Besitzer und häusliches Umfeld

im Arthrose-Management

Dr. Bianca Reicher, CCRP (Certified Canine Rehabilitation Practitioner)
Ambulanz für Physikalische Medizin und Rehabilitation der Veterinärmedizinischen Universität Wien

Arthrose ist eine Erkrankung, die uns im tierärztlichen Alltag bei Kleintieren sehr häufig begegnet, wobei das klinische Bild je nach betroffenem Gelenk und Fortschritt der Erkrankung stark variieren kann: Vom Zufallsbefund beim orthopädisch (noch) unauffälligen Patienten bis zur hochgradigen Lahmheit ist alles möglich.

Bei Hunden sind zwar tendenziell eher große, übergewichtige oder alte Tiere betroffen, aber leider kann es auch genauso Patienten treffen, die so gar nicht in dieses klassische Bild passen. Außerdem bekommen wir dank steigender Bereitschaft der Besitzer auch immer öfter die Gelegenheit, Arthrosen bei Katzen nicht nur zu diagnostizieren, sondern auch fachgerecht zu behandeln.

Für viele Besitzer ist die Diagnose Arthrose, obwohl nicht akut lebensbedrohlich, dennoch eine psychische Belastung – letztlich handelt es sich um eine degenerative Erkrankung, die schlicht nicht ausgeheilt werden kann und sich im Laufe der Zeit immer mehr verschlechtert. An dieser Stelle spielt ein gutes Besitzergespräch eine entscheidende Rolle, denn glücklicherweise stehen uns heutzutage viele Möglichkeiten zur Verfügung, unsere Arthrosepatienten zu unterstützen. Durch individuelle Anpassung der Behandlung kann dabei beispielsweise für den geriatrischen Patienten mit multiplen Arthrosen eine deutliche Verbesserung der Mobilität und damit auch der Lebensqualität erreicht werden, während der junge Patient mit Zufallsbefund durch ein gänzlich anderes Therapieregime über lange Zeit beschwerdefrei bleiben kann.

Im Arthrosemanagement ist eine multimodale Herangehensweise unumgänglich. Glücklicherweise stehen uns seitens der Medikation immer mehr und mehr Optionen zur Verfügung; die alleinige Gabe von Medikamenten stellt jedoch heute keine adäquate Therapie mehr dar. Zur Versorgung unserer Patienten stehen im Rahmen der physikalischen Medizin noch viele weitere Möglichkeiten zur Verfügung. Das Spektrum umfasst dabei unter anderem verschiedene Formen der Elektrotherapie, Lasertherapie, therapeutischen Ultraschall, Stoßwellentherapie, Massagen, Thermotherapie oder auch Diathermie. Zusätzlich können auch Akupunktur oder Neuraltherapie eingesetzt werden. Diese Behandlungen können die Menge der be­nötigten Medikamente teils deutlich senken und darüber hinaus Linderung verschaffen. Außerdem ermöglichen gezielte Bewegungstherapien es dem Patienten, wieder „alltagsfit“ zu werden und auch Übergewicht zu reduzieren.

Doch auch damit sind noch nicht alle Facetten des ­guten Arthrosemanagements abgedeckt, denn der Besitzer und das häusliche Umfeld des Patienten spielen nicht zu unterschätzende Rollen! Auch hier ist eine professionelle Beratung durch den Tierarzt entscheidend, denn konkrete Anweisungen und Vorschläge können daheim viel einfacher umgesetzt werden als vage Ratschläge. Da gerade in der ersten Zeit nach Diagnosestellung oft eine Schonung des Patienten nötig ist, können hier schon die ersten Missverständnisse lauern – so gilt beispielsweise Leinenpflicht nicht nur auswärts, sondern auch im eigenen Garten. Auch die „Dosierung“ der Spaziergänge sollte – ähnlich wie bei Medikamenten – konkret festgelegt werden, z. B. zweimal täglich zehn Minuten, in der Folgewoche jeweils fünf ­Minuten länger etc.

Wie kann der Besitzer seinen Hund trotzdem auslasten?

