Vorsicht, Wurstsemmel!

Was wir alle über die Afrikanische Schweinepest wissen sollten - auch, wenn wir selbst keine Schweine behandeln

Dr. Astrid Nagl

Tierärzt*innen, die in der Schweinepraxis tätig sind, wissen längst Bescheid: Seit Jahren wird befürchtet, dass die Afrikanische Schweinepest bald auch Österreich erreicht. Die anzeigepflichtige Krankheit tritt fast überall in Europa auf, allein im Juli wurden aus fünf österreichischen Nachbarländern Fälle gemeldet (Ungarn, Slowakei, Deutschland, Tschechien und Italien).1 

Mit einer Mortalität von 90 – 100 % bei der perakuten bzw. akuten Form, die in Europa vorherrscht (ASPV-Genotyp II), wäre die Erkrankung eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Tiere in heimischen Betrieben. Leitsymptome bei einem Ausbruch sind hohes Fieber und Apathie, die Inkubationszeit beträgt vier bis 19 Tage. Das Virus ist in hohen Mengen im Blut und in bluthältigen Organen zu finden, vor allem in der Milz. Es gibt derzeit noch keine Impfung und keine Therapie. Chronische Verläufe kommen bei gering virulenten Stämmen vor, in Afrika sind zum Beispiel Wildschweine oft asymptomatische Träger.2

In diesem Sommer gab es eine neue, beunruhigende Entwicklung: 846 Fälle bei Hausschweinen gab es europaweit im Juli  1 , ein sprunghafter Anstieg. Grund dafür ist ein Ausbruch in der Grenzregion von Serbien zu Bosnien-­Herzegowina und Kroatien. Vor allem kleinere Betriebe waren hier betroffen. Die Sorge ist groß, dass die Krankheit durch den starken Reiseverkehr in den Sommer­monaten auch nach Österreich kommen könnte.

Das Virus kann nicht nur in rohem, sondern auch in ver­arbeitetem Fleisch persistieren und so übertragen werden; daher die Warnungen vor der „mitgebrachten Wurst­semmel“. Frisst ein Wildschwein so eine weggeworfene Wurstsemmel, kann es sich anstecken und dann weitere Tiere infizieren. Aus Ländern, in denen Ausbrüche gemeldet werden, sollten daher weder Schweinefleisch noch ­Fleischprodukte wie Salami, Speck oder Rohschinken mitgenommen werden. 

In Afrika erfolgt die Ansteckung meist durch infizierte Zecken. Dieser Übertragungsweg spielt in Europa ­keine Rolle: Hier infizieren sich Hausschweine meist über Kontakt zu Wildschweinen oder Wildschweinkadavern. Ein direkter Kontakt zwischen Haus- und Wildschwein muss deshalb unter allen Umständen vermieden werden. Das kann unter anderem durch doppelte Umzäunungen, Sicherung der Einfahrtswege in die Betriebe und Schulung des Personals geschehen. In Risikogebieten sollte außerdem kein Grünfutter verfüttert werden. Umfangreiche Informationen zur Biosicherheit der Betriebe stehen online zur Verfügung .3

Auch mit den Schuhen oder der Kleidung, durch Werkzeug, Behältnisse oder Fahrzeuge kann ein Viruseintrag in den Betrieb erfolgen. Betriebe, deren Besitzer*innen auch jagdlich unterwegs sind oder die Saisonarbeiter*innen beschäftigen, haben ein höheres Risiko eines Eintrags. In Kroatien gehen die Behörden davon aus, dass das Virus durch Lastwagen, die zum Einsammeln verendeter Tiere oder für Forstarbeiten verwendet wurden, eingeschleppt wurde.  
Für die Jäger*innen und Schwammerlsucher*innen unter uns gilt: Wer ein totes Wildschwein findet, muss dieses liegen lassen und den Fundort dem/der Amtstierarzt/-ärztin melden. Diese/r zieht dann die nötigen Proben. In den letzten Jahren konnte beobachtet werden, dass im Winter mehr Wildschweine erkrankten – vielleicht werden durch die erhöhte Sterblichkeit in der kalten Jahreszeit mehr tote Tiere aufgefunden und daher mehr Proben untersucht? Bei Hausschweinen hingegen traten im Sommer mehr Fälle auf; möglicherweise aufgrund einer Ansteckung durch kontaminiertes Grünfutter. 
In diesem Sinne – bleiben wir doch auf der Reise nach Hause flexitarisch! Der Verzicht auf die gute Wildschweinsalami aus Kroatien kann wesentlich für die Gesundheit der österreichischen Wildschweinpopulation sein und dazu beitragen, unsere Hausschweine vor einer schwerwiegenden und in den allermeisten Fällen tödlich ver­laufenden Erkrankung zu bewahren. 

Quellen und weiterführende Literatur: 

1 AGES-Tierseuchenradar Juli 2023: https://www.ages.at/tier/tiergesundheit/tierseuchenradar/detail/tierseuchenradar-juli-2023#ASP
2 Daten und Fakten über die Afrikanische Schweinepest: https://www.ages.at/mensch/krankheit/krankheitserreger-von-a-bis-z/afrikanische-schweinepest#c6474
3 Biosicherheit im Schweinebetrieb: https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/tiere/publikationen/Biosicherheit_Schwein.pdf?96twup

Infoblatt für Tierärzt*innen: 
https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/tiere/krankheiten/ASP_Infoblatt_Tieraerzte_A4_BF.pdf?8iaegi