Vegetarische Ernährung

für Hunde und Katzen?

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Nachdem sich die menschliche Ernährung stark verändert hat und die Zahl der Vegetarier*innen bzw. Veganer*innen stetig wächst, stellt sich für manche Tierhalter*innen die Frage, ob sie ihre Vier­beiner fleischlos ernähren sollen. Ob dies ausgewogen und artgerecht sein kann, ist Anlass vieler Diskussionen.

Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder vegan – dies hat teils gesundheit­liche, vielfach aber ethische Gründe. Tierschutzüberlegungen sind zentral: Die intensive Nutztierhaltung und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Tiere motivieren viele Verbraucher*innen dazu, nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Haustiere pflanzlich zu ernähren. Doch fügen sie ihren Lieblingen ­damit nicht vielleicht Schaden zu?

Evolutionsgeschichtlich sind Menschen von jeher Omni­voren (lateinisch: Allesfresser), Hunde Carni-Omnivoren (Fleisch- und Allesfresser) und Katzen obligate Carni­voren (strikte Fleischfresser). Doch klar ist: Wer ein Tier in seine Obhut aufnimmt, muss dafür Sorge tragen, dass es seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernährt, gepflegt und artgerecht untergebracht wird. Eine angemessene Ernährung bedeutet für Hunde und Katzen, dass ihnen die lebensnotwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge zugeführt werden müssen.

Wie der Deutsche Tierschutzbund in seinem Positionspapier „Vegetarische Ernährung von Hund und Katze“ schreibt, ist eine bedarfsgerechte Zufuhr von Eiweiß mit guter biologischer Wertigkeit für unsere Haustiere das Um und Auf, denn die Tiere benötigen es für einen gut funktionierenden Stoffwechsel. Tierisches Eiweiß könne von Katzen und auch von Hunden erheblich besser verwertet werden als etwa pflanzliches Getreide­eiweiß. Einige lebensnotwendige Aminosäuren, also Eiweißbausteine, wie etwa das Taurin, kämen natürlich nur in tierischen Geweben vor – Taurin könne von Katzen, im Gegensatz zu Hunden, nicht selbst gebildet werden und muss daher unbedingt über die Nahrung supplementiert werden.

Ein Mangel an Taurin kann bei Katzen unter anderem zu Störungen der Funktion der Augennetzhaut, des Nervensystems oder zu Beeinträchtigungen des Immunsystems, der Fruchtbarkeit und der fetalen (embryonalen) Entwicklung der Jungtiere führen. Auch Herzmuskel­erkrankungen können ernährungsbedingt infolge eines Taurinmangels bei Katzen auftreten. Zudem sei beispielsweise zu beachten, dass Katzen auch Vitamin A direkt über die Nahrung aufnehmen müssen, da sie dieses nicht selbst im Körper aus Beta-Carotin umwandeln können. Vitamin A komme ebenfalls vor allem in tierischem Gewebe vor.

Katzen Nicht vegetarisch ernähren   

Wie das Positionspapier beschreibt, sei eine vegetarische Ernährung der Katze (mit einer lakto-ovo-vegetarischen Diät) zwar grundsätzlich möglich, sie stelle allerdings sehr hohe Anforderungen an die Tierhalter*innen und sollte nur in Absprache mit einem Tierarzt bzw. einer Tierärztin erfolgen. Dabei muss eine exakt auf das Tier abgestimmte Ration berechnet werden, damit eine adäquate Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen gewährleistet werden kann. Wichtig bei der vegetarischen Ernährung der Katze ist, dass ihr alle essenziellen Nahrungsbestandteile, die sie sonst bedarfsdeckend über tierisches Eiweiß zu sich nimmt, in ausreichender Menge und gegebenenfalls zusätzlich zugeführt werden – zum Beispiel synthetisch hergestelltes Taurin. Die Futterration der Katze und der Gesundheitszustand des Tiers sind regelmäßig tierärztlich zu überprüfen.

Da Katzen wie bereits erwähnt streng carnivore Beutetierfresser mit einem extrem an diese Nahrung angepassten Stoffwechsel sind und zudem einen höheren Eiweißbedarf als Hunde haben, ist die vegetarische Ernährung der Katze weit kritischer zu sehen als bei Hunden. Eine rein vegane Ernährung von Katzen ist aus Tierschutzsicht abzulehnen – sie entspricht nicht den ernährungsphysiologischen Grundbedürfnissen einer Katze. In den wenigen klinischen Studien zu diesem Thema wurden bei Katzen, die vegan ernährt wurden, erhebliche Mangelerscheinungen festgestellt.

