu identifizieren. Nur den Farbumschlag zu bewerten – rot oder nicht rot? – macht gar keinen Sinn und ist sogar kontraproduktiv, weil das Nährmedium letztendlich durch Schimmelpilze auch auf Rot umschlägt und man dann ein falsch positives Ergebnis hat. Wenn man das oben erwähnte System nicht befolgt, empfehle ich daher immer, eine Probe einzusenden, und da hat man ja auch die Möglichkeit der PCR. Bei atypischen Verdachtsfällen kann man auch eine Hautbiopsie nehmen – wenn möglich von mehreren betroffenen Stellen. Jedoch kann bei der histopathologischen Untersuchung die Spezies der Dermatophyten nicht verifiziert werden, außer Sie schicken eine Probe ohne Formalin ein, um eine PCR-Untersuchung durchführen zu lassen. Hierfür ist absolut auch ein Büschel an epilierten Haaren ausreichend – aber ganz wichtig: Es muss die Haarwurzel dabei sein.
Da es ja relativ lange dauert, bis das Ergebnis einer mykologischen Untersuchung vorliegt: Welche Therapie empfehlen Sie zur Überbrückung?
Entweder ein Shampoo mit Miconazolnitrat oder ein Breitspektrum-Antimykotikum, es helfen aber auch Salben mit einem Azol-Antimykotikum. Nehmen Sie sich Zeit für die Beratung der Tierbesitzer, denn die Therapie dauert lang, auch die Umgebung muss dekontaminiert werden – umso wichtiger ist es, eine gute Compliance zu erreichen. Oft sind die Besitzer aufgrund der Ansteckungsgefahr sehr besorgt.
Muss eine systemische Therapie sein, auch wenn das Tier keine Symptome zeigt oder solche nicht mehr zeigt? Was halten Sie von Insol?
An der systemischen Therapie der Dermatophytose in Kombination mit der topischen Therapie führt kein Weg vorbei. Auch, wenn es ein asymptomatischer Träger ist, muss therapiert werden – denn bei einer Dermatophytose handelt es sich sowohl um eine Zoonose als auch um eine für andere Tiere ansteckende Erkrankung. Vor allem für immunsupprimierte Menschen, die zum Beispiel gerade eine Chemotherapie bekommen, ist der Kontakt mit einem erkrankten Tier fatal. Es ist grob fahrlässig, so ein Tier unbehandelt zu lassen. Was Insol betrifft, gibt es keine Studie beim Kleintier, die einen positiven Effekt nachweist, nur Hinweise, dass es zusätzlich therapeutisch eingesetzt werden kann.
Weiterführende Literatur:
Moriello KA, Coyner K, Paterson S & Mignon B: Diagnosis and treatment of dermatophytosis in dogs and cats. Vet Dermatol 2017, 28: 266-e68.