Was krabbelt im Fell von Hund und Katz – oder:

Welche Bedeutung hat die Diagnostik von Ektoparasiten im Zeitalter der Isoxazoline?

Dr. Med. Vet. Elisabeth Reinbacher

Demodex, Sarcoptes, Cheyletiella und Co sind Ektoparasiten, die dermatologische Symptome bei Kleintieren hervorrufen können. Mit welchen Methoden können welche Hautparasiten diagnostiziert werden und welche Bedeutung hat die genaue Diagnose heutzutage, wo Antiparasitika der Wirkstoffgruppe Isoxazoline ohnehin gegen (fast) alle Ektoparasiten wirken?

Hunde und Katzen mit Juckreiz, Haarausfall, ­Schuppen und weiteren dermatologischen Problemen werden ­täglich in der Kleintierpraxis vorgestellt. Hugo ­Schindelka ver­öffentlichte 1903 als Professor an der Tierärztlichen Hochschule in Wien das erste Buch über die Haut­erkrankungen von Haustieren weltweit. Vor 120 Jahren beschrieb er ­bereits diverse Ektoparasiten und wird als der „Vater der veterinärmedizinischen Dermatologie“ bezeichnet. Dieses Jubiläum ist ein guter Zeitpunkt, um über den heutigen Stand der Dinge in der Ektoparasiten­diagnostik zu schreiben. Parasiten sind häufig die Verursacher von Haut­erkrankungen und sollten bei vielen dermatologischen Fällen im Vorfeld weiterer Abklärung ausgeschlossen werden.

Der Vorteil dermatologischer Erkrankungen: Das gesamte betroffene Organ ist direkt und ohne invasive Methoden zugänglich, Proben können sehr einfach entnommen und Diagnosen oft unmittelbar gestellt werden. An erster Stelle stehen hier wie gewohnt die genaue Anam­nese und die klinisch-dermatologische Untersuchung. Sind Kontakttiere oder -menschen betroffen, kann das ein Hinweis auf Ektoparasiten sein. Sarcoptes-, Cheyletiella- und Ohr­milben sowie auch Flöhe oder Läuse sind hochkontagiös. Die wenigsten Parasiten kann man jedoch mit bloßem Auge sehen.

Je nach klinischer Symptomatik rücken unterschiedliche Parasiten auf die oberen Plätze der Verdachtsdiagnosen. Sarcoptes scabiei, der Erreger der Räude beim Hund, verursacht primären, hochgradigen Juckreiz, Papeln, Krusten und Alopezie, vor allem an den Ohr­rändern, im ­Gesicht und an den Gelenksvorsprüngen der Extremi­täten; bei fortgeschrittenen Fällen kann aber auch der gesamte Körper betroffen sein. Demodex canis und cati (Haarbalgmilben) erzeugen primär nicht juckende ­Alopezien, ­können aber aufgrund von Sekundär­infektionen auch zu Juckreiz, Papeln und Krusten führen. Cheyletiellen ­wiederum sind mit Schuppen und variierendem Juckreiz im Rücken­bereich assoziiert; an Otodectes sollte man (bei Hund und Katze) denken, wenn eine Otitis externa vorliegt. Und los geht’s mit der Diagnostik.

Nachweis von Flohkot

Sind Flöhe (Ctenocephalides felis und canis) in Verdacht, konnten aber nicht direkt gesehen werden, gibt es einen sehr einfachen und kostengünstigen Test („Wet Paper Test“) zum Nachweis von Flohkot: Schwarze Krümel im Fell, die verdächtig nach Flohkot aussehen, werden mittels Flohkamm gesammelt und auf ein nasses weißes Papiertuch gegeben. Verfärbt sich das Tuch rot, ist es kein Schmutz, sondern verdautes Blut aus dem Flohkot.

