Bettina Kristof
Ausgabe 10/2022
In der aktuell durchgeführten Studie zu Pseudomonas aeruginosa beim Hund werden drei Methoden zur Feststellung verglichen: die zytologische Untersuchung, jene der bakteriologischen Kultur und ein neues Detektionssystem, das für einen schnellen und spezifischen Nachweis von Pseudomonas aeruginosa sorgen soll.
Erkrankungen des äußeren Gehörgangs kommen bei Hunden häufig vor. Eine besonders schmerzhafte und für den Hund unangenehme Form der Ohrenentzündung wird durch das Bakterium Pseudomonas aeruginosa hervorgerufen und verursacht bei den betroffenen Tieren einen großen Leidensdruck.
Um den Nachweis von Pseudomonas aeruginosa als Verursacher einer Otitis zu beschleunigen und damit mögliches Tierleid zu lindern, führt das Dermatologieteam an der Vetmeduni Vienna derzeit eine Studie durch. Wir sprachen darüber mit Mag. med. vet. Nina Polakova, die maßgeblich an der Durchführung der Studie beteiligt ist.
Frau Magistra Polakova, was ist das Ziel der Studie zur Pseudomonas-Otitis beim Hund, die Sie aktuell durchführen?
In der Studie, die wir aktuell durchführen, geht es um den Vergleich von drei Methoden, die zum Ziel haben, Pseudomonas aeruginosa beim Hund festzustellen. Die Methoden sind Zytologie, bakteriologische Kultur und ein neues Detektionssystem, das für einen schnellen und spezifischen Nachweis von Pseudomonas aeruginosa sorgen soll. Wir testen dabei zwei Möglichkeiten: Einerseits wollen wir in Zukunft die Erstdiagnostik im äußeren Ohr des Hundes verbessern und zweitens schauen wir, ob es ein gutes Tool für ein Monitoring des Therapieerfolgs wäre.
Lassen Sie mich kurz erklären, warum das so wichtig ist: Eine Entzündung im äußeren Ohr ist nicht lebensbedrohend, aber sehr unangenehm und schmerzhaft und verringert die Lebensqualität des Hundes und des Tierhalters. Dazu kommt, dass die Behandlung einer solchen Form von Otits, je nach Ausmaß des Problems, oft komplizierter und zeitaufwendiger ist, was sich in den Kosten widerspiegelt. Eine Otitis beim Hund ist ein komplexes Thema und man muss für eine erfolgreiche Behandlung primäre, sekundäre und prädisponierende Faktoren sowie Ursachen für Rezidive beachten.
Was sind die primären und sekundären auslösenden Faktoren einer Otitis?
Dazu gehören Allergien, parasitäre Erkrankungen, Fremdkörper im Ohr, Keratinisierungsstörungen und Endokrinopathien. Sekundäre Faktoren sind Infektionen mit Bakterien und Hefepilzen sowie Medikamentenreaktionen. Man muss alle Faktoren im Auge haben, auch prädisponierende wie Abweichungen in der Anatomie und Physiologie des Ohres, wie es beispielsweise bei der Französischen Bulldogge oder beim Cockerspaniel der Fall sein kann. Bei Hunden, die viel schwimmen, kann ein feuchtes Milieu im Gehörgang das Entstehen einer Otitis begünstigen. Dazu kommt noch, dass bestimmte Faktoren das Auftreten von Rezidiven fördern. Dazu gehören Mittelohrentzündungen, chronische Veränderungen des Gehörgangs oder Verdickungen im Gehörgang sowie auch Tumore im Ohr. Die Ursache einer Ohrenentzündung muss schnell erkannt werden; danach erfolgt die Beratung des Tierhalters sowie die Behandlung des Hundes.
Da spielen ja sehr viele Faktoren mit. Wie läuft die Abklärung einer Otitis ab?
