Wie viel bildgebende diagnostik

braucht der Tierarzt

Bettina Kristof

In den letzten 20 Jahren haben sich die Anforderungen an den Tierarzt in Bezug auf die bildgebende Diagnostik grundlegend verändert. Genügte früher ein einfaches Röntgengerät, so erwarten sich die Tierhalter heutzutage schon fast die Ausstattung eines Tierspitals. Aber was ist wirklich nötig – und wie ist es finanzierbar?

Die Errungenschaften in der digitalen bildgebenden Diagnostik sind in der Tiermedizin von großer Bedeutung. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl technischer Geräte, die die Diagnose erleichtern. Vom digitalen Röntgen über Computertomografie, Ultraschall und Endoskopie – die moderne Labordiagnostik lässt fast keine Wünsche offen. Wir sprachen mit Tierarzt Dr. Karl Grohmann, Leiter der Tierklinik Korneuburg, darüber, welche Anschaffungen für eine Tierklinik aus seiner Sicht sinnvoll sind.

Wie hat sich die bildgebende Diagnostik in der Tierarztpraxis aus Ihrer Sicht in den letzten 20 Jahren entwickelt?
Aus meiner Sicht hat sie sich im genannten Zeitraum dramatisch entwickelt, und das ist gut so. In der bildgebenden Diagnostik kann man alle paar Jahre einen Quantensprung erleben, und auch wir werden aufrüsten. Denn mit den neuen Geräten kann die Diagnostik verfeinert werden. Vor allem für die jungen Kollegen, die noch nicht so viel Erfahrung haben, sind die technischen Geräte sehr hilfreich, um eine gewisse Sicherheit in der Diagnose zu bekommen und Misserfolge hintanzuhalten.

Generell muss man aber sagen, dass ein junger Tierarzt, der eine neue Praxis eröffnet, zu Beginn vor großen Investitionen steht. Um up to date zu sein und perfekte Behandlungen anbieten zu können, sind auch die etablierten Tierärzte gezwungen, regelmäßig in die technische Ausrüstung zu investieren. Aus meiner Sicht ist es wichtig, das Angebot genau zu prüfen und die diagnostischen Tools vernünftig einzusetzen.

Früher hat oft das „Augenmerk“ des Tierarztes genügt, um eine Diagnose zu erstellen. Braucht es wirklich so viel Technik in der Ordination?
Jein. Profundes Wissen ist in der klinischen Diagnostik wichtig. Erfahrung ist nicht bezahlbar und höchst notwendig. Aber manche Diagnosen sind ohne den Einsatz technischer Geräte schwierig, wenn man keine Vermutungsdiagnose stellen möchte. Ohne Ultraschall war oft ein Bauchpunktat notwendig oder das Punktat einer Körperhöhle. Heutzutage erzielt man durch eine Ultraschalluntersuchung, die unblutig und auch für das Tier schonender ist, eine sichere Diagnose. Auf der anderen Seite stellt sich natürlich die Kostenfrage, denn für einen Existenzgründer ist es schwierig, viel Geld in eine perfekte Ausstattung zu investieren. Es kann eine Weile dauern, bis man die Kosten wieder hereingespielt hat. 

Sie sprechen immer wieder die hohen Investitions­kosten vor allem für Praxisgründer an. Wird man darauf an der Veterinärmedizinischen Universität vorbereitet?
Das ist ein Manko in der tierärztlichen Ausbildung. Es gibt an der Universität keine Schulungen, wie man wirtschaftlich denkt und eine Praxis führt. Dadurch ist es für Anfänger schwierig. Ich hatte das Glück, dass ich aus einer Kaufmannsfamilie komme und dort gelernt habe, wie man einen Betrieb führt. Tierärzte, die frisch von der Universität kommen, haben keine Ahnung, was ein Deckungsbeitrag ist, wie viel Umsatz man machen muss, um Gewinn zu erzielen, oder welche Anschaffungen gleich getätigt werden können und mit welchen sie besser noch warten sollten. Es wäre also gut und sinnvoll, wenn es an der Veterinärmedizinischen Universität die Möglichkeit gäbe, praxisorientiertes Wirtschaften zu lernen. 

Sie haben in Ihrer Tierklinik eine Vielzahl an diagnostischen Geräten zur Verfügung. Womit haben Sie begonnen und wie rasch ist Ihr „Technikpark“ gewachsen?
Unser erstes Diagnosegerät war ein Röntgen mit Nass­entwicklung, das habe ich im Jahr 1986 bei der Eröffnung meiner Praxis angeschafft. Ich habe den Erwerb weiterer technischer Geräte nicht übereilt. Als es leistbar war, kam Stück um Stück hinzu. Ein Ultraschallgerät war das Nächste, das für die Tierklinik erworben wurde. Dann folgten ein Blutanalysegerät und ein zytologisches Labor mit einem sehr guten Mikroskop. Dann kam noch ein EKG hinzu. 

