Mag. Reinhard Fuchs, Univ.-Doz. DI Dr. Klemens Fuchs
AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
Die Veterinär-Antibiotika-Mengenströme-Verordnung (BGBl. II Nr. 83/2014, zuletzt geändert BGBl. II Nr. 5/2016) bietet die rechtliche Basis für ein System zur Erfassung des Vertriebs und Verbrauchs von Antibiotika im Veterinärbereich in Österreich. Gemäß § 4(2) hat die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) die Aufgabe, einen Bericht über die Auswertung der Daten zu erstellen und über das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zu veröffentlichen.
Die Erfassung der Vertriebsmengen von Tierarznei-spezialitäten, welche antimikrobiell wirksame Substanzen enthalten, wird bereits seit 2010 von der AGES durchgeführt. Bis zum Meldejahr 2013 erfolgte die Datenerhebung auf Basis eines von der European Medicines Agency (EMA) vorgegebenen Excel-Dokuments. Die pharmazeutischen Unternehmen und Pharmagroßhändler meldeten auf diesem Wege jährlich ihre Vertriebsdaten.
Mit dem Inkrafttreten der Antibiotika-Mengenströme-Verordnung (BGBl. II Nr. 83/2014) wurde die Erfassung der Vertriebsdaten neu geregelt. Die pharmazeutischen Unternehmen und Pharmagroßhändler übermitteln ihre Vertriebsdaten über das Portal der Medizinmarktaufsicht (MEA) der AGES (weitere Informationen, siehe www.basg.gv.at/eservices/veterinaer-antibiotika-mengenstromanalyse/) nun direkt an die Datenbank der MEA. Dabei werden die gemeldeten Daten technisch validiert und der Melder erhält unmittelbar eine Rückmeldung, ob z.B. Packungsgrößen korrekt gemeldet wurden. Neben der Anzahl an Packungen muss seit 2014 auch gemeldet werden, an welche tierärztliche Hausapotheke (TÄHAPO) diese verkauft wurden.
Die tierärztlichen Hausapotheken sind seit 2016 verpflichtet, ihre Daten über die Abgabe von Antibiotika des jeweiligen Vorjahres zu melden. In § 7(2) der Antibiotika-Mengenströme-Verordnung ist genau festgelegt, für welche Tierarten eine Meldung zu erfolgen hat. Dadurch ist es nun auch möglich, tierartspezifische Auswertungen auf Basis von Abgabedaten zu erstellen.
Aus den gemeldeten Vertriebs- und Abgabedaten werden die insgesamt vertriebenen und abgegebenen Mengen an Wirksubstanzen berechnet. Die Wirksubstanzen werden dabei in Wirkstoffgruppen nach dem ATCvet-System eingeteilt (www.whocc.no/atcvet/).
In Abbildung 1 ist der zeitliche Verlauf der Vertriebsmengen in Tonnen dargestellt. Im ersten Jahr der Erhebung wurden rund 62 Tonnen an Antibiotika für Nutztiere in Österreich von pharmazeutischen Unternehmen und Pharmagroßhändlern verkauft. In den Jahren 2011 bis 2014 waren die Vertriebsmengen mit 53 bis 55 Tonnen sehr stabil. Im Jahr 2015 kam es erneut zu einer größeren Reduktion der Mengen auf knapp 49 Tonnen, das entspricht einer Reduktion von rund 9% im Vergleich zum Jahr 2014.
Die World Health Organization (WHO) hat die Wirkstoffgruppen Makrolide, Fluorchinolone und die dritte und vierte Generation Cephalosporine als „Highest Priority Critically Important Antimicrobials“ eingestuft (siehe www.who.int/foodsafety/cia/en/). Die Menge dieser drei Gruppen verringerte sich im Jahr 2015 um mehr als 10% (von 5,20 Tonnen im Jahr 2014 auf 4,61 Tonnen im Jahr 2015). Der Anteil dieser drei Gruppen an der Gesamtmenge des jeweiligen Jahres ist mit knapp 10% über die Jahre relativ stabil.
Seit der Umstellung auf das neue Meldesystem (Daten ab 2014) muss im Zuge der Übermittlung der Vertriebsdaten auch gemeldet werden, an welche tierärztliche Hausapotheke wie viele Packungen welchen Tierarzneimittels verkauft wurden.