Einen weiteren Hinweis kann der sogenannte pedale ­Reflex beim Hund liefern: Bei flohassoziierten Derma­tosen (also bei Flohbefall oder Flohspeichelallergie-Dermatitis, FAD) führt das Kratzen in der umbilikalen und dorsolumbalen Region bei einem Großteil der ­betroffenen Hunde zum Mitkratzen mit einem Hinterbein oder auch zu Kau­bewegungen. Ist der Test positiv, ist eine floh­assoziierte Dermatose sehr wahrscheinlich.

Die FAD ist eine Hypersensitivitätsreaktion auf Flohspeichel. Es muss sich nicht um Flohbefall handeln, ein einziger Stich eines auf der Hundewiese vorbeihüpfenden Flohs genügt, um starken Juckreiz, Selbsttraumatisierung und sekundäre Pyodermie („Hot Spot“), meist im kaudalen Rückenbereich oder am Schwanzansatz, auszulösen. Diese klinische Symptomatik bezieht sich auf den Hund; ­Katzen verhalten sich (wie so häufig) ganz anders: Katzen mit FAD können ein Symptom oder mehrere der kutanen, mit Allergie assoziierten Symptomkomplexe (miliare Dermatitis, eosinophiles Granulom/eosinophile Plaque, indolentes Ulcus, selbstinduzierte Alopezie) zeigen. Die Diagnose einer FAD kann auch mit serologischen und intrakutanen Allergietests unterstützt werden – negative Tests schließen eine FAD allerdings nicht aus, genauso wenig wie positive Tests beweisend sind. Die endgültige Diagnose kann nur in Kombination mit Klinik, Allergietests und Ansprechen auf prophylaktische antiparasitäre Therapie gestellt werden.

Otodectes cynotis, die Ohrmilbe von Hund und Katze, kann im Normalfall recht einfach nachgewiesen werden. Es handelt sich um weiß-bräunliche, etwa 0,5 mm große, sehr bewegliche Milben im Ohr. Manchmal können sie bereits bei der Otoskopie direkt sichtbar sein. Weiters können die Milben in Tupferproben (Ohrabstrich) aus dem Gehörgang – auf einem Objektträger ungefärbt und mit etwas Mineralöl mikroskopisch beurteilt – diagnostiziert werden.

Der Nachweis von Cheyletiellen kann schwierig sein, denn diese Milben sind sehr beweglich und können dem­entsprechend „fliehen“, sobald sie Gefahr riechen; nicht umsonst wird diese Milbe im Englischen Walking ­Dandruff („gehende Schuppe“) genannt. Beschriebene Methoden sind das (großflächige) oberflächliche Hautgeschabsel (siehe weiter unten) oder die Klebestreifen­methode. Für die Durchführung Letzterer wird mit einem etwa 4 cm langen Streifen handelsüblichen transparenten Klebebands möglichst viel oberflächliches Hautmaterial gesammelt, indem man die klebende Seite mehrmals auf die Haut drückt. Anschließend wird das Klebeband mit Mineralöl auf einen Objektträger gelegt und mikroskopiert. Die Klebestreifen­methode kann auch bei allen anderen oberflächlich lebenden Parasiten (Läusen, Demodex gatoi, Notoedres) empfohlen werden.

Diagnostisch als sehr aussagekräftig beschrieben sind außerdem die mikroskopische Beurteilung ­ausgezupfter Haare (Trichoskopie, hier werden meist die Eier der Cheyletiellen gefunden) und der Flotationstest: Mit einem Flohkamm werden Schuppen gesammelt und in einen Behälter mit Flotationslösung gegeben. Der Behälter wird mit einem Deckgläschen bedeckt, nach zehn Minuten hebt man dieses ab, gibt es auf einen Objekt­träger und mikroskopiert. Oft müssen mehrere Methoden kombiniert werden, um die Milben zu finden.

Nun zu den Hautgeschabseln, die als der Goldstandard zur ­Dia­gnose von Demodex-, Cheyletiella- und Räude­milben gelten. Hier wird zwischen oberflächlichem und tiefem Hautgeschabsel unterschieden; je nachdem, welchen Parasiten man sucht, ist Ersteres oder Zweiteres empfehlenswert. Die Proben werden jeweils an den Rändern der ­Läsionen genommen – je mehr Hautgeschabsel man nimmt, desto höher ist die Chance, Milben aufzuspüren.

