Die vielen Facetten von Tiertransportkontrollen –

ein Überblick

Mag. med. vet. Stephan Hintenaus
Amt der Oö. Landesregierung
Tiertransportinspektor

Bei den Neuerungen im Tiertransportgesetz wurden 2022 vor allem Bestimmungen für den landwirtschaftlichen Nutztiertransport verschärft. Man sollte aber nicht nur Schlacht- und Nutztiertransporte, sondern Tiertransporte allgemein und umfassend betrachten.

Neben dem landwirtschaftlichen Bereich werden aus verschiedensten Gründen auch unterschiedlichste andere Tiere transportiert: Fische, Vögel, Pferde, Hund und Katz, Heimnager, Zootiere; Transporte zu Tierhandlungen und Gnadenhöfen, Versuchstiere, Rassetiere, Liebhabertiere und so weiter und so fort. Es wird zwar landläufig angenommen, dass Tierbesitzer*innen mit eigenen Tieren sorgsamer umgehen als vielleicht Angestellte von Schlachthöfen oder landwirtschaftliche Helfer*innen – doch nach 15 Jahren Erfahrung bei Tiertransport­kontrollen auf der Straße kann ich das so nicht bestätigen.

Jedes Leben ist gleich viel wert – Transportfähigkeit im Fokus

Angst, Schmerzen und Leid: Diese Zustände sind nicht an den pekuniären Wert eines Tiers gebunden und müssen stets verhindert werden. Es muss der Grundsatz gelten, besagte Zustände immer zu vermeiden, egal ob beim ­Umgang mit zahlreichen Masthühnern, mit einzelnen Kälbern, mit teuren Sportpferden, mit unseren Haustieren oder mit Zootieren. Dem Begriff der „Transportfähigkeit“ wird in diesem Zusammenhang große Aufmerksamkeit geschenkt. Sehr detailliert ist die Transportfähigkeit bei den landwirtschaftlichen Nutztieren beschrieben. Dies ist unter anderem auf die europäischen Initiativen rund um die EU-Verordnung 01/2005 zum Schutz der Tiere beim Transport zurückzuführen. Zahlreiche Details, Informationen, Filme und Merkblätter finden sich hierzu auf der Homepage der Europäischen Kommission. Bei Fragen zur Transportfähigkeit von Tieren spielen Tierärzt*innen  eine bedeutende Rolle – sie können am besten beurteilen, wie sich das Ver- und Entladen bzw. der Transport auf die Empfindungen und den Zustand von Tieren auswirken. Die EU-VO 01/2005 regelt Transporte von Wirbeltieren in wirtschaftlicher Absicht; Österreich geht hier einen Schritt weiter: Im österreichischen Tierschutzgesetz (TSchG) wird den Themen „Allgemeine Bedingungen, Transportfähigkeit, Transporttechnik und Transport­praxis“ in Paragraf 11 umfassend Raum gegeben, v. a. für den Fall, dass die Transporte inklusive Ver- und Ent­ladevorgängen nicht in den Geltungsbereich der EU-VO 01/2005 bzw. des Tiertransportgesetzes 2007 fallen. Somit sind Kontrollen und Maßnahmen bzw. Sanktionen nicht an die Wirtschaftlichkeit eines Tiertransports gekoppelt, was das Kontrollieren auf der Straße durchaus erleichtert.

Tiertransport und Tierethik

Doch bevor wir auf die verschiedenen Facetten der Tiertransporte genauer eingehen, möchte ich die Rolle der Tierärzt*innen auch vor dem Hintergrund der Tierethik beleuchten: In der November-Ausgabe des Vetjournals 2022 zum Thema Ethik wurde auf die Herausforderungen in der Kleintierpraxis eingegangen, inwieweit weiterführende, teils kostenintensive diagnostische Maßnahmen und Therapien zielführend und zumutbar sind. Auch der Transport von kranken, schwachen und verletzten Heimtieren ist an die Zumutbarkeit geknüpft: Transporte, die unter Anleitung eines Tierarztes bzw. einer Tierärztin unmittelbar in eine oder aus einer Tierarztpraxis oder -klinik erfolgen, sind dezidiert aus der EU-VO 01/2005 (Kap. 1, Art. 1 – Geltungsbereich) ausgenommen. Tierschutz­gesetz und Tiertransportgesetz interpretiere ich hier sinngemäß: Mit dem Ziel, Leid und Schmerzen zu lindern, denke ich, dass derartige Transporte (fast) immer zumutbar sind. Der erwähnten tierärztlichen „Anleitung“ sollte jedoch in Zeiten einer zunehmender Anzahl an Überweisungs- und Spezialkliniken besonderes Augenmerk geschenkt und mit den Patientenbesitzer*innen auch besprochen werden. Als gutes Beispiel ist hier das herausfordernde Verbringen von Kolikpatienten im Pferdebereich zu erwähnen.