Aber mit der einmaligen Anschaffung ist es natürlich nicht getan. Um mit der technischen Entwicklung und den verbesserten Möglichkeiten Schritt zu halten, haben wir neue Geräte gekauft. Jetzt haben wir ein digitales Röntgen mit WLAN, das geht schneller, ist genauer und digital bearbeitbar. Auch beim Ultraschall haben wir aufgerüstet, wir verfügen nun über ein 3-D-Gerät. Die meisten Geräte haben eine begrenzte Lebensdauer und müssen dann getauscht werden, wie z. B. die Blutanalysegeräte. Die Erneuerung eines Geräts muss aber auch wirtschaftlich sein, vor allem bei sehr teuren technischen Einrichtungen wie etwa dem digitalen Röntgen.

Ganz wichtig ist es, dass die Geräte auch richtig bedient und ausgewertet werden. Deshalb gibt es intensive Einschulungen für neue Geräte und auch immer wieder Nachschulungen.

Welche Geräte sind aus Ihrer Sicht unverzichtbar für einen gut funktionierenden Tierklinikbetrieb?
Eine digitale Röntgenanlage ist notwendig, und ein zumindest minimales Blutlabor, um Akutdiagnosen erstellen zu können. Eine kleine zytologische Station, um Abstriche selbst beurteilen zu können, gehört auch in jede Tierklinik. 

Welche Ausstattung erwarten sich Tierhalter in einer modernen Tierklinik?
Die meisten erwarten sich, dass der Tierarzt ein eigenes Labor und Röntgen hat, viele wünschen sich auch, dass gleich vor Ort eine Computertomografie gemacht werden kann. MRT wird auch nachgefragt. Die Anschaffung dieser Geräte ist eine Frage der Betriebskosten und der räumlichen Möglichkeiten. Tierbesitzer erwarten eine gute Ausstattung, das gibt ihnen Sicherheit. Die Tierhalter nehmen an, dass eine gut ausgestattete Klinik auch qualitativ hochwertige Leistungen erbringt.

Erwarten manche Tierhalter, dass Sie Computer­tomografie anbieten?
Manche erwarten das. Es wird nachgefragt und gerne gesehen. Wir haben derzeit noch keinen Computertomografen, weil wir keinen Raum dafür frei haben. Wir überlegen aber, wie wir in Zukunft Platz für einen CT schaffen können, weil es natürlich praktischer wäre, diese Untersuchungen selbst durchführen zu können. Bevor man ein so teures Gerät anschafft, muss man sich allerdings genau überlegen, ob es sich auch wirtschaftlich rechnen wird.

Diese Geräte sind ja zum Teil recht kostspielig. Haben Sie schon einmal ein Gerät secondhand ­erworben?
Es gibt Geräte, die aus der Humanmedizin ausgeschieden wurden und noch in tadellosem Zustand sind. Ultraschallgeräte, die mit einem Software-Update für Veterinär­anpassung sehr gut verwendbar sind und am Gebrauchtmarkt einen Bruchteil eines neuen Gerätes ­kosten, werden öfter angeboten. Operationslampen, die aus Krankenhäusern kommen können, oder Mikroskope und Blutanalysegeräte sind ebenfalls secondhand erhältlich und stellen vor allem für Klinikgründer eine kostengünstige Alternative dar. Wir selbst kaufen auch immer wieder gebrauchte Geräte, die alle Stückeln spielen. 

Werden von den Firmen Finanzierungsmodelle für die Geräte angeboten?
Es gibt Gerätehersteller, die Finanzierungen anbieten, meist mit einem Bankinstitut im Hintergrund. Man kann die Geräte auch leasen, was steuerlich interessant sein kann. Wenn es um höhere Investitionen geht, empfehle ich, auch mit der eigenen Bank zu sprechen.

Wie lange dauert es, bis sich beispielsweise ein ­Ultraschallgerät rechnet?
Es kommt darauf an, wie oft es genützt wird, wie gut man es beherrscht und wie sorgfältig es gewartet wird. Idealer­weise sollte es sich innerhalb der Finanzierungszeit rechnen. Man sollte auf jeden Fall die Kosten-­Nutzen-Rechnung im Auge behalten.

Planen Sie, in den nächsten Jahren weitere Geräte anzuschaffen?
Wir werden einen Computertomografen anschaffen und streben eine Verfeinerung in der digitalen Entwicklungsstufe an. Geräte, die kaputt werden, werden natürlich getauscht. Aber solange Geräte eine zuverlässige Dia­gnose ermöglichen, werden wir sie weiterverwenden. 

Welche Trends im Bereich der bildgebenden ­Diagnostik sehen Sie für die Zukunft?
Es gab immer Quantensprünge in der Entwicklung der bildgebenden Geräte und die wird es auch weiter geben. Wie überall in der Elektronik werden die Errungenschaften laufend verbessert, nach der Devise: besser, größer, schneller, genauer – aber auch teurer!