Zoonose Tollwut:

Sicherheit durch Impfung

Dr. Herfried Haupt
Fachtierarzt für Lebensmittel, Leiter des Veterinärreferats
der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld

Seit dem Altertum wird die Tollwut, Wutkrankheit, als vom Tier übertragbare tödliche Bedrohung des Menschen wahrgenommen. Praktischen Tierärzten kommen in der Überwachung und Vorbeugung ­dieser Zoonose bedeutende, auch amtliche Aufgaben zu. 

Erst 2004 starb ein 23-jähriger Österreicher, der in Marokko von einem streunenden Hund gebissen worden war, an dieser Infektionskrankheit. 

Der Bedeutung dieser Seuche wird auch die Schaffung eines Welttollwuttages durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), jährlich am 29. September, gerecht. Österreich ist von der WHO nach deren strengen Anforderungen als frei von Tollwut anerkannt. Sowohl für den Menschen als auch für unsere Haussäugetiere stehen hochwirksame Schutzimpfungen zur Verfügung. 

Eine hohe Durchimpfungsrate jener Haustierart, die bei einem unvermittelt entstehenden Infektionsdruck als wichtigste Überträgerin infrage kommt – der Hund –, hat elementare Bedeutung für die Aufrechterhaltung dieses ­Status. Im Jahr 2002 löste ein nach Österreich eingewechselter Fuchs in kurzer Zeit die Infektion von insgesamt 24 Tieren aus, darunter auch die eines Hundes und einer Katze. Auf die praktische Tierärztin, den praktischen Tierarzt kommen in der Überwachung dieser anzeigepflichtigen Tierseuche mehrere ­verbindliche ­Aufgaben zu. 

1. Anzeigepflicht:

Der Verdacht des Vorliegens von Tollwut ist der Bezirksverwaltungsbehörde (BVB), dem Magistratischen Bezirks-
amt, der Bezirkshauptmannschaft zu melden. Selbstverständlich gilt dies auch, bevor ein Tier vom Tierarzt, von der Tierärztin euthanasiert wird und der Tierkörper zur Untersuchung auf Tollwut eingesandt werden soll [TSG, § 16, § 17(1)]. Besonders wichtig ist in diesen Fällen eine vollständige Dokumentation des Vorberichts, des Nationales des Tieres und der klinischen Befunde („Wer, was, wann, wie, wo?“).

2. Tollwut-Ausschlußuntersuchung:

„Vom Verdacht erfasste Hunde und Katzen sind zu töten.“ Zu dieser drastischen Vorgabe des TSG, § 41/2., gibt es Ausnahmeregelungen: Auf Antrag und Kosten der tierhaltenden Person können solche Tiere „abgesperrt“ und – „in der Regel“ vier Monate lang – tierärztlich beobachtet werden. Diese Absperrung kann bei Verletzung von Menschen durch dieses Tier auch behördlich angeordnet werden (TSG-DVO, Wutkrankheit, 1.–5.). In den Bundes­ländern sind die Vorgangsweisen zur Untersuchung von Tieren, die Menschen verletzt, meist gebissen, haben, mittels Erlässen geregelt. Darin ist auch die Frist von zehn Tagen für die Folgeuntersuchung nach der ersten, möglichst frühzeitigen Untersuchung nach dem Biss enthalten. Die Chipnummer ist Gegenstand der Erfassung des Nationales des vorgestellten Tieres (Formular, Abb. 1). 

3. Kennzeichnung und Registrierung 

von Hunden (TSchG, § 24a): Die tierhaltenden Personen müssen von der Tierärztin, dem Tierarzt nicht grundsätzlich angehalten werden, die Tiere chippen und ­registrieren zu lassen, dies bleibt eine Bringschuld der Klientel. Sobald jedoch Schutzimpfungen oder amtliche Untersuchungen (etwa Tollwutausschluss) vorgenommen werden, ist eine Registrierung (und damit die vorhergehende Kennzeichnung – Chippen) ein Kriterium der beruflichen ­Sorgfalt, ja Bestandteil amtlicher Agenden. Eintragungen in Impfpässe bedingen eine Registrierung. Ausdrücklich sei darauf verwiesen, dass eine Eintragung einer erstmaligen ­Impfung von Welpen der die Tiere vorstellenden Züchter­person zuzuordnen ist. Unterlassene Eintragungen der haltenden Personen in Impfpässe schaffen unzulässige „Blankoausweise“. 