Das hängt natürlich stark davon ab, wie sehr der Patient geschont werden muss. Oft können schon einfache Futter­suchspiele den Alltag sehr bereichern und wieder eine gemeinsame Aktivität für Hund und Besitzer schaffen. Auch diverse Intelligenzspielzeuge, mit Futter befüllbare Spielzeuge oder Schnüffelteppiche können während starker Schonung eine willkommene Abwechslung bieten. Aber Vorsicht: Da unsere Arthrosepatienten häufig auch Gewichtsprobleme haben, müssen die Hauptmahlzeiten entsprechend gekürzt werden! Falls ohnehin hauptsächlich Trockenfutter gefüttert wird, spricht auch nichts dagegen, den Futternapf ganz einzumotten und die tägliche Fütterung zum gemeinsamen Erlebnis zu machen.

Sollte der gesundheitliche Zustand unseres Patienten mehr Aktivität zulassen, können sogar einige Hundesportarten noch ausgeübt werden. Low-Impact-Sportarten wie beispielsweise Fährtenarbeit oder Mantrailing kommen hier bei entsprechender Rücksichtnahme infrage. Für ehemalige Obedience-Sportler kann bei Anpassung des Schwierigkeitsgrades Rallye-Obedience eine Alternative sein, für ehemalige Agility-Hunde kann ein Umstieg auf Mobility infrage kommen.

Auch im häuslichen Umfeld kann der Besitzer schon durch einfache Mittel seinem Tier (und sich selbst) den Alltag deutlich erleichtern: Rutschige Böden können durch Teppiche oder einfache Gummimatten sicherer gemacht werden, auch das Aufstehen fällt so gleich viel leichter. Falls nötig, können zur Absicherung von Treppen die oft ohnehin vorhandenen ausgedienten Kindertreppengitter hergenommen werden. Für besseren Halt auf glatten Stufen sorgen günstige selbstklebende Treppenteppiche – diese können glücklicherweise später problemlos wieder entfernt werden.
Zur Unterstützung beim Aufstehen oder während des Treppensteigens gibt es spezielle Tragehilfen im Handel, oft reicht aber auch schon ein Handtuch oder Schal unter dem Bauch aus, um kurze Hindernisse zu überwinden. Auf ­Dauer haben sich Brustgeschirre mit breiten, weich gepolsterten Gurten unter Brust und Bauch ebenfalls sehr bewährt. Für kleine Hunde, die weiterhin gelenkschonend Sofa oder Bett erklimmen wollen, gibt es im Handel kleine Beistelltreppen, für größere Hunde reicht oft eine einzelne Zwischenstufe in Form eines kleinen Podests. Einstiegshilfen für das Auto finden sich ebenfalls in verschiedenen Ausführungen. Auch die Anschaffung von Tragetaschen für kleine Hunde oder eventuell sogar Buggys für größere Hunde kann durchaus Sinn machen – so kann der Patient auch bei größeren Spaziergängen noch dabei sein und zwischendurch dort aussteigen, wo es schön ist, statt immer nur dieselbe Runde um den Häuserblock zu sehen.

Auch ein guter Schlafplatz kann viel bewirken: Das Bett sollte zwar weich, aber dennoch fest genug sein, damit der Patient gut aufstehen kann. Außerdem muss im Bereich der Liegestelle Zugluft auf jeden Fall vermieden werden. Manche Tiere bevorzugen leider trotz unserer Bemühungen dennoch stur den harten Fliesenboden oder gar den kalten Terrassenboden – manchmal kann hier schon eine einfache Styroporplatte die Situation deutlich verbessern.Auch arthrosegeplagten Katzen kann schon mit ganz einfachen Mitteln der Alltag versüßt werden: Ein einfach zu erklimmender Kratzbaum mit vielen „Zwischenstufen“ gestattet weiterhin den Aufstieg in die so geliebten luftigen Höhen und ermöglicht auch wieder einen sicheren Abstieg. Ein einfacher Hocker als Aufstiegshilfe kann genügen, um weiterhin den Zugang zum Lieblingsplatz auf dem sonnigen Fensterbrett zu ermöglichen. Auch hier können kleine selbstklebende Teppichelemente zusätzlich für besseren Halt sorgen.

Neben der Betreuung durch den Haustierarzt und Spezialisten der physikalischen Medizin bilden also der Besitzer und das häusliche Umfeld die dritte entscheidende Säule für gutes Arthrosemanagement.


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