Oft sieht man bei der Erstuntersuchung nicht viel, weil viel Ausfluss aus dem Ohr kommt. Dann muss man eine zytologische Untersuchung machen. Im Mikroskop kann man dann erkennen, ob es sich um runde oder um stäbchenförmige Bakterien, um Hefepilze oder um Entzündungszellen handelt. Wenn man das geklärt hat, dann kann man weitere Entscheidungen treffen. Es hängt davon ab, ob die Ohrenentzündung erstmalig aufgetreten ist oder ob die Otitis bereits chronisch ist. Wenn die Otitis mit kokkoiden Bakterien erstmalig ist, kann man mit einer empirischen lokalen Antibiotikatherapie gegen Staphylococcus intermedius – da dieses Bakterium am öftesten isoliert wird – in Form von Ohrentropfen anfangen. Man muss den Behandlungserfolg weiterhin mit Otoskopie und Zytologie überwachen und im Fall einer ausbleibenden Besserung weitere Untersuchungs- und Therapieschritte unternehmen. Wenn man allerdings stäbchenförmige Bakterien vorfindet, ist das eine klare Indikation für die bakteriologische Untersuchung und ein Antibiogramm, da man keine Rückschlüsse auf Empfindlichkeitsmuster von stäbchenförmigen Bakterien machen kann. Grundsätzlich wäre es immer von Vorteil, beim Vorhandensein von Bakterien ein Antibiogramm zu machen, damit man auf der sicheren Seite ist. Aus Kostengründen passiert das aber oft nicht.
Kann Ihre Studie da bei der Erstdiagnostik unterstützen?
Ja, genau. Bei meiner Studie geht es auch um die Früherkennung von Pseudomonas aeruginosa. Dieses Bakterium verursacht eine besonders schmerzhafte, eitrige, ulcerative Otitis. Diese ulcerativen Veränderungen kommen einerseits aufgrund von Proteasenproduktion durch dieses Bakterium zustande, andererseits durch neutrophile Granulozyten, welche im Zuge der Immunreaktion in den Gehörgang wandern. Das ist auch der Grund, warum die Infektion mit Pseudomonas aeruginosa öfter ins Mittelohr durchbricht, als es mit anderen Bakterien der Fall ist. Die Folge davon können neurologische Symptome und in manchen Fällen auch lytische Knochenveränderungen sein. Die Biofilmproduktion durch Pseudomonas aeruginosa erschwert weiters die Behandlung, da dieser als Diffusionsbarriere für Antibiotika dient. Abgesehen davon ist Pseudomonas aeruginosa gegen viele Antibiotika intrinsisch resistent und kann schnell weitere Resistenzen, auch im Laufe der Behandlung, entwickeln.
Ist die Diagnose von Pseudomonas aeruginosa schwierig?
Bei der typischen klinischen Präsentation – dunkelgrüner bis schwarzer Ausfluss, ulcerative Veränderungen der Gehörgangswand – und Durchführung der Zytologie – stäbchenförmige Bakterien mit variablen Mengen von neutrophilen Granulozyten – ist die Verdachtsdiagnose leicht zu erheben. Diese wird durch eine bakteriologische Untersuchung bestätigt. Allerdings kann die Behandlung eine Herausforderung sein: Oftmals ist eine Videootoskopie mit Ausspülen des Ohrs notwendig, dafür ist aufgrund der großen Schmerzhaftigkeit eine Narkose erforderlich. Dabei ist es von Vorteil, davor eine CT-Untersuchung durchzuführen, um das Ausmaß der Otitis – Otitis externa versus Otitis media – zu erkennen und lytische Knochenveränderungen auszuschließen. Es ist auch so, dass es nicht für alle praktischen Tierärzte möglich ist, bei jeder Ohrenuntersuchung eine Zytologie durchzuführen. Der Grund dafür ist meistens fehlende Zeit oder Ausstattung, oder eine Kombination davon. Deshalb wird eine Otitis mit Pseudomonas aeruginosa immer wieder spät erkannt, wenn der Hund bereits fortgeschrittene Veränderungen haben kann, welche deutliche Schmerzen verursachen. Deshalb ist meine Studie so wichtig, denn mit dem Screening-Tool kann man den Erreger leichter und früher erkennen.
