Was wurde aus…

Prof. Max Schuh: „Ich habe meine sportlichen Aktivitäten in die Nacht verlegt!“

Mag. Eva Kaiserseder

Herr Prof. Schuh, gehen wir gleich in medias res: 40 Jahre im universitären Betrieb, nahe dran vor allem an den Entwicklungen in Sachen Schweinegesundheit – wie hat sich der Beruf seither gewandelt?
Ich glaube, vorrangig so, dass man früher als Veterinärmediziner je­mand war, der alle Bereiche abgedeckt hat. Das ist heute nicht mehr so, irgendwann hat sich das Ganze nämlich in Richtung Spezialisierung gedreht, alleine, wenn ich an die ­viralen Erkrankungen denke … Da gab es ja einschneidende Veränderungen. Es war einfach nicht mehr möglich, alles abzudecken. Das spiegelt ja auch das Studium wider, man muss sich gegen Ende für ein Modul entscheiden, z. B. Pferd, Rind oder Schwein, und diese Entwicklung entspricht der Praxis. 

Wie war das denn in den Anfangstagen des Tiergesundheitsdienstes (TGD), den Sie mitbegründet haben? 
Vorab muss man sagen, generell hat sich die Praxis ja weg von der Akutpraxis hin zu vorbeugenden Maßnahmen bewegt. Man arbeitet viel prophylaktischer – was ja auch ein Hintergrund bei der Etablierung des TGD war. Der Praktiker muss dementsprechend regelmäßig in den Betrieb, laufend Proben zu diagnostischen Zwecken nehmen, Vakzinationen durchführen … So bekommt man Gesundheitsprobleme viel ­besser in den Griff. 

Ich habe einmal von einem ande­ren Interviewpartner, Hermann Stokkers, damals Boehringer, den tollen Satz vernommen: „Wir Tierärzte sind von der Feuerwehr zur Versicherung geworden.“ Sehen Sie das auch so?
Stimmt, der Tierarzt muss nämlich nicht nur über Tierkrankheiten, sondern auch über Ernährung, Biosecurity, Stallbau und, und, und Bescheid wissen. Außerdem ist der Praktiker besonders für Tierschutz und Tierwohl zuständig, auch da hat sich viel getan. Es hat sich enorm viel Wissen angesammelt und er soll umfassend kompetent sein. Seit ich als Berater für Futtermittel- und Pharmafirmen arbeite, reise ich noch mehr als früher und bin unter anderem viel in China, Russland und der Ukraine, halte dort Vorträge bzw. Seminare und schaue mir auch viele Betriebe an. Das sind Betriebsgrößen, die man sich hierzulande nicht einmal vorstellen kann: 40.000 bis 50.000 Rinder, 120.000 Sauen … Da habe ich Dinge gesehen, die mir vorher in 40 Jahren an der Uni nicht untergekommen sind. 

Was sind die größten Probleme bei derartigen Megabetrieben? 
Laufende Diagnostik, um kausal therapieren zu können, ­Biosecurity und Qualitätsprobleme von ­Futtermitteln. Das heißt, dass die Tiere zwar richtig gefüttert werden, aber das Futter, vor allem Silofutter, eine schlechte Qualität hat. Da gab es Futtersilos, 300 Meter lang und 20 Meter hoch, und es ist leicht erklärbar, dass dort Mykotoxinprobleme eklatant auftraten. Heute ist es möglich, durch Futterzusätze Mykotoxine zu binden oder enzymatisch zu deaktivieren.

Wie sind Sie eigentlich zu Ihrem Beruf gekommen?
Das war ganz einfach: Ich bin nach der Matura nach Wien gefahren, hab mir drei Studienrichtungen angeschaut und mich für die kürzeste entschieden. (lacht) Die anderen beiden waren Chemie und Humanmedizin, und zu Veterinärmedizin hatte ich ja auch einen Bezug, mein Vater war Tierarzt und 20 Jahre lang Landesveterinärdirektor in Oberösterreich. Und ich muss sagen, ich bereue diese Wahl keine Sekunde. Was mir an meinem Beruf übrigens immer besonders gefallen hat, war die Lehre. Mit jungen Studierenden täglich arbeiten zu dürfen, ist sehr schön. Wichtig war auch für mich, dass ich jahrelang als Urlaubsvertretung einer Gemischtpraxis im Waldviertel arbeiten konnte. Da bin ich 20 Stunden gefahren, habe viel operiert, viel gelernt und konnte diese praxisbezogenen Erfahrungen meinen Studierenden weitergeben   … Eine traumhafte Zeit! Immer wichtig war mir auch die Einbindung von fachkompetenten Praktikern in den universitären Unterricht, um den Studierenden das wahre Leben eines praktizierenden Tierarztes näherzu­bringen. Nach Blocklehrveranstaltungen hatten die interessierten Studierenden die Möglichkeit, bis zu ein Monat lang in der Praxis des jeweiligen Instruktors mitzuarbeiten und so das harte Alltagsleben kennenzulernen, was letztlich wichtig für die Berufsentscheidung war.

Gibt es etwas, das während ihres Berufsalltages zu kurz gekommen ist, ein Hobby, einen Bereich in Ihrem Leben, der erst in der Pension wieder Platz hatte? 
Privates ist schon sehr zu kurz gekommen, das muss ich ehrlich gestehen, denn Achtstundentage sind in so einem Beruf nicht möglich. Wobei meine Frau gerade vorbeikommt und meint, nein, so schlimm war es auch wieder nicht. (lacht) Ich finde aber schon. Neben den Verpflichtungen an der Klinik gab es ja auch Vorträge, Kongresse, einige Unikommissionen, wo ich Mitglied war. Also da hat sich neben dem rein Fachlichen auch sonst sehr viel getan. 

Und was ist dem Privatmann Max Schuh wichtig? 
Neben der Familie Sport und Musik. Während meiner aktiven Zeit kam der Sport immer zu kurz, obwohl ich ein Sportnarr war und bin, da habe ich dann einfach standard­mäßig zwei Tennisschläger im Kofferraum gehabt und meine sportlichen Aktivitäten in die Nacht verlegt: Ein Tennismatch zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh war da durchaus einmal drin. (lacht) Musik hat mich auch immer interessiert, besonders Klavier­konzerte. Beethoven ist mein Lieblingskomponist. Und in die Oper gehe ich auch sehr gern. 

Was macht die Pension gut? Fehlt Ihnen etwas?
Der heutige Alltag ist insofern schön, weil der Druck aus dem ­aktiven Berufsleben weg ist. Und weil ich nach wie vor viel redigiere, lese, auf Kongresse und Tagungen fahre, Vorträge halte, reise … So fehlt mir die fachliche Anregung aus dem Berufsleben nicht. Irgendwann wird das wohl aufhören, aber so weit ist es noch nicht – und so bin ich sehr dankbar für ein gutes und ­ausgefülltes Leben.