Tiertransport und Tierseuchen

Beispiele bei Geflügel (Geflügelpestverbreitung durch illegalen grenzüberschreitenden Transport) oder beim Schwein (Afrikanische Schweinepest bei Kleinhaltungen) zeigen das Risiko von Krankheits- und Seuchenverschleppung auf. Auch aus dem Pferdebereich (z. B. Herpesvirus) oder bei Hundetransporten (z. B. Parvovirose) sind diese Themen bekannt; an dieser Stelle könnte man bei jeder Art von Tiertransporten auf einzelne potenzielle Gefahren von Krankheits- und Seuchenübertragungen eingehen. Daher widmet sich das österreichische Tiertransportgesetz neben dem Tierschutz auch dem Thema Seuchenvermeidung – Tiertransportkontrollen haben also nicht nur das Wohlbefinden der Tiere zum Ziel, sondern auch die Prüfung der Plausibilität von Verbringungen bzw. die Überprüfung der Herkunft und des Bestimmungsorts. Dies erfolgt v. a. durch Dokumentenkontrollen bei Anhaltungen. Speziell beim grenzüberschreitenden Tierverkehr ist es wichtig, die notwendigen Bedingungen einzuhalten; nicht jeder dieser grenzüberschreitenden Transporte wird den zuständigen Behörden gemeldet, oft auch aus Unwissenheit. Detaillierte Fälle beim Transport von Therapieschweinen, bei geretteten Hunden und Katzen, bei Schafen und Ziegen in kleinen Anhängern, bei Wattvögeln oder Tauben im Kleintransporter, bei Zierfischen in Schachteln, bei Geflügel-Sonderrassen u. v. m. bestätigen die Notwendigkeit der Straßenkontrollen.

Die Tätigkeiten als Tiertransportinspektor

Die Aufgaben als Tiertransportinspektor sind genauso wie die der Amtstierärzt*innen eine Sachverständigentätigkeit für die zuständigen Behörden im Rahmen von Kontrollen. In Oberösterreich werden Tiertransportkontrollen gemeinsam mit der Polizei durchgeführt. Dies ermöglicht, neben den essenziellen Themen Wohlbefinden, Tierschutz, Krankheiten und Seuchen auch die „indirekten“ Bereiche von Transporten zu kontrollieren. So führen das Überschreiten von Lenkzeiten, der desolate Zustand eines Fahrzeugs oder das unsichere Verwahren von Tieren während der Fahrt (z. B. Hunde am Schoß des Fahrers oder ungesichert auf der Hutablage eines Pkws) sehr wohl zum Einschreiten der zuständigen Behörden. Speziell das Umladen von Tieren aufgrund einer Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrzeugs (z. B. desolate Bremsen) ist vermeidbar, da man den Zustand des Fahrzeugs genauso wie den Zustand des Tiers vor Fahrtantritt beurteilen muss. Umfassende Kontrollen werden bei geplanten Kontrollschwerpunkten gemeinsam mit Polizei und Verkehrstechniker*innen durchgeführt. Dabei werden in nicht diskriminierender Weise sowohl private als auch wirtschaftliche und gewerbliche Tiertransporte umfassend unter die Lupe genommen. Hinzu kommen spezielle Polizeistreifen, die v. a. in den Nachtstunden auf bekannten Routen Tiertransport-kontrollen durchführen, und natürlich Kontrollen beim Entladen von Tieren auf Schlachthöfen bzw. bei zugelassenen Sammeleinrichtungen und Veranstaltungen wie Viehversteigerungen, Ferkelmärkten oder Tierschauen.

Ausbildung ist notwendig und wichtig

Gesetzliche Bestimmungen machen spezielle Schulungen notwendig. Die Ausbildung zum personenbezogenen Tiertransport-Befähigungsnachweis wird sowohl von der Landwirtschaft (z. B. LFI) als auch von der Wirtschaft (z. B. Wifi) angeboten. Das Wifi OÖ bietet regelmäßig Kurse an, in denen auch das Langstreckenmodul (über acht Stunden Transportdauer) vermittelt wird und Teilnehmer*innen aus ganz Österreich zu finden sind. Hinzu kommen Schulungen angehender Polizist*innen (Polizeischule) bzw. die Weiterbildung der Fach-Exekutive. Tiertransport-Weiterbildungsmaßnahmen finden regelmäßig mit Schlacht- sowie Fleischuntersuchungstierärzt*innen (SFU) statt, genauso wie bei einzelnen Organisationen und Vereinen, z. B. Zuchtverbänden, Erzeugergemeinschaften, Kleintierzuchtvereinen, Tiergärten, Gatterwildhaltern, Schlachthöfen, Landwirtschaftlichen Fachschulen etc.

Zusammenfassung

Es gibt weit mehr Formen von Tiertransporten als nur den in der Öffentlichkeit oft erwähnten landwirtschaftlichen Transport von Schlacht- und Nutztieren. Mit jedem Tier muss sorgsam umgegangen werden; dies hängt nicht vom Wert des Tiers ab. Tierärzt*innen spielen mit ihrem Fachwissen eine wichtige Rolle bei Information, Beurteilung und Kontrolle. Die rechtliche Basis für Tiertransporte ist sowohl im EU-Recht als auch im nationalen Recht verankert und stellt eine Querschnittsmaterie aus Vorgaben zu Tierschutz, Tiertransport, Tierseuchen und Tiergesundheit mit zahlreichen Detailbestimmungen in Fachverordnungