ESCCAP-Expertenrat:

Jagdhunde und ihr spezielles Parasitenrisiko

ESCCAP-Expertenrat von Univ.-Prof. Dr. med.vet. Dr. Dipl.EVPC Anja Joachim

Die Art der Haltung und Fütterung von Jagdhunden kann deren Risiko, an einer Parasiteninfektion zu erkranken, erhöhen. Infizierte Hunde scheiden die Wurmeier mit dem Kot aus – diese können im Anschluss versehentlich durch Menschen aufgenommen werden und zu ernsthaften gesundheitlichen Folgen führen. Welches Parasitenrisiko speziell für Jagdhunde besteht und wie sich ein Befall vermeiden lässt, lesen Sie hier:

Seit jeher werden Hunde als Jagdhelfer eingesetzt und für ihre Arbeit beim Aufspüren und Erlegen der Beute mit einem Anteil daran belohnt. Die Praxis, beim Aufbrechen oder Zerwirken erlegten Wildes weniger wertvolle Teile wie Drossel, Zwerchfell, Pansen, Niere oder Milz zu verfüttern – sprich, den Hund „genossen“ zu machen –, ist unter JägerInnen verbreitet. Doch durch das Ver­füttern von Wildbret können Parasiten wie Bandwürmer auf Hunde übertragen werden.

Ansteckung über den Räuber-Beute-Zyklus

Von den über 150 Parasiten, die Hunde befallen können, entwickeln sich etliche über den Räuber-Beute-Zyklus, bei dem sich Hunde durch den Verzehr von Beutetieren anstecken. Die so infizierten ­Hunde scheiden dann die Parasiten mit dem Kot aus, sodass ­diese wieder in die Umgebung gelangen, wo sie mit Futter oder Wasser von Haarwild (z. B. Rot- und Schwarzwild, Wildkaninchen) oder Nagern (z. B. Mäuse) aufgenommen ­werden.

Der Räuber-Beute-Zyklus am Beispiel des Bandwurms erklärt

Das bekannteste Beispiel für den Räuber-Beute-Zyklus sind Bandwürmer (Taenien). Diese befallen je nach Art ­Hasen, Kaninchen, Reh- oder Rotwild, seltener Schwarzwild, und bilden in den Körperhöhlen und ­inneren ­Organen wie Lunge, Leber und Niere Larvenstadien (sogenannte Finnen).

Frisst ein Hund diese Finnen, entwickeln sich in seinem Darm daraus erwachsene Bandwürmer, die von ­wenigen Millimetern bis zu zweieinhalb Meter lang werden ­können. Für die Gesundheit des Hundes sind selbst ­große ­Exemplare dieser Würmer meist jedoch unbedeutend.

Im Körper der Beutetiere dagegen können die Finnen, die sich nach dem Verschlucken von Wurmeiern aus dem Kot infizierter Hunde entwickeln, deren Organe erheblich schädigen. Befallene Tiere können dadurch an Gewicht verlieren, was dazu führt, dass das Wildbret oder Teile davon verworfen werden müssen.

Gesundheitsrisiken für den Menschen

Neben dem Verfüttern von Wildbret führt auch der Verzehr von Mäusen zur Übertragung von Bandwürmern auf den Hund. Hier ist vor allem der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) zu nennen. Infizierte Hunde scheiden die Wurmeier mit dem Kot aus; nehmen Menschen diese versehentlich auf, kann dies zu Infektionen der inneren Organe, insbesondere der Leber, mit ernsthaften gesundheitlichen Folgen führen.

Auch andere Bandwürmer, die über Wildtiere ­übertragen werden, können bei versehentlicher Aufnahme von ­Eiern die inneren Organe von Menschen oder ­Haustieren schwer schädigen und sogar zum Tod durch Organ­versagen führen. Meist bleibt eine solche Infektion in der Anfangsphase unbemerkt, bis nicht mehr rückgängig zu machende Schäden auftreten.

Das Infektionsrisiko senken

Bei jagdlich geführten Hunden sind solche Infektionen kaum zu vermeiden, daher sollten sie regelmäßig entwurmt werden, möglichst alle vier Wochen. Durch die regelmäßige Entwurmung soll verhindert werden, dass sich Bandwürmer im Darm der Hunde ansiedeln und mit der Eiablage beginnen. Damit wird das Risiko, dass die Hunde Wurmeier ausscheiden, die dem Menschen oder anderen Haustieren gefährlich werden können, ent­scheidend ­reduziert.

Infektionen mit Einzellern (Protozoen)

Neben Bandwürmern können auch bestimmte Einzeller in einem Räuber-Beute-Zyklus übertragen werden, wie z. B. die Sarkosporidien. Sie bilden im Wildfleisch mit freiem Auge sichtbare Zysten, die das Wildbret untauglich machen. Der Einzeller Neospora caninum wiederum kann bei Hauswiederkäuern (z. B. Kühen) und Wildwieder­käuern (z. B. Rehen) zu Fehlgeburten (Aborten) führen, wenn weibliche Tiere mit dem Parasiten infiziert werden.

Hunde können den Erreger über den Verzehr von Abortmaterial, aber auch das Verfüttern von Muskelfleisch oder Innereien infizierter Tiere aufnehmen. Sie scheiden dann wiederum die Parasiten mit dem Kot aus und infizieren dadurch Wild- und Hauswiederkäuer. Aufgrund der geringen Größe der Stadien im Gewebe ist im Gegensatz zu den sichtbaren Bandwurmfinnen eine Infektion bei ­erlegtem Wild vor Ort nicht feststellbar. Gegen diese Einzeller hilft die Entwurmung nicht; nur das Entsorgen des Hundekots kann eine Übertragung eindämmen.

Fazit

Die Art der Haltung und Fütterung jagdlich geführter Hunde kann deren Risiko für Parasiteninfektionen also erheblich erhöhen. Dies gilt sowohl für das Genossenmachen (den Hunden einen Anteil des erlegten Wildes zu füttern) wie auch für Anschneider (Hunde, die ein erlegtes Wildtier anfressen) und Hunde, die unbeaufsichtigt Aas oder Nagetiere verzehren. Daher ist es ratsam, bei diesen Hunden in regel­mäßigen Abständen eine Kotuntersuchung oder eine ­Entwurmung vorzunehmen.

Univ.-Prof. Dr. med.vet. Dr. Dipl.EVPC Anja Joachim ist Leiterin des Instituts für Parasitologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna). Zudem ist sie Mitglied der unabhängigen Expertenorganisation ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) und nationale Vertreterin von ESCCAP Österreich.


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