Wie genau funktioniert die neue Methode zur Früherkennung von Pseudomonas aeruginosa?
Die Methode basiert auf der elektrochemischen Messung des Pseudomonas aeruginosa-Metaboliten Pyocyanin, der ausschließlich von diesem Bakterium produziert wird. Man kann mit diesem Tool das Vorhandensein und auch die Menge von Pseudomonas aeruginosa feststellen.
Welche Hunde sind besonders von dieser Ohrenerkrankung betroffen?
Pseudomonas aeruginosa kommt oft bei Hunden vor, die schon mehrere Ohrenerkrankungen hatten. Daher sind häufig auch Hunde mit atopischer Dermatitis gefährdet, da diese Erkrankung oft zu rezidivierenden Otitiden führt.
Was bedeutet das Ergebnis der Studie für die Tierärzte in der Praxis?
Das Ergebnis wird zeigen, ob diese neue Methode in der Praxis ein geeigneter Screeningtest als Teil von Routineuntersuchungen bei Otitispatienten sein könnte. Eine frühere Diagnose könnte somit Behandlungsdauer, Leiden des Patienten als auch finanziellen Aufwand seitens des Tierhalters reduzieren.
Wird es aufgrund des neuen Tools einen Schnelltest für die Tierärzte in der Praxis geben?
Ja, die Firma QSM Diagnostics hat diese Nachweismethode mit genau der Idee entwickelt, und diese Studie soll die ersten Daten aus der Praxis sammeln.
Wird sich das Ergebnis der Studie auf die Gabe von Antibiotika bei Ohrenentzündungen auswirken?
Dadurch, dass diese Methode einen Nachweis der Bakterienspezies, nicht aber einen Resistenztest liefert, ist dieser Effekt nicht direkt. Allerdings ist die Information über das Vorhandensein von Pseudomonas aeruginosa auch alleine sehr wichtig, da diese gleich die empirische Anwendung von mehreren Antibiotikaklassen, wie oben erklärt, ausschließt. Dieses Wissen könnte zur früheren Erkennung der Infektion führen und somit die verlängerte Anwendung von nicht zielgerichteten Antibiotika reduzieren.
Wie viele Hunde nehmen an der Studie teil?
Geplant ist, dass wir 20 Hunde mit Pseudomonas aeruginosa in die Studie einschließen, und als Kontrollgruppe 20 Hunde, die Otitis mit anderen Sekundärinfektionen haben. Die Studie läuft seit April 2022. Derzeit nehmen acht Hunde mit Pseudomonas aeruginosa teil.
Wie laufen die Untersuchungen im Rahmen der Studie ab?
Nach der Erstuntersuchung, bei der ein Behandlungsplan ausgearbeitet wird, kommen die Patienten in Abständen von zwei bis vier Wochen zu Nachuntersuchungen, bis die Infektion abgeheilt ist. Bei jedem Besuch führen wir eine otoskopische und eine zytologische Untersuchung durch, um den Erfolg der Behandlung zu überwachen. Bei jeder Vorstellung nehmen wir auch eine Probe für alle drei Methoden, die im Rahmen der Studie verglichen werden sollen.
Wie sehen die Ergebnisse in der Zwischenzeit aus?
Wir sind ganz zufrieden, aber die Studie ist ja noch im Laufen.
Welche Vorteile haben Hunde, die an der Studie teilnehmen?
Die Hunde werden intensiv betreut. Hauptsächlich gibt es aber Vorteile für die Tierhalter, weil die Hälfte der Behandlungskosten sowie die Kosten für Zytologie und Bakteriologie von der Universität übernommen werden.
Wo fangen sich die Hunde dieses Bakterium eigentlich ein?
Pseudomonas aeruginosa ist ein ubiquitäres Bakterium, das nicht zur normalen Flora des Hundeohrs gehört. Der genaue Weg der Kolonisierung ist derzeit nicht bekannt, aber es scheint, dass die häufige Verwendung von Antibiotika sowie einige andere prädisponierende Faktoren das Auftreten der Infektion begünstigen.