Und wie sieht es mit vegetarischer Ernährung bei Hunden aus?

Kleintierpraktiker Dr. Volker Moser betont, dass es in der Fachwelt unterschiedliche Betrachtungsweisen gibt: „Manche Wissenschaftler meinen, dass Hunde aufgrund ihrer Evolutionsgeschichte und ihres Verdauungssystems darauf ausgelegt sind, Fleisch zu fressen; andere wiederum sagen, man kann Hunde durchwegs vegetarisch ernähren, solange sie alle notwendigen Nährstoffe erhalten.“

Der Deutsche Tierschutzbund beschreibt, dass in der Regel nichts gegen eine lacto-ovo-vegetarische Ernährung bei gesunden, erwachsenen Hunden spricht. Wichtige Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass eine wissenschaftliche Rationsüberprüfung durch einen auf Ernährung spezialisierten Tierarzt bzw. eine ebensolche Tierärztin gewährleistet ist.

Im Handel erhältliche vegetarische Alleinfuttermittel für Hunde sollten zwar laut futtermittelrechtlicher Deklaration dazu geeignet sein, den Energie- und Nährstoffbedarf der Tiere zu decken. Es wurden jedoch Studien durchgeführt, in denen einige ausgewählte vegetarische Hundefuttermittel (und auch einige Katzenfuttermittel) untersucht wurden, und viele der untersuchten Produkte wiesen keine sehr ausgewogene Zusammensetzung auf. Kritisch zu sehen ist laut Deutschem Tierschutzbund, bei einem erwachsenen Hund auch die Kombination von vegetarischen Ernährungsformen mit Rohkost – unter anderem, weil es kaum zu vermeiden ist, dass dabei große Mengen nicht aufgeschlossener Kohlenhydrate aufgenommen werden, die zu Verdauungsstörungen führen können.

Ändert sich der Energie- und Nährstoffbedarf des Hundes durch Stress, Alter, Krankheit oder erhöhte Aktivität, kann dies durch eine ausgewogene und bilanzierte ovo-lacto-vegetarische Ration zum größten Teil noch ausgeglichen werden. Eine vegane Ernährung von gesunden, ausgewachsenen Hunden ist nach bisherigen Erkenntnissen ebenfalls ohne erkennbare Schäden tolerierbar. Auch hierbei muss ganz besonders auf eine bilanzierte Ernährung mit exakter individueller Rationsberechnung durch einen oder eine auf Tierernährung spezialisierte/n Veterinär/in geachtet werden. Bei vegetarischer Ernährung kommen meist pflanzliche Protein- und Eiweißquellen wie Bohnen, Erbsen und Hülsenfrüchte, Soja und Tofu zum Einsatz; die Kohlenhydrate stammen zumeist aus Mais, Reis und Kartoffeln.

Dennoch rät Dr. Moser: „Es ist wichtig, darauf zu achten, dass Hunde trotzdem auch Fleisch als wichtige Protein- und Eisenquelle bekommen. Das kann möglicherweise bei vegetarischer Ernährung nicht ausreichend und somit schwierig sein. Auch wenn die vegetarische Ernährung für einen erwachsenen Hund möglich ist, ist von einer rein pflanzlichen Ernährung im Welpenalter jedenfalls abzuraten – junge Hunde brauchen in ihrer Wachstums- und Entwicklungsphase eine möglichst artgerechte Fütterung. Dies gilt auch für tragende und laktierende Hündinnen; hier ist eine vegane Fütterung strikt abzulehnen.“

Fazit

Wie so oft gibt es diverse Pros und Kontras. Das Thema ist emotional aufgeladen und für manche ein ethisches Dilemma. Tierhalter*innen müssen schließlich für sich und ihr Tier die richtige Entscheidung treffen, ohne ihrem Liebling zu schaden. Tierärzt*innen haben dabei die verantwortungsvolle Rolle, über die gesundheitlichen Folgen bzw. über die negativen Konsequenzen einer mangel­haften Ernährung aufzuklären und die Tierhalter*innen richtig zu beraten.

Quellen: www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/
Hintergrundinformationen/Heimtiere/
Vegetarische_und_vegane_Ernaehrung_von_Hund_und_Katze.pdf

Are vegan or vegetarian diets good for pets? Veterinary Practice News, 2019 Jun 24 (accessed 2021 Sep 22).
www.veterinarypracticenews.com/are-vegan-or-vegetarian-diets-good-for-pets/


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