Es sind jetzt schon über 20 Jahre seit Ihrer Emeritierung vergangen. Waren Sie nach dem offiziellen Beginn Ihres Ruhestands „wirklich ruhig“ oder noch in weiteren Projekten beruflich aktiv?
Meine Emeritierung kam genau zur selben Zeit wie der Umzug der Vetmeduni Wien von der Linken Bahngasse an den neuen Standort in Floridsdorf. Ich habe noch eingepackt, bin aber nicht mehr in das neue Institut übersiedelt. Damit war ein gewisser Schnitt gegeben. Abgesehen von meiner Tätigkeit als Vorstand des Instituts für Medizinische Physik an der Vetmeduni Wien war ich in zahlreichen Bereichen zwischen Medizin und Physik engagiert.
Diese Aufgaben sind nicht abrupt mit meiner Emeritierung zu Ende gegangen. Da gibt es zum einen die Winterschule, das ist eine Institution, die jährlich eine zweiwöchige Ausbildung für Medizinphysiker und Ärzte anbietet, die ich mit einem Hamburger Kollegen vor 30 Jahren ins Leben gerufen habe. Weiters bin ich Ehrenmitglied und im Vorstand der Gesellschaft für Medizinische Physik und im Strahlenschutzverband. Auf diese Weise bin ich mit meinen beruflichen Themen noch immer verbunden, was ich sehr schätze.
Konnten Sie Ihre Pension von Anfang an genießen oder gab es eine Art Pensionsschock?
Es gab keinen Pensionsschock. Ich mag diesen Begriff nicht, denn ich führe ein Leben, in dem ich meine Interessen weiter betreiben kann. Der berufliche Ruhestand ist eine Zeit der Veränderung mit neuen Aktivitäten und Schwerpunkten. Das Leben bietet so viele Möglichkeiten, es liegt an jedem selbst, welche davon man wahrnimmt. Derzeit interessiert mich die Verbindung von Kunst und Medizin, die Neuroästhetik. Eine Publikation von mir zu diesem Thema erschien vor Kurzem in der wissenschaftlichen Zeitung „Spektrum der Augenheilkunde“.
Sie haben Physik studiert, das war in der damaligen Zeit kein übliches Fach für eine Frau. Wie ist es Ihnen ergangen? Gab es Probleme mit männlichen Kollegen?
Ich hatte nirgendwo Schwierigkeiten, weil ich eine Frau bin, weder als Studentin noch danach im Berufs-leben. Wenn man sich im Umgang mit männlichen Kollegen sachlich verhält und seinen Tätigkeiten nachgeht, gibt es keine Probleme; diese Erfahrung habe ich in meiner langjährigen beruflichen Zeit gemacht. Ich war über viele Jahre die einzige Frau im Professorenkollegium und es war eine wunderbare Zusammenarbeit mit meinen Kollegen, für die ich mich bei dieser Gelegenheit bedanken möchte.
Sie waren über 30 Jahre lang Vorstand des Instituts für Medizinische Physik an der Vetmeduni Wien. Wie kam es dazu?
Ich war zehn Jahre lang Assistentin von Professor Hauer, der das Institut für Medizinische Physik an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien gegründet hat. Dann wurde die Medizinische Physik auch an der Vetmeduni ausgeschrieben, ich habe mich beworben und die Position erhalten. Ab diesem Zeitpunkt war die Medizinische Physik gleichrangig im Professorenkollegium der Vetmed-uni vertreten.
Wie war die Personalsituation an Ihrem Institut?
Begonnen habe ich mit einer Viertel-Raumpflegerin – zum Schluss umfasste mein Mitarbeiterstab elf Personen, darunter fünf Akademiker.
Welche Aufgabenbereiche haben Sie mit besonders viel Freude erfüllt, welche waren weniger angenehm?
Ich habe alle meine Aufgaben gerne und mit großer Freude gemacht.
In Ihre Zeit als Universitätsvorstand fiel die Umweltkatastrophe von Tschernobyl. Wie haben Sie das erlebt? Welchen Beitrag hat Ihr Institut damals geleistet?
Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium haben wir eine Aufklärungskampagne für die Bevölkerung gestartet. Ich habe mit meinem Team ein Sofortprogramm erarbeitet, das noch heute in einem Primärkatalog für ähnliche Zwischenfälle Gültigkeit hat. Durch Tschernobyl haben die Tierärzte erkannt, dass man die Physik zu etwas brauchen kann. Vorher war die Bedeutung der Physik nicht so klar. Nach der Umweltkatastrophe von Tschernobyl haben wir am Institut die Radioaktivität in der Luft gemessen und Prognosen erstellt, wo sie noch ansteigen wird. Den Tierärzten haben wir Empfehlungen gegeben, welche Tiere wo ins Freie dürfen und welches Futter sie bekommen sollen. Des Weiteren haben wir die Strahlenbelastung tierischer Lebensmittel untersucht. Die Bedeutung der Physik für Mensch und Tier wurde damals greifbar.
Sie sind auch begeisterte Malerin. Wann haben Sie begonnen, sich mit der Malerei zu beschäftigen?
Nach meiner Emeritierung verfügte ich über neu gewonnene Zeit und habe zunächst einen Malkurs auf der Kürsingerhütte belegt. Da konnte ich meine Begeisterung für das Bergsteigen mit der Malerei verbinden. Ich habe das Handwerk der Malerei ganz klassisch mit dem Zeichnen von Flaschen erlernt und bin dann zu meinen Themen übergegangen.
Wo holen Sie sich Ihre Inspirationen?
In den Bergen, weil ich Bergsteigerin bin, aber auch in der Literatur und in kritischen Situationen der heutigen Zeit. Aktuell arbeite ich an einer Installation mit Scherben, der der Gedanke „Scherben unserer Gesellschaft“ zugrunde liegt.
Stellen Sie Ihre Werke auch aus?
Ja, aber ich bin da sehr wählerisch. Seit vielen Jahren bin ich Mitglied des Österreichischen Ärztekunstvereines und nehme an Gemeinschaftsausstellungen teil. Über das VETART-Kunstforum sind auch einige meiner Bilder in der ÖTK ausgestellt. Besonders freut mich, dass ich von einer Innsbrucker Galerie gebeten wurde, mich mit vier meiner Bilder an einem Bildband zum Thema „Zeitgenössische Kunst“ zu beteiligen. Dieses Buch wird in Galerien und auch in der Albertina aufliegen. Das sehe ich als große Anerkennung.
Gibt es weitere Tätigkeiten, die Sie begeistern?
Nach der Emeritierung habe ich mit dem Golfspielen begonnen und dies auch mit Reisen nach Schottland, Teneriffa und zu anderen schönen Plätzen verbunden. Golfen ist kein Spaziergang, sondern eine Herausforderung. Mich hat das Golfen gelehrt, Hochs und Tiefs zu akzeptieren, daraus zu lernen und daran zu wachsen. Golfen ist eine starke mentale Schulung.