Mag. Silvia Stefan-Gromen
Ausgabe 07-08/2021
Erstmals haben Forscher am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) Zuckerketten synthetisiert, die den Hüllen der vier Hauptvariationen des Bakteriums Streptococcus suis entsprechen.
Dies ist ein wichtiger erster Schritt für die Entwicklung von Glykokonjugat-Impfstoffen gegen den Erreger, der insbesondere bei Schweinen vorkommt. Einmal im Schweinestall angekommen, verbreitet sich Streptococcus suis rasant, was Betriebe regelmäßig vor große Probleme stellt. Das Bakterium kann Erkrankungen wie Hirnhaut-, Lungen- oder Herzbeutelentzündungen hervorrufen, die nicht selten zum Tod führen. Zudem begünstigt es die Ferkelsterblichkeit.
Die Behandlung erfolgt ausschließlich durch Antibiotika, da es bisher keinen wirksamen kommerziellen Impfstoff gegen diesen Keim gibt. Als Zoonoseerreger kann Streptococcus suis auch auf den Menschen übergehen.
Während Glykokonjugat-Impfstoffe beim Menschen sehr erfolgreich gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ b zum Einsatz kommen, bleiben sie für Tiere eine weitgehend unerforschte Möglichkeit. Dies könnte sich nun ändern: Ein Forscherteam um Prof. Dr. Peter H. Seeberger hat eine Sammlung von 30 neuartigen Mehrfachzuckern (Oligosacchariden) hergestellt, die den Zuckeroberflächen der vier Hauptserotypen 2, 3, 9 und 14 des Bakteriums Streptococcus suis ähneln. „Chemisch können wir relevante Zuckerstrukturen von Krankheitserregern wie Streptococcus suis in wenigen Stunden nachbauen und damit Impfstoffkandidaten herstellen. Diese zielen darauf ab, die Immunabwehr, die auf Mehrfachzucker von Krankheitserregern spezialisiert ist, anzuregen, Antikörper zu produzieren“, sagt Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme am MPIKG. Komplexe Zucker wie Glykane umhüllen die meisten Zellen und bilden die Grundlage für Impfstoffe gegen Bakterien, Parasiten und Viren. „Derzeit bereiten wir Challenge-Studien an Schweinen vor, um wirksame Impfstoffe zu entwickeln, die in erster Linie Schweine, aber auch Menschen, die in der Schweineindustrie arbeiten, schützen und gleichzeitig den Einsatz von Antibiotika reduzieren“, sagt Shuo Zhang, Erstautor der Studie.
Eine Sammlung von 30 Oligosacchariden wurde synthetisiert. Die synthetischen Glykane wurden auf Array-Oberflächen gedruckt, um Glykan-Microarrays zu erstellen. Anschließend wurden die Seren von Schweinen, die mit dem Bakterium infiziert waren, auf Antikörper gegen die Glykane untersucht. Dabei entdeckten die Forscher spezifische Mehrfachzucker (Glykan-Epitopen), die nun die Grundlage für die weitere Impfstoffentwicklung darstellen.