In Österreich waren mit Stand 31. Dezember 2015 1.737 tierärztliche Hausapotheken gemeldet; davon erhielten 1.666 im Jahr 2015 Tierarzneimittel mit antimikrobiellen Wirkstoffen für Nutztiere. Die Analyse dieser Daten zeigt, dass 95% der Vertriebsmengen an 364 tierärztliche Hausapotheken verkauft wurden. Das sind rund 20% der tierärztlichen Hausapotheken. Umgekehrt bedeutet das, dass rund 80% der tierärztlichen Hausapotheken nur rund 5% der für Nutztiere zugelassenen Antibiotika erhielten.
Seit dem Jahr 2016 sind alle tierärztlichen Hausapotheken verpflichtet, selbstständig oder durch eine autorisierte Meldestelle eine Meldung zu tätigen, sofern sie die Kriterien in § 7(2) der Antibiotika-Mengenströme-Verordnung erfüllen. In diesem Paragraph sind die Tierarten, für welche Abgabedaten zu melden sind, im Detail aufgelistet. Insgesamt sind 599 tierärztliche Hausapotheken der Meldeverpflichtung nachgekommen. Die fehlenden 1.067 tierärztlichen Hausapotheken sind entweder von der Meldeverpflichtung ausgenommen (z.B. reine Pferdepraktiker oder reine Kleintierpraktiker), haben keine Antibiotika abgegeben oder haben nicht gemeldet. Von den oben erwähnten Top 95% (364 tierärztliche Hausapotheken) haben 337 eine Abgabe- bzw. Leermeldung getätigt.
Es wurden insgesamt rund 39 Tonnen an abgegebenen Antibiotika gemeldet. Die Differenz von knapp neun Tonnen zur Vertriebsmengenmeldung lässt sich durch die bereits angeführten Punkte (keine Meldeverpflichtung, keine Abgaben bzw. keine Meldung) erklären.
Hausapothekenführende Tierärzte müssen, neben der abgegebenen Menge, unter anderem auch melden, an welche Tierart und Nutzungsart Antibiotika abgegeben wurden. Rund drei Viertel der Abgabemenge entfällt auf die Tierart Schwein, ca. 17% auf Rind und knapp 7% auf Geflügel (siehe Abbildung 2).
Für eine bessere Vergleichbarkeit unterschiedlicher Tierarten werden die Abgabemengen auf Basis der „Population Correction Unit (PCU)“ hier auch normiert dargestellt. Die PCU wird im Rahmen des „European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption (ESVAC)“ Berichts verwendet, um Antibiotikamengen von Ländern mit unterschiedlichen Nutztierpopulationen miteinander vergleichen zu können (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption, 2016). Die PCU ist eine technische Größe; ein PCU entspricht einem Kilogramm.
Die normierte Abgabemenge für Schwein entspricht 79,2 mg/PCU, für Rind 15,3 mg/PCU und für Geflügel 33,8 mg/PCU. Berücksichtigt man, dass rund neun Tonnen weniger an Abgabemengen als Vertriebsmengen gemeldet wurden, so kann man diesen Anteil von knapp 20% ebenfalls in die normierten Werte einfließen lassen. Dies geschieht unter der Annahme, dass der gesamte fehlende Anteil gleichmäßig auf die drei Tierarten Schwein, Rind und Geflügel entfällt. Damit ergeben sich die hochgerechneten Werte von 98,9 mg/PCU beim Schwein, 19,0 mg/PCU beim Rind und 42,2 mg/PCU beim Geflügel.
In Österreich werden seit dem Jahr 2010 die Vertriebs-mengen von Veterinär-Antibiotika durch die AGES erfasst. In den Jahren 2011 bis 2014 lagen die Vertriebsmengen relativ stabil zwischen 53 und 55 Tonnen. Im Jahr 2015 wurde eine Reduktion von über 9% auf knapp 49 Tonnen festgestellt. Dieser Rückgang ist in erster Linie auf die Aufhebung einzelner Tetrazyklin-Sulfonamid Kombinationspräparate zurückzuführen. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern liegt Österreich bei den normierten Vertriebsmengen (in mg/PCU) im guten Mittelfeld (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption, 2016).
Die hausapothekenführenden Tierärzte mussten 2016 erstmals ihre Abgabemengen für 2015 melden. Damit ist es nun auch möglich, tierartspezifische Auswertungen zu erstellen. Im Jahr 2015 entfiel der größte Anteil der Abgabemengen auf die Tierart Schwein.
Eine ESVAC Arbeitsgruppe hat im Jahr 2016 erstmals eine Liste der „Defined Daily Dose for Animals“ und „Defined Course Dose for Animals“ für die Tierarten Rind, Schwein und Geflügel veröffentlicht. Damit wird es zukünftig möglich sein, tierartspezifische Antibiotikamengen europaweit einheitlich in Dosen umzurechnen (European Medicines Agency, European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption, 2016b).