Neuronale Prozesse:

Wie tickt das Bienengehirn?

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Einem internationalen Team von Bienenforschenden ist es gelungen, einen Calcium-Sensor in Honigbienen zu integrieren. Mit seiner Hilfe kann die neuronale Informationsverarbeitung bei der Honigbiene, unter anderem die Reaktion auf Gerüche, untersucht werden. Dies gibt auch interessante Aufschlüsse darüber, wie soziales Verhalten im Gehirn verortet ist, wie die Forschenden in der Fachzeitschrift „PLoS Biology“ erläutern.

Während seit über einem Jahrhundert vor allem die Taufliege Drosophila melanogaster der Forschung dient, wird inzwischen immer mehr die Honigbiene (Apis mellifera) eingesetzt. Denn Bienen weisen ein komplexes Sozialverhalten auf – sie müssen Leistungen in den Bereichen Orientierung, Kommunikation, Lernen und Gedächtnis erbringen –, welches diese Insekten insbesondere auch für die Untersuchung der Gehirn-entwicklung und neuronaler Prozesse interessant macht.

Ein Team von Forschenden der Universitäten in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Paris-Saclay und Trient hat nun eine Methode entwickelt, um dem Bienengehirn direkt bei der Arbeit zusehen zu können. Dazu wurde ein Calcium-Sensor ins Nervengewebe – die Neuronen – eingebaut. Calcium spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivität von Nervenzellen.

„Wir haben den genetischen Code von Honigbienen so verändert, dass ihre Gehirnzellen ein fluoreszierendes Protein produzieren. Dieses dient als Sensor, mit dem wir die Bereiche überwachen können, die als Reaktion auf Umweltreize aktiviert werden. Die Intensität des ausgestrahlten Lichts variiert je nach neuronaler Aktivität“, erklärt Dr. Albrecht Haase, Professor für Neurophysik an der Universität Trient.

Bienenkönigin-DNA im Fokus

Prof. Martin Beye von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) weist darauf hin, dass „es eine besondere Herausforderung war, diese ‚Sensor-Biene‘ zu realisieren, denn wir mussten mit der DNA der Bienenkönigin arbeiten. Im Gegensatz zu Fruchtfliegen können Bienenköniginnen aber nicht einfach im Labor gezüchtet werden, da jede von ihnen zum Überleben eine eigene Kolonie benötigt.“
Die Arbeit begann damit, in über 4000 Bieneneier eine spezifische genetische Sequenz einzuimpfen. Am Ende eines langwierigen Zucht-, Test- und Auswahlprozesses standen schließlich sieben Königinnen, die den genetisch codierten Sensor in sich trugen. Wenn sie sich in ihrem eigenen Staat fortpflanzten, gaben sie das Gen an einige ihrer Nach-kommen weiter.

Der von dem Forschungsteam ent-wickelte Sensor diente dann zur Untersuchung des Geruchssinns der Bienen und zum Erkenntnisgewinn rund um die Frage, wie die Wahrnehmung von Geruch in den Neuronen genetisch codiert ist. Die Insekten wurden mit verschiedenen Gerüchen stimuliert und mit einem hochauflösenden Mikroskop beobachtet.

„Auf diese Weise konnten wir feststellen, welche Gehirnzellen durch diese Gerüche aktiviert werden und wie diese Informationen im Gehirn verteilt werden,“ verlautete das Forschungsteam.

Quelle: Carcaud J, Otte M, Grünewald B, Haase A, Sandoz J-C, Beye M (2023): Multisite imaging of neural activity using a genetically encoded calcium sensor in the honey bee. PLoS Biol 21(1): e3001984.

 


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