Ist man auf der Suche nach oberflächlich lebenden Para­siten wie Sarcoptes scabiei, Notoedres cati (dem heute selten gewordenen Erreger der Kopfräude bei der ­Katze) oder auch Cheyletiella, ist das oberflächliche Haut­geschabsel das Mittel der Wahl. Mineralöl sollte auf die Läsionen aufgetragen und dann großflächig mit einer Skalpellklinge wieder abgeschabt werden. Das Öl bindet das ­gesammelte Material einerseits, andererseits ­immobilisiert es die ­Milben auch. Oberflächlich heißt, dass im Prinzip nur das Öl wieder entfernt, also nicht tiefer geschabt werden soll. Das gesammelte Material wird auf einen Objektträger gegeben, mit einem Deckglas bedeckt und anschließend unter dem Mikroskop durchsucht.

Die Schwierigkeit bei Sarcoptes ist, dass Hautgeschabsel in bis zu 80 % der Räudefälle negativ sein können – also wenn man Milben, Milbenkot oder Eier findet: Hurra!

Was tun, wenn die Hautgeschabsel negativ sind und der Verdacht dennoch besteht?

Weitere Hinweise auf einen Befall mit der Räude-milbe kann der sogenannte „Pinna-Pedal-Reflex“ bringen: Die Ohrenspitze wird mit den Innenseiten der Pinna aneinandergerieben. Je nach Studie kratzen bis zu 95 % der an Räude erkrankten Hunde mit der Hinterextremität der gleichen Seite mit. Ist dieser Reflex positiv, ist die Erkrankung sehr wahrscheinlich.

Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, IgG-Antikörper gegen Sarcoptes-Milben im Blut nachzuweisen. Hier muss man aber auch aufpassen: Falsch negative Ergebnisse können vorkommen, wenn die Serokonversion noch nicht stattgefunden hat (es dauert bis zu drei Wochen nach Beginn der klinischen Symptome, bis die Antikörper detektierbar sind). Auch falsch positive Ergebnisse sind möglich: Die Immunglobuline brauchen Monate, bis sie abfallen. Der Hund könnte in Kontakt mit Sarcoptes gewesen sein, ohne klinische Symptome entwickelt zu haben, und aktuell an einer anderen juckenden Erkrankung leiden. Ob die Sarcoptes-Serologie auch aufgrund von Kreuzreaktivitäten mit Antikörpern gegen Hausstaub- und Vorratsmilben falsch positiv sein kann, konnte bisher noch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen oder bestätigt werden. Des Weiteren steht auch eine PCR-Untersuchung auf Sarcoptes-Milben von einem Hautgeschabsel zur Verfügung.

Demodex canis und Demodex cati, die tief in den Haarfollikeln leben, werden in den meisten Fällen mittels eines tiefen Hautgeschabsels detektiert. Die Haut im Bereich der Läsionen wird gequetscht (damit die Milben aus den Haarfollikeln herausgedrückt werden), mit Mineralöl bedeckt und dann wird mit einer Skalpellklinge oder einem scharfen Löffel so lange geschabt, bis eine kapilläre Blutung auftritt. Das Material, das auf dem Objektträger gesammelt wird, muss rot-bräunlich sein; dann war die Tiefe des Geschabsels ausreichend. Werden damit an mehreren alopezischen Stellen keine Demodex-Milben gefunden, kann die Erkrankung fast ausgeschlossen werden.

