Here we go again –

rezidivierender Vomitus beim Hund

Dr. med. vet. Astrid Nagl
Tierärztin und Buchautorin

Patienten mit chronischer Übelkeit und wiederkehrenden gastrointestinalen Beschwerden brauchen langfristige Betreuung und ein Behandlungskonzept, das über symptomatische Therapie hinausgeht.

Wann ist im oben geschilderten Fall weitere Abklärung indiziert und welche Therapiemöglichkeiten sind zielführend? Kleintierpraktikerin Dr. Astrid Nagl sprach mit Dr. Maximiliane Haider, Dipl. ECVIM-CA, Konsiliar­tierärztin für innere ­Medizin und Ultraschall, über häufige Fragestellungen in der ­Praxis.

Gastritis scheint auf den ersten Blick ein simples Krankheitsbild zu sein, doch in der Praxis verlaufen die Fälle oft nicht nach Lehrbuch – manchmal bleiben die Symptome trotz Therapie und Futteranpassung hartnäckig bestehen. Ist die chronische Gastritis als eigenständiges Krankheitsbild zu sehen oder als Symptom zu werten?
Ich würde hier weiter abklären und nach einer ­zugrunde liegenden Ursache suchen. Vom Blutbild bis zur bild­gebenden Diagnostik stehen uns hier viele Möglichkeiten zur Verfügung. Eine Gastroskopie sollte immer auch mit einer Duodenoskopie verbunden werden und unbedingt mit einer Entnahme von ausreichend vielen Biopsien einhergehen. Dabei geht es vor allem um den Ausschluss neoplastischer Erkrankungen wie etwa eins Lymphoms. Ein ACTH-Stimulationstest oder zumindest die Bestimmung des basalen Cortisolwerts gehört ebenso zur Abklärung wie der Ausschluss anderer extragastrointestinaler Ur­sachen. Futterunverträglichkeiten respektive Allergien sind häufige Auslöser einer chronischen Gastritis.

Futtermittelunverträglichkeit und IBD – das Futter wurde umgestellt, die Übelkeit bleibt. Wann ist eine Gastroskopie empfehlenswert und wie sind die Befunde zu bewerten?
Der häufigste Befund einer Gastroskopie wird auch in diesem Fall lauten: entzündliche Gastritis. Dann ist die Besitzerkommunikation besonders wichtig. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, die Besitzer von Anfang an darauf vorzubereiten, dass es sich bei einer Futtermittelunverträglichkeit um eine „Ausschlussdiagnose“ handelt – dementsprechend ist die Erwartungshaltung an diagnostische Maßnahmen auch nicht so hoch. Danach führt oft kein Weg daran vorbei, das Futter mehrfach umzustellen: Wenn die Eliminationsdiät nicht funktioniert hat, ist der nächste Schritt ein hydrolysiertes Futter. Wenn es auch damit nicht besser wird, müssen wir nach Alternativen suchen. Ich arbeite in diesen Fällen gerne gemeinsam mit einer Ernährungswissenschaftlerin – EBVS® European Specialist in Veterinary and Comparative Nutrition –, die einen individuellen Diätplan erstellt.

Was tun, wenn bei einem Patienten Heliobacter nachgewiesen wurde – therapieren oder nicht?
Was den Befund Helicobacter spp. betrifft, scheiden sich die Geister, denn vieles ist noch unklar. Ich finde es ­wichtig, mit dieser Diagnose differenziert umzugehen. Eine inten­sive wochenlange Therapie mit einer Doppelantibiose führt gerade bei Futtermittelunverträglichkeiten zu einer Dysbiose und schädigt das Mikrobiom im Darm zusätzlich. Deshalb ist eine Nutzen-Risiko-Abwägung hier besonders wichtig. Bei Hund und Katze werden außerdem unterschiedliche Spezies von Helicobacter spp. nachgewiesen. Ulzera­bildung wie beim Menschen durch Helicobacter ­pylori wird in der Literatur beim Hund nicht beschrieben, die Erfolgsrate bei Therapie hingegen sehr wohl – sie liegt nur bei etwa 40 Prozent. Eine langfristige Elimination des Erregers ist trotz Therapie beim Hund oft nicht möglich, eine Reinfektion häufig.

