Ausgabe 09/2023
Wenn Hunde den Kopf zur Seite legen und ihrem Gegenüber mit unwiderstehlichem Charme in die Augen schauen, dann hat dieses Verhalten einen Grund. Was uns die Tiere damit sagen wollen und warum der beste Freund des Menschen so agiert, hat sich ein Forschungsteam genauer angesehen.
Das Kopfneigen beim Hund haben Verhaltensforscher*innen der Budapester Eötvös-Loránd-Universität untersucht und im Fachblatt „Animal Cognition“ beschrieben, dass die Tiere ihre Köpfe zur Seite legen, wenn sie im Gehirn ihnen vertraute Wörter verarbeiten.
Andrea Sommese, Hauptautor der Studie und Tierkognitionsforscher, vermutet Analogien zu menschlichem Verhalten: „Wenn Menschen sich an eine Geschichte oder etwas anderes erinnern, dann neigen sie ebenfalls ihren Kopf zur Seite – dabei entsteht ein geistiges Bild der Sache im Kopf. Womöglich ist es bei Hunden genauso.“
Auch viele Tiere neigen ihren Kopf, wenn sie bestimmte Dinge sehen oder Geräusche und Gerüche um sich herum wahrnehmen. Oft hänge dies damit zusammen, dass sie eines ihrer beider Ohren – oder manchmal ein Nasenloch – bevorzugen, erklärt Sommese.
Doch zumindest in einigen Fällen, in denen Hunde ihren Kopf zur Seite legen, scheinen die Tiere mit diesem Verhalten Informationen verarbeiten zu wollen. Ein Experiment von Sommese und seinen Kolleg*innen untersuchte dazu „hochbegabte“ Hunde, die die Namen von vielen einzelnen Spielzeugen erlernen konnten – ein Kunststück, das für viele Hunde nahezu unmöglich ist. Als die Forschenden das Verhalten der Hochbegabten mit dem von Artgenossen, die nicht auf Spielzeugnamen trainiert werden konnten, verglichen, stellten sie fest: Die begabten Hunde neigten ihren Kopf in 43 Prozent der Fälle, wenn ihre Besitzer*innen den Namen eines der Spielzeuge ausriefen; bei den durchschnittlich intelligenten Hunden geschah dies nur in zwei Prozent der Fälle.
Beim Kopfneigen entsteht ein mentales Bild
Die Forschenden machten dabei eine weitere interessante Beobachtung: Die begabten Hunde legten ihren Kopf immer zur selben Seite, unabhängig davon, wo ihr/e Besitzer*in stand. Demnach hilft das Verhalten nicht dabei, ein Geräusch oder eine Stimme zu lokalisieren, sondern den Ton zu verarbeiten und ihn mit einem mentalen Bild zu verknüpfen, so Sommese.
Die Vermutung liegt nahe, dass normal begabte Hunde nicht auf Namen bestimmter Spielzeuge reagieren, da sie damit keinen Namen verbinden und somit auch keine Erinnerung abrufen können. Doch womöglich reagieren sie mit einer Kopfneigung auf etwas, was für sie von Bedeutung ist – beispielsweise die Aussicht auf einen Leckerbissen oder einen Spaziergang. Diesbezüglich werden noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden müssen.
Quelle: https://link.springer.com/article/10.1007/s10071-021-01571-8