Wer in den letzten Wochen mit offenen Augen in heimischen Supermärkten eingekauft hat, dem wird es nicht entgangen sein: Die Handelsriesen Hofer und Spar haben beide in kurzen Abständen zwei Labels gelauncht, die sich bessere Haltungsbedingungen für Nutztiere, vor allem für das Schwein, auf die Fahnen geheftet haben. An dieser Stelle lohnt ein Blick zu den deutschen Nachbarn, genauer gesagt nach Berlin im vergangenen Jänner: Auf der „Grünen Woche“, der internationalen Ernährungs- und Agrarmesse, hat es Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vorgestellt – das deutsche „Tierwohllabel“, dessen Markteinführung für 2018 feststeht. Trotz Vorgaben seitens des Gesetzesgebers basiert es allerdings auf freiwilliger Teilnahme – ein verpflichtendes Label würde laut Ministerium zu lange EU-Abstimmungsprozesse erfordern. Umstritten ist das dreistufige Label unter anderem deshalb, weil seitens der Kritiker harsch bemängelt wird, dass das Label wenig mehr, wenn überhaupt, als den ohnehin gesetzlichen Mindeststandard bietet und außerdem der falsche Eindruck erweckt wird, dass der Verbraucher nur zum richtigen Produkt greifen müsse, um die Umstände in der Massentierhaltung zu verändern, so Foodwatch-Aktivist und Tierarzt Mathias Wolfschmidt im Deutschlandradio-Interview. Als Konkurrenz zur schon seit 2015 bestehenden „Initiative Tierwohl“, die unter anderem von Lebensmitteleinzelhandelsriesen wie Lidl mitgetragen wird, will das Ministerium sein neues Prestigeprojekt übrigens nicht verstanden wissen, eher sieht es die „Initiative Tierwohl“ als „gute Ausgangsbasis“.
Aber zurück nach Österreich: Hierzulande sieht die Lage anders aus. Von staatlicher Seite gibt es derzeit eher keine Ambitionen, in den Status quo einzugreifen und die aktuellen Standards zu verändern oder zu adaptieren; die gängige Tierschutzregelung sei ohnehin eine der besten Europas, vernimmt man aus dem Bundesministerium für Gesundheit und aus der Wirtschaftskammer. Allerdings hat der Handel eine Marktlücke gewittert und ist in Eigenregie beherzt zur Tat geschritten: Der Diskonter Hofer hat „FairHof“ gelauncht und Spar will gemeinsam mit der AMA die „HeimatHöfe“ als Umsatzbringer für den bewussten Fleischkonsumenten etablieren.
Die Gründe dafür, warum diese Initiativen quasi im Alleingang des Handels entstanden sind, sieht Richard Franta vom Bundesgremium des Lebensmittelhandels/WKÖ darin, dass „es ja jetzt schon sehr umfassende, gute Rechtsvorschriften gibt, was die Tierhaltung und den Tierschutz angeht. Außerdem sind Gütesiegel für Tierhaltung etwas, das noch nicht so stark beim Konsumenten angekommen ist, wiewohl Tierschutz in der Nutztierhaltung natürlich seit Jahren präsent ist. Da muss der Handel dann eigenständig gut abwägen, ob sich das auszahlt, ein derartiges Label einzuführen, und nicht zuletzt muss es sich ja auch für den Landwirt und für den Konsumenten positiv niederschlagen. Wichtig ist, dass man den Konsumenten nicht in die Irre führt, sondern transparent und glaubwürdig bleibt und dass die vorgegebenen, dem Konsumenten kommunizierten Maßnahmen auch zuverlässig kontrolliert werden.“