Magensäurehemmer und Medikamente gegen Übelkeit: Was muss ich beachten? Welche Empfehlungen gibt es?
Magensäurehemmer werden gerne verabreicht, sie sind jedoch nicht in allen Fällen indiziert. Einen Überblick, wann und für wie lange es wirklich sinnvoll ist, ­Antacida oder Protonenpumpenhemmer einzusetzen, gibt das ­ACVIM Consensus Statement von 2018 mit ausführ­lichen Analysen (siehe Literaturhinweise, Anm.). Gegen anhaltende Übelkeit verwende ich gerne Kombinationen von verschiedenen Medikamenten. Als erste Wahl gilt ­Maropitant; es kann in bestimmten Fällen mit Metoclopramid gemeinsam eingesetzt werden. Auch Ondansetron wirkt gut und kann „off label“ eingesetzt werden.

Das ist aber oft eine preisliche Frage. Unbedingt sollte auch die Darmmotilität evaluiert werden, da Peristaltik­probleme ebenfalls Übelkeit verursachen und einen funktionellen Ileus auslösen können. Prucaloprid kurbelt die Darmtätigkeit in Teilen des Magen-Darm-Trakts vorüber­gehend an.

Wie oft kommt es vor, dass Sie Patienten mit Morbus Addison sehen?
Es ist wichtig, bei chronischem Vomitus auch an Morbus Addison zu denken. Die Symptome treten manchmal auch intermittierend, nicht nur akut auf. Es hilft, die häufig betroffenen Rassen, etwa den Pudel, im Hinterkopf zu haben. Auch die bekannten Elektrolytverschiebungen müssen nicht sein. Der Körper kann sie bis zu einem gewissen Punkt kompensieren, im Blutbild sind sie manchmal erst später sichtbar. Dann sprechen wir von einem atypischen Verlauf. Um die Verdachtsdiagnose zu erhärten, ist eine Hämatologie in manchen Fällen hilfreich – ein Neutrophilen-Lymphozyten-Quotient von ≤ 2,3 kann ein Hinweis sein. Liegt der Wert des basalen Cortisols über 2 µg/dl (55 nmol/l), ist die Diagnose Addison unwahrscheinlich; aber auch bei grenzwertigen Veränderungen würde ich einen ACTH-Stimulationstest anschließen.

Die akute Pankreatitis sehen wir in der Praxis häufig – aber was tun, wenn der cPL-Wert immer wieder ansteigt?
Eine chronische Pankreatitis mit „Flare-ups“, also rezidivierend hohen cPL-Werten, sehe ich häufig in Verbindung mit chronischen Enteropathien. Im Rahmen der Therapie stellt sich oft die Frage, ob eine Low-Fat-Diät zielführender ist als eine hydrolysierte Diät. Bei der Entscheidung kann es helfen, sich die Triglyceride im Blutbild anzuschauen. Weitere Abklärung vor allem in Richtung bildgebender Diagnostik ist auf jeden Fall indiziert.

Die Diagnose chronische Pankreatitis zu stellen ist jedoch nicht einfach, da bildgebende Verfahren wie eine Ultraschalluntersuchung häufig unspezifisch ausfallen. Der Goldstandard wäre eine histologische Untersuchung – die in vielen Fällen verständlicherweise nicht gemacht wird. Bei bestimmten Rassen wie Cocker Spaniel oder Cavalier King Charles zeigten histologische Untersuchungen eine erhöhte Prävalenz der chronischen Pankreatitis. Hier könnte eine immunmediierte Ursache eine Rolle spielen. In diesen Fällen kann man auch den Einsatz von immunsuppressiven Medikamenten wie Cortison oder Ciclosporin in Erwägung ziehen – bei anhaltendem Vomitus und Appetitlosigkeit, natürlich unter Berücksichtigung der möglichen Nebenwirkungen. Aus diesem Grund sieht man auch in einigen Fällen eine Verbesserung der ­Symptome durch die Behandlung der ebenfalls vorliegenden chronischen Enteropathie.

 

Weiterführende Literatur

Marks, S. L., Kook, P. H., Papich, M. G., Tolbert, M. K. & Willard, M. D. (2018): ACVIM consensus statement: Support for rational administration of gastrointestinal protectants to dogs and cats.
J Vet Intern Med 32 (6), 1823–1840.
Watson, P. (2015): Pancreatitis in dogs and cats: definitions and pathophysiology. J Small Anim Pract 56, 3–12.