Wie gefährlich sind Zecken tatsächlich

für unsere Vierbeiner?

Dr. Georg Haimel 
Dip ECVS, Europäischer Fachtierarzt für Kleintierchirurgie
RCVS Recognized Specialist in Small Animal Surgery
Tierarztpraxis am Stadtpark GmbH 

Dr. Michael Leschnik von der Vetmeduni Wien untersucht in einer aktuellen Studie 35 Hunde mit diagnostizierter immunmediierter Polyarthritis. Die Ergebnisse sind in sechs Monaten zu erwarten.

Mit den steigenden Temperaturen begeben sich auch die Zecken, Millimeter kleine blutsaugende Ektoparasiten, wieder auf die Pirsch. Dabei plagen die giftigen Milben nicht nur uns Menschen, sondern auch unsere Vierbeiner leiden jährlich unter deren Befall. Die Infektionsrate der von den Parasiten übertragenen Krankheiten ist dabei nicht zu unterschätzen: So zeigte etwa eine Studie im Jahr 2013, dass bereits jeder zweite untersuchte Hund an einem Virus, das durch Zecken übertragen wurde, erkrankte. Für diese Untersuchung wurden damals 90 Hunde von der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein Jahr lang durch die Zeckenzeit begleitet. 700 der Spinnentiere, also rund acht Zecken pro Hund, wurden in diesem Zeitraum bei den Tieren gefunden, bereits jedes zweite davon erkrankte laut der Blutuntersuchung an einer von den Ektoparasiten übertragenen Infektion. Einer der Gründe war der leichtfertige Umgang der Hundehalter mit dem Zeckenschutz: Viele frischten das Schutzmittel nur unregelmäßig auf oder haben es erst aufgetragen, wenn der Hund bereits eine Zecke hatte. Neben Babesiose, Anaplasmose oder Borreliose kann der Parasit aber auch noch weitere Infektionskrankheiten übertragen. Dr. Michael Leschnik von der Klinischen Abteilung für Interne Medizin Kleintiere an der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersucht derzeit dieses Phänomen. Für ihn wären durch Zecken übertragene Pathogene als Auslöser der Autoimmunkrankheit Polyarthritis denkbar. Für seine Studie wurden 35 Hunde mit diagnostizierter immunmediierter Polyarthritis herangezogen. Das Team rund um Dr. Leschink beobachtete in einem Zeitraum von einem Jahr die Immunreaktionen der Patienten sowie die Anwesenheit von etwaigen Erregern zum jeweiligen Zeitpunkt. Zusätzlich wurden als Kontrollgruppe 35 Blutproben von gesunden Hunden aus einem bereits abgeschlossenen Tierversuch auf Pathogene und Antikörper untersucht. Die Ergebnisse der Forschung können allerdings erst in rund sechs Monaten veröffentlicht werden, da die Studie erst kürzlich abgeschlossen wurde und sich die Resultate derzeit noch unter Verschluss befinden, meint Dr. Leschnik im Gespräch mit dem Vetjournal. Dass aber Zecken durch menschliche Umwelt­einflüsse wie etwa durch den Einsatz von Pestiziden immer „giftiger“ werden und dadurch auch vermehrt Krankheiten übertragen, glaubt Dr. Leschnik nicht: „Zecken werden nicht ‚giftiger‘ und haben auch nicht mehr Pathogene. Der Klimawandel hat aber Einfluss auf ihre Fortpflanzung und die Generations­folge.“ Auch eine steigende Zahl an erkrankten Hunden kann Dr. Leschnik nicht sehen: „Die Anzahl der klinischen Fälle ist derzeit stabil.“ Auf die Frage, ob es etwaige Entwicklungsansätze für Impfstoffe gegen die Erreger gibt oder solche in naher Zukunft denkbar wären, nennt Dr. Leschnik eine großzügige Auswahl von gegen Zeckenbefall wirksamen Stoffen: „An Akarizida gibt es bereits eine große Auswahl mit guter bis sehr guter Wirkung, egal ob Spot-on, Tabletten oder Halsbänder. Impfstoffe gegen Zecken werden aber in absehbarer Zeit nicht verfügbar sein, auch nicht gegen durch Zecken übertragbare Erreger.“ Aufgrund der früheren Studie und der zu erwartenden Ergebnisse der aktuellen Untersuchung ist es deshalb umso wichtiger, Hunde­besitzerInnen über die Notwendigkeit von Zeckenschutzmitteln aufzuklären, um mögliche Infektionskrankheiten durch die Parasiten frühzeitig abwehren zu können.