 

a. Österreichische Tiere: 
i. Die Tiere sollen in Österreich verbleiben: Eine Schutzimpfung gegen Tollwut ist freiwillig, aber empfohlen, hier sei auf die oben genannten Beispiele verwiesen. Ein nationaler Impfausweis (kein amtliches Dokument) ist auszustellen. Voraussetzung ist die Registrierung. Eintragungen von Welpen sind der züchtenden Person zuzuordnen, für die Mutterhündin haben eine Registrierung und eine Meldung als Zuchttier [TSchG, § 31(4)] vorzuliegen.

ii. Die Tiere sollen innergemeinschaftlich oder in Drittländer verbracht werden: Eine Schutzimpfung gegen Tollwut ist verpflichtend, ein EU-Heimtierausweis [EU-HTA; amtliches Dokument; VOo (EU) 576+577/2013] ist auszustellen. Voraussetzung ist die Registrierung. Eintragungen von Welpen sind der züchtenden Person zuzuordnen, für die Mutterhündin hat eine Registrierung vorzuliegen. Wenn keine Registrierung besteht, kommt auf die Tierärztin, den Tierarzt die Pflicht der Plausibilitätsprüfung der hierfür angegebenen Gründe zu. Sind die vorgebrachten Begründungen glaubhaft, kann in Sektion 12 „Verschiedenes“ des EU-HTA eine Eintragung dieser Argumente unter Nennung von präsentierten Dokumenten (etwa Kaufvertrag; Kopie einbehalten) vorgenommen werden. Es ist zu beachten, dass eine Prüfung der Schlüssigkeit auch nachvollzogen werden kann, etwa in Behördenverfahren. 

Vorregistrierung von Hunden vor der Ausstellung eines EU-HTA stellt die Schlüsselstelle dafür dar, rechts­konform gezüchtete Tiere von unzulässig gezüchteten und/oder illegal eingebrachten Tieren unterscheiden zu können. Entsprechend hoch ist hier die Verantwortung der praktischen Tierärztin, des Tierarztes. Neben dem gegebenen Tierleid durch unerlaubten Welpenhandel wird die Bedeutung der Vorbeugung gegen die Verbreitung einer lebensgefährlichen Zoonose nochmals genannt. 

b. Andere als österreichische Tiere:
i. Tiere aus Mitgliedsstaaten: Die Tiere haben von einem EU-HTA und, im häufig zutreffenden Fall, von einer Besitzerklärung, dass die Tiere nicht Handelszwecken dienen, begleitet zu sein. 

Für Welpen bis zu zwölf Wochen Alter, die nicht mit dem Muttertier vorgestellt werden, hat die haltende oder eine von dieser beauftragte Person schriftlich zu bestätigen, dass die Tiere seit der Geburt ununterbrochen bei ihr lebten und keinen Kontakt mit für Tollwut empfänglichen Tierarten möglich war [„Tollwutunbedenklichkeits-Bescheinigung“, „Besitzererklärung“, BE; VO (EG) 576/2013, Art. 22, 25]). 

Für Hunde über zwölf Wochen Alter haben Kennzeichnung, Registrierung, EU-HTA und die Tollwutimpfung, bis zur 16. Woche auch eine BE, vorzuliegen.

Im Falle von Unklarheiten, also unvollständigen Impf­pässen, fachlichen Zweifeln am Alter der Tiere, Fehlen des EU-HTA oder von anderen Dokumenten, ist es wichtig, alle Daten zu erfassen, Kopien von Unterlagen zu erstellen und, wenn nicht plausible Begründungen vorgebracht werden, eine Meldung an die Behörde zu erstatten.

ii. Tiere aus Drittland mit Erleichterungen [VO (EG) 577/2013, Anhang II; etwa Norwegen, Schweiz]: Sind die Tiere über drei Monate alt, ist die Tollwutimpfung erforderlich, darunter nicht. Chip, eine Tiergesundheitsbescheinigung [VO (EG) 577/2013, Anhang IV, Teil 1.] und eine BE sind nötig.

iii. Tiere aus Drittland ohne Erleichterungen [VO (EG) 576/2013, Art. 13(2); etwa Serbien, Türkei]: Eine Tollwutimpfung ist jedenfalls erforderlich, zusätzlich eine serologische Tollwutantikörperuntersuchung („Titrierung“). Ebenso sind Chip, eine Tiergesundheitsbescheinigung und die BE nötig. Bereits an der EU-Außengrenze unterliegt eine derartige Verbringung der Kontrolle durch den grenztierärztlichen Dienst und den Zoll. 

