Welche Auswirkungen hat COVID-19 auf die Tierärzteschaft?

Eine Umfrage der ÖTK

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Die Ergebnisse der ÖTK-Umfrage zeigen, dass TierärztInnen hohe Eigenverantwortung tragen, ihre Systemrelevanz und Verantwortung erkannt haben. Dennoch muss der achtsame Umgang mit der Pandemie weiterhin aufrechtbleiben.

Um die unmittelbaren und mittelfristigen Auswirkungen der Coronakrise besser verstehen zu können, befragte der Österreichische Tierärzteverlag im Auftrag der Österreichischen Tierärztekammer österreichweit 3.700 TierärztInnen dazu, wie sie mit den Herausforderungen während des Lockdowns umgegangen sind. Im Zeitraum von 9. April bis 10. Mai 2020 antworteten 760 TierärztInnen (20 % der Befragten) auf 34 Fragen zu den Themen­blöcken Persönliches, Schutzmaßnahmen und Praxistätigkeit, Einkommenssituation, Unterstützung und Zukunft.

Es antworteten deutlich mehr Tierärztinnen (62,5 %) als Tierärzte (36,6 %), der Großteil der TeilnehmerInnen war im Alter zwischen 41 und 60 Jahren und führte eine Kleintierpraxis (53,2 %). Rund 20 % der TeilnehmerInnen hatten eine Gemeinschaftspraxis. Die Umfrageteilneh­merInnen teilten sich in 90 % Selbstständige und 21 % Angestellte auf. Die meisten Antworten kamen aus Niederösterreich und Wien, gefolgt von Oberösterreich und der Steiermark. Die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen schätzten rund 60 % der Befragten als sehr wichtig ein, 30 % antworteten mit „eher wichtig“. Ihre Praxis­tätigkeit schränkten 31 % der Befragten aufgrund des Coronavirus gar nicht ein, 27 % mussten bis zu ein Viertel ihrer Tätigkeit zurückfahren und 23 % schränkten ihre berufliche Tätigkeit bis zur Hälfte ein. Dem standen vergleichsweise geringe 5,7 % gegenüber, die ihre Tierarztpraxis zwischen 76 % und 100 % einschränkten. Auch die Praxisöffnungszeiten wurden vom Großteil der UmfrageteilnehmerInnen (57,5 %) nicht eingeschränkt – dem standen 16,6 % der Befragten gegenüber, die angaben, ihre Öffnungs­zeiten um bis zu ein Viertel reduziert zu haben.

Aufgrund von zu wenig Kundschaft mussten lediglich 2,6 % der TeilnehmerInnen ihre Praxis schließen, normal geöffnet hielten rund 42 %. 53 % konnten ihren Betrieb unter Auflagen weiterführen. Auf die ausschließliche Behandlung von Akut- und Notfallpatienten beschränkten sich rund 25 % der TierärztInnen, wobei der Großteil mit 75 % auch andere tierärztliche Tätigkeiten durchführte – dazu zählten u. a. Kastrationen (53,5 %) und Impfungen (rund 58 %). Jene UmfrageteilnehmerInnen, die in einer Pferdepraxis tätig sind (9,5 %), gaben an, aus wirtschaftlichen Gründen (10 %) weiterhin Routinetätigkeiten durchzuführen, dazu zählen u. a. Impfungen (rund 16 %) und Kastrationen (7 %). UmfrageteilnehmerInnen, die in einer Nutztierpraxis tätig sind (18,4 %), gaben an, aus wirtschaftlichen Gründen (14,2 %) Routinetätigkeiten wie Impfungen, Kastrationen, Enthornungen und Sterilitätsbehandlungen durchführen zu müssen. Hinzuzufügen ist, dass im Durchschnitt 20 % angaben, diese Tätigkeiten später aus Tierschutzgründen oder fehlender Greifbarkeit der Tiere (Weideaustrieb) oder aus fachlichen Gründen nicht mehr durchführen zu können. Weiters gaben 23 % dieser TierärztInnen an, die Routinetätigkeiten weiterzuführen, da sonst den Landwirten wirtschaftliche Einbußen entstehen würden.

Einen Pandemieplan in der Tierarztpraxis hatten rund 50 % der Befragten – die andere Hälfte hatte keinen. Die Verantwortung, die Schutzverpflichtungen einzuhalten und damit für die menschliche Gesundheit zu sorgen, ist unter den Befragten mit rund 70 % sehr hoch und mit 23,5 % eher hoch. Die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen reichten von der telefonischen Voranmeldung (rund 80 %) und der Bereitstellung von Desinfektionsmittel (rund 70 %) über die Aufforderung an die Kunden, Schutzausrüstung (Schutzmasken und Handschuhe) zu tragen (rund 70 %), bis dahin, diese auch selbst zu tragen (rund 75 %). Diese Maßnahmen wurden ergänzt durch strengere Hy­gienemaßnahmen (bei rund 50 %) und strengere Reinigungsmaßnahmen (60 %). Mehr als die Hälfte gab an, die Abstandsregeln zu beachten, und 66 % achten laut Umfrage darauf, dass sich nur eine begrenzte Anzahl an Personen in der Praxis aufhält.

