VetPorträt

Detektivarbeit mit großen Tieren

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Angelika Schoster ist Expertin für innere Medizin bei Pferden und verbindet als Direktorin der Pferdeklinik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München) die Bereiche Forschung, Klinik und Lehre.

Anders als menschliche Patienten können Pferde nicht erzählen, welche Beschwerden sie haben – gerade das ist für Schoster eine der spannenden Seiten der Tiermedizin: „Man muss die Symptome, die das Pferd zeigt, richtig lesen und gewissermaßen ein detektivisches Puzzle ­lösen.“ Seit April 2023 ist die gebürtige Öster­reicherin Inhaberin des Lehrstuhls für Pferdemedizin und leitet die Pferdeklinik der LMU.

Tierärztin zu werden war schon immer Schosters Wunsch, und auch die Spezialisierung auf Pferde und ­innere Medizin war für sie schon früh klar. Gleichzeitig war es ihr wichtig, über den europäischen Tellerrand ­hinaus auch internationale Erfahrungen zu sammeln; deshalb ergriff sie die Chance, noch während ihrer Dissertation an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, wo sie auch studiert hatte, an die University of Guelph in Kanada zu gehen. Dort begann sie 2007 eine international anerkannte Fachtierarztausbildung in innerer Medizin, die sie 2011 abschloss (Dipl. ­ACVIM). Ihre Promotion schloss sie 2008 an der Veterinär­medizinischen Universität Wien ab.

Praxis, Forschung und Lehre kombinieren 

Zusätzlich zu ihrer klinischen Ausbildung forschte Prof. Schoster bereits in Wien im Rahmen ihrer Dissertation an Infektionserkrankungen beim Pferd. In Kanada schloss sie neben der klinischen Ausbildung auch ein weiteres dreijähriges Doktoratsstudium (DVSc) im Gebiet der Magen-Darm-Infektionen und Mikrobiota ab. Nach Abschluss der Ausbildung kehrte sie nach Europa zurück und begann an der Universität Kopenhagen in Dänemark einen PhD. „Allerdings habe ich nach einem Jahr erkannt, dass eine reine Forschungsstelle für mich nicht ganz das Richtige ist“, erzählt Schoster. Weil sie Praxis, Lehre und Forschung kombinieren wollte, wechselte sie 2012 als Oberärztin an das Tierspital der Universität Zürich. Dort beendete sie ihren PhD und schloss eine Habilitation an. „Ich habe immer hart gearbeitet für meine beruflichen Ziele, aber ich hatte auch das Glück der Tüchtigen, dass ich solche Chancen bekommen habe“, betont sie.

Probiotika für Pferde

In der inneren Medizin von Pferden spielen neben Lungenkrankheiten und Infektionen vor allem auch Magen-Darm-Erkrankungen eine wichtige Rolle. Im Fokus von Schosters Forschung steht die Darmflora des Pferds – die Tiere sind anfällig für Magen-Darm-Erkrankungen und haben oft Probleme mit Bauchschmerzen, Koliken oder Durchfall. „Das Pferd ist einfach ein bisschen schlecht designt“, sagt Schoster, „und die Haltungs­bedingungen im Vergleich zur freien Wildbahn tun ihr Übriges. Eine Theorie ist, dass es auch mit dem Mikro­biom zu tun hat, dass die Darmflora schnell außer Rand und Band gerät.“ Schoster untersucht, welche Darm­flora überhaupt normal ist, durch welche Stres­soren sie aus dem Gleichgewicht gebracht wird und ob Probiotika möglicherweise helfen können. Inzwischen weiß man, dass beim Pferd völlig andere probiotische Bakterienstämme wichtig sind als beim Menschen. Deswegen geht die Forschung laut Schoster derzeit 
in Richtung von Ansätzen, bei denen nicht einzelne ­Bak­terienstämme eingesetzt werden, sondern ganze Bakteriengemeinschaften.

Privat hat Schoster kein Pferd, sie reitet auch nicht mehr. Sie liebe Pferde und ihre Arbeit und stecke viel Energie in ihren Beruf, sagt sie, im Privatleben genieße sie es aber, auch einmal in einer anderen Welt zu sein und beispielsweise in die Berge zu gehen. An der LMU München reizen sie das interessante Umfeld im Großraum München und die Chance, die Klinik zu gestalten und in diesem Umkreis zu positionieren. Auch in Bezug auf die Forschung bieten sich an der LMU gute Kollabora­tionsmöglichkeiten, ist Schoster überzeugt. Zudem liegt ihr die Ausbildung sehr am Herzen: „Trotz aller Heraus­forderungen liebe ich meinen Beruf, und ich möchte ­diese Liebe an die junge Generation weitergeben.“