Vogelgrippe

"Wir sind gut vorbereitet"

Dr. Astrid Nagl

Dr. Peter Mitsch, Fachtierarzt für Geflügel, spricht über Sicherheitsmaßnahmen, die für den Fall eines Ausbruchs der Aviären Influenza in Österreich getroffen werden, die Zulassung von wirksamen Impfstoffen und die Zusammenarbeit mit den Behörden. 

In Polen haben vor Kurzem ­mehrere Fälle von Vogelgrippe  bei Katzen Aufsehen erregt – wie schätzen Sie die aktuelle ­Situation in Österreich ein? 

In Österreich ist die Lage derzeit ruhig, europaweit werden auch jetzt im Sommer immer wieder Ausbrüche gemeldet – aber weniger als in der Wintersaison. Die großen Betriebe bei uns sind auf einen Ausbruch gut vorbereitet, sind für diesen Fall eingerichtet und können damit umgehen. Die Tiere werden dann im Stall gelassen, die Biosicherheitsmaßnahmen funktionieren gut.

Wie steht es mit den kleineren Betrieben?

Tatsächlich wissen viele nicht, dass die Vorschriften auch für Hobbyhaltungen gelten, dass die Vogelgrippe auch sie etwas angeht. Wir Tierärzt*innen, die Landwirtschaftskammer und die Zuchtverbände versuchen zu informieren. Es gibt jedoch kein Verzeichnis aller Privathaltungen, obwohl eigentlich jede Hühnerhaltung der Bezirkshauptmannschaft gemeldet werden müsste. Bei den letzten Ausbrüchen waren hauptsächlich Betriebe mit weniger als 50 Hühnern betroffen, erst letztes Jahr auch wieder größere. Diese Betriebe – in der Steiermark und in Oberösterreich – wurden geräumt.

Wie stehen Sie zum Thema ­Impfung gegen Vogelgrippe? Es gibt ja wirksame Impfstoffe, die in der EU ­bisher aber nicht zugelassen sind. 

Durch die Impfung wird nicht der Ausbruch, aber die ­Ausscheidung der Viren und dadurch der Infektionsdruck verringert. Frankreich ist innerhalb der EU Vorreiter, in der Wintersaison werden dort heuer schon Enten und Gänse geimpft. Ich finde die Impfung sinnvoll, vor allem, wenn die neueren Impfstoffe verwendet werden – sie gewährleisten eine Differenzierung, ob ein Tier geimpft wurde oder Kontakt mit dem Feldvirus hatte. Eine Möglichkeit sind Vektorimpfstoffe, hier ist ein Herpesvirus – jenes der Marek-Krankheit – das Trägervirus. Da gegen Marek rou­tinemäßig geimpft wird, wäre es eine einfache Maßnahme ohne Mehr­aufwand, die Lege- und eventuell auch Masthühner – zumindest Bio-Masthühner – im selben ­Arbeitsgang auch gegen die Aviäre Influenza zu immunisieren. Es muss aber zusätzlich auch ein entsprechend umfangreiches Monitoring etabliert werden, um ­eventuelle Feldinfektionen rasch und zuverlässig auch bei geimpften Herden zu erkennen.

Die Betriebe achten ja generell sehr auf Hygiene und Sicherheit. Wie kann sich eine Herde überhaupt mit dem Virus anstecken?

Es ist oft unklar, wie das Virus in den Betrieb gekommen ist; unbelebte und belebte Vektoren kommen infrage, also Kisten, Nager oder Insekten. Noch konnte nicht bewiesen werden, dass auch durch die Lüftung eine Ansteckung erfolgen kann, es gibt aber starke Hinweise darauf. ­Mittlerweile wurde bewiesen, dass bei einem befallenen Betrieb in Holland ein Fehler beim Räumen gemacht ­wurde – ein Sturm hat virushaltigen Staub über mehrere Kilometer getragen, die Krankheit brach bei einem an­deren Betrieb aus. In Österreich herrscht eine geringere Betriebsdichte, dadurch haben die Bestände einen größeren Sicherheitsabstand.

Wie viel soll und kann getestet werden? 

Wir führen bei jedem Bestand mit erhöhten Ausfällen zur ersten Abklärung Schnelltests durch. Danach können ­Kloaken- oder Trachealtupfer sowie serologische Proben im Labor untersucht werden. Wenn die Ausfälle massiv sind – das heißt, mehr als drei Prozent der Tiere innerhalb einer Woche verenden – und keine eindeutige andere Ursache festgestellt werden kann, ist der / die Amtstierärzt*in zu verständigen.

Bei einem Vogelgrippe-Ausbruch entscheiden die staatlichen ­Institutionen über Sperrzonen 
und Räumungen. Wie funktioniert in einer so angespannten ­Situation die Zusammenarbeit mit den ­betreuenden Tierärzt*innen 
und den Betrieben?

Das klappt grundsätzlich gut. Es ist eine kleine Branche; die Wege sind kurz, im Großen und Ganzen besteht ein gegenseitiges Verständnis. Es wird versucht, alle Betroffenen miteinzubeziehen. Der letzte größere Ausbruch war eine neue Situation für alle: Es gab viele Veranstaltungen, Gespräche und Meetings mit dem Gesundheitsministerium und der AGES, um offene Fragen zu besprechen. Nach den Ausbrüchen gab es Nachbesprechungen mit allen Beteiligten, wir haben uns zusammengesetzt und reflektiert, was gut gelaufen ist und was wir besser machen könnten. 

Was schätzen Sie an Ihrer täglichen Arbeit in der Geflügelmedizin? 

Es macht mir Freude, gemeinsam mit den Betrieben ein Betreuungskonzept zu entwickeln und durchzuziehen. Das funktioniert und die Tiere bringen gute Leistungen. Oft ist das wie Detektivarbeit: Wenn ein Problem in einem Betrieb auftaucht, gibt es einen Auslöser. Sobald er gefunden wird, können nachhaltige und langfristige Lösungen erarbeitet werden. Gibt es zum Beispiel ein Problem, das auf die Futterzusammensetzung oder den Prämix ­zurückzuführen ist, arbeiten wir auch direkt mit den Herstellerbetrieben zusammen. Die Besitzer*innen der Ge­flügelbetriebe tun alles, was in ihrer Macht steht, damit es den Tieren gut geht. 

Dr. Peter Mitsch ist Fachtierarzt für Geflügel und leitet die Tierarzt GmbH Dr. Mitsch in 1110 Wien, eine Spezial­praxis für Geflügel- und Schweinemedizin.