An für die Skalpellklinge schwer zugänglichen Stellen wie der periokulären Region, den Lippen oder Interdigitalräumen kann auch der Nachweis mittels Trichoskopie versucht werden: So viele Haare wie möglich (optimaler-weise 50–100 pro Läsion) werden ausgezupft und auf einen mit Mineralöl versehenen Objektträger gelegt. Diese Methode ist zwar einfacher als das tiefe Hautgeschabsel, aber nicht so sensitiv, das heißt, ein negatives Ergebnis schließt Demodex-Milben nicht aus. In einer Studie konnten Demodex-Milben auch mit der Klebestreifenmethode nachgewiesen werden, wenn die Haut davor gedrückt wurde. Grundsätzlich empfiehlt es sich in Verdachtsfällen immer, verschiedene Methoden zu kombinieren. Im Zweifelsfall (und vor allem bei Shar-Peis, die eine besonders dicke Haut und tiefe Haarfollikel haben) sollte zum sicheren Ausschluss eine Biopsie gemacht werden.

Demodex-Milben sind bei Hund und Katze (so wie auch beim Menschen) in geringer Anzahl Teil der physiologischen Hautflora. Ein Cut-off-Wert, ab welcher Anzahl die Milben als pathologisch gelten, ist nicht bekannt, weswegen sich bei einzelnen detektierten Milben immer die Frage stellt, ob es sich tatsächlich um eine Demodikose handelt. Jedenfalls sollten immer mehrere Stellen beprobt werden.

Anders verhält es sich bei Demodex gatoi, einer Spezies, die bei der Katze vorkommt, oberflächlich in der Haut lebt, primären Juckreiz auslöst und auch kontagiös ist: Hier sollte ein oberflächliches Hautgeschabsel oder die Klebestreifentechnik angewendet werden. Vor allem bei Katzen, die sich bei Juckreiz häufig lecken und vorhandene Parasiten abschlucken, kann auch eine Kotuntersuchung zur Diagnose führen. Es gibt Berichte über die Detektion von Demodex gatoi, Cheyletiella, Notoedres und Otodectes im Kot. Aber: Dies ist eine zusätzlich mögliche Untersuchung, wenn andere diagnostische Tests negativ waren.

Seit wenigen Jahren stehen diverse Substanzen der tierarzneimittelhistorisch sehr jungen Wirkstoffgruppe der Isoxazoline – als Beispiele sollen hier Fluralaner, Afoxolaner, Sarolaner oder Lotilaner genannt werden – zur Verfügung. Sie sind systemische Insektizide und Akarizide, wirken also gegen eine enorme Bandbreite an Ektoparasiten, wie durch einige Studien gezeigt werden konnte. Gegen Zecken, Flöhe und Milben ist die Wirksamkeit bewiesen, dennoch gibt es ein paar Ausnahmen: Es handelt sich beispielsweise um Cheyletiellen, die Spezies Demodex injai (eine beim Hund oberflächlich lebende Demodex-Milbe) oder auch Herbstgrasmilben. Bei diesen Ektoparasiten konnte bisher noch keine ausreichende Wirkung der Isoxazoline nachgewiesen werden. Ob Isoxazoline auch einen repellierenden Effekt haben, ist fraglich, weswegen diese Wirkstoffgruppe auch bei hochgradigen Flohbissallergikern eventuell zu wenig Schutz bieten könnte.

Zusammenfassung

Es sollte immer eine genaue Diagnostik betrieben und die „therapeutische Ausschlussdiagnose“ nur in Einzelfällen durchgeführt werden – nämlich dann, wenn trotz der zur Verfügung stehenden Methoden keine Parasiten gefunden werden konnten, die klinischen Symptome aber dennoch für eine Ektoparasitose sprechen. Bei der Demodikose hat ein eindeutiger Nachweis der Demodex-Milben große Bedeutung, denn je nach Alter des Tiers (juvenil oder adult) und Ausmaß der Läsionen (lokalisierte oder generalisierte Form der Demodikose) wird weitere Diagnostik nach einer zugrunde liegenden (immunsuppressiven) Erkrankung
oder auch der Zuchtauschluss eines betroffenen Tiers empfohlen. Nicht zuletzt sind alle zur Verfügung stehenden Antiparasitika toxisch für die Umwelt, weshalb sie nur mit konkreter Indikation eingesetzt werden sollten.


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