Auf die Frage, ob ausreichend Schutzausrüstung vorhanden sei, antworteten rund 50 % mit „ausreichend“, rund 5 % mit „mehr als genug“. Rund 38 % gaben an, über zu wenig Schutzausrüstung zu verfügen – rund 3 % hatten gar keinen Schutz mehr. Die Befürchtung, sich mit dem Coronavirus anzustecken, war beim Großteil der TeilnehmerInnen eher gering (rund 53 %) und bei 18 % sehr gering, wohingegen rund 20 % die Wahrscheinlichkeit mit „eher hoch“ und 2,4 % sie mit „sehr hoch“ einschätzten. Der Großteil (80 %) sieht sich nicht als Teil der Risikogruppe. Ihre Kunden schätzten die TierärztInnen zu bis zu einem Drittel als Angehörige einer Risikogruppe ein.

Personelle Auswirkungen: Rund 23 % der TierärztInnen nehmen selbst Kurzarbeit in Anspruch bzw. mussten ihre MitarbeiterInnen in Kurzarbeit schicken. Bei rund 25 % der Praxen war die personelle Besetzung vorübergehend durch Urlaub, Freistellung oder Abbau betroffen. Rund 17 % der TeilnehmerInnen arbeiten derzeit in getrennten Teams und wechseln sich täglich ab. Rund 35 % gaben an, dass die Krise keine personellen Auswirkungen für sie oder ihre MitarbeiterInnen habe.

Die Kinderbetreuung bzw. Homeschooling schafften 14 % der TierärztInnen laut eigener Angabe „sehr gut“, 16 % gaben „gut“ an. Rund 16 % gaben an, mäßig bis gar nicht gut mit der Situation zurechtzukommen. Dem standen rund 40 % gegenüber, die keine Kinder haben, bzw. rund 16 %, die zu diesem Thema keine Angaben machten.

Als Einkommensquellen gaben 80 % die Kleintierpraxis an, rund 30 % die Nutztierpraxis, rund 18 % die Pferdepraxis, rund 15 % die kleine SFU und rund 11 % die große SFU. Die amtliche Beauftragung folgte mit 5 %, die amts­tierärztliche Tätigkeit mit 1 %.

Auf die Fragen nach Umsatzeinbußen aufgrund des Coronavirus antworteten 27 % mit „Nein, bis jetzt noch nicht“, wohingegen rund 30 % etwa ein Viertel und rund 25 % etwa bis zur Hälfte an Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatte. Die wirtschaftlichen Aussichten nach der Corona­krise beurteilen 37 % der Befragten mit „gut“ und 28 % mit „befriedigend“; jeweils rund 13 % sehen die Lage sehr gut bzw. eher schlecht. Die wirtschaftliche Situation des tierärztlichen Berufsstands nach der Coronakrise wird von rund 40 % der Befragten als gut bezeichnet, 37 % sagen „befriedigend“, rund 11 % sind pessimistisch („eher schlecht“).

Auf die Frage nach staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten machten 33 % keine Angaben, rund 5 % finden diese sehr gut, 21 % gut und 17 % befriedigend. Fast 55 % haben keine staatlichen Förderungen in Anspruch genommen. Rund 54 % der TierärztInnen sehen gar keine Auswirkungen von Covid-19 auf ihre Praxis, rund 22 % beanspruchen das Covid-Kurzarbeitsmodell und jeweils rund 11 % nutzen Stundungsmöglichkeiten bzw. den Härtefallfonds. Die Möglichkeit, dass die Österreichische Tierärztekammer die wirtschaftlichen Auswirkungen abfedern könnte, schätzen der Großteil der Befragten mit 31,5 % bzw. rund 28 % mit eher schlecht bzw. sehr schlecht ein. 18,5 % machten dazu keine Angaben.

Die berufliche und persönliche Situation schätzen rund 17 % der Befragten als sehr gut, 46 % als gut und 28 % als befriedigend ein. Auch die kurz- bis mittelfristigen Auswirkungen auf den Berufsstand werden mit rund 54 % als „mäßig“ oder mit 25 % als „kaum“ beurteilt – 13 % sagten hingegen, dass es starke Auswirkungen gebe. Abschließend antworteten 70 % der UmfrageteilnehmerInnen mit „Ja“, wenn es darum ginge, sich im Rahmen einer geplanten Tierärzte-Screeningstudie freiwillig einer Covid-19-PCR und -Antikörpertestung zu unterziehen.

Servicetipp: Als Unterstützung für Ihren sicheren Ordinations-betrieb hat die ÖTK eine Infobroschüre veröffentlicht, die einen guten Überblick über empfehlenswerte Schutzmaßnahmen gibt. Kostenloser Download unter: www.tieraerztekammer.at