Aus den frühestmöglichen Zeitpunkten für die erste Impfung (drei Monate Alter) und die serologische Titrierung (frühestens 30 Tage nach Impfung und drei Monate vor Reisezeitpunkt) ergibt sich ein Mindestalter für derartige Tiere von sieben Monaten. 

 

Werden also jüngere als sieben Monate alte Tiere oder Tiere ohne Dokumente vorgestellt, für die Hinweise der Herkunft aus diesen Ländern bestehen, liegt ein ­konkreter Verdacht auf eine unerlaubte Einfuhr nach Österreich, zusätzlich auf die Gefahr der Übertragung von Tollwut, vor. In diesem Fall ist der Behörde Anzeige zu erstatten.

Die obigen Ausführungen über den Verkehr von Hunden, Katzen und Frettchen zwischen Österreich, Mitgliedsstaaten und Drittländern beziehen sich auf Verbringungen, die nicht zu Handelszwecken stattfinden. Die maximale Zahl für derartige Transporte beträgt fünf Tiere. Werden mehr als fünf Heimtiere nach oder aus Österreich verbracht, gilt dies als gewerblicher Transport und es sind von der Behörde ausgestellte Gesundheitszeugnisse („Traces“) oder bei Drittländern grenztierärztliche Abfertigungs­bescheinigungen erforderlich. 

Für gewerbliche Transporte in oder aus Drittländern ist der grenztierärztliche Dienst zuständig.

Hunde und Katzen im Alter von unter acht Wochen gelten aus Tierschutzgründen als nicht transportfähig, wenn sie nicht vom Muttertier begleitet werden [VO (EG) 1/2005, Anhang I, Kapitel I, 2.f)].

Der vorliegende Text soll Situationen darstellen, in ­welche eine praktische Tierärztin, ein Tierarzt versetzt wird, wenn Hunde (Katzen, Frettchen) zur Impfung, zum Chippen, zur Ausstellung eines EU-HTA oder auch nur zur Behandlung vorgestellt werden und womöglich Abweichungen von den Anforderungen der ­Rechtsnormen wahrgenommen werden (Tabelle 1).

 

Die Tierärztin, der Tierarzt ist damit der hohen Belastung ausgesetzt, bestehende oder künftige Kunden womöglich behördlichen Maßnahmen zu unterziehen. Auch wenn durch die Kunden-Lieferanten-Beziehung verständlich ist, dass Gefahren unterbewertet und Rechtsnormen eher an der Praxis denn an der Forderung entlang interpretiert werden, so ist beim Umgang mit dieser Angelegenheit –freilich unangenehme – Konsequenz gefordert. Die praktische Tierärztin, der Tierarzt wird mit der Herausforderung, aber auch der Chance konfrontiert, illegalen Tierhandel aufzudecken, Gegenmaßnahmen hierzu einzuleiten und – vor allem – der Verbreitung einer tödlichen Zoonose entgegenzuwirken.

 

RECHTSNORMEN  

 

Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004, in der Fassung BGBl. Nr. I 80/2013 (TSchG)
Tierseuchengesetz, RGBl. 179/1909, in der Fassung BGBl. I Nr. 80/2013 (TSG)
Tierseuchengesetz-Durchführungsverordnung, RGBl. 178/1909, in der Fassung BGBl. II Nr. 54/2007 (TSG-DVO)
Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. Dezember 2004 über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen sowie zur Änderung der Richtlinien 64/432/EWG und 93/119/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1255/97VO (EG) Nr. 576/2013
Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 998/2003
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 577/2013 der Kommission vom 28. Juni 2013 zu den Muster-Identifizierungsdokumenten für die Verbringung von Hunden, Katzen und Frettchen zu anderen als Handelszwecken, zur Erstellung der Listen der Gebiete und Drittländer sowie zur Festlegung der Anforderungen an Format, Layout und Sprache der Erklärungen zur Bestätigung der Einhaltung bestimmter Bedingungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 576/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates EG

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Bundeskanzleramt, Rechtsinformationssystem:

eur-lex.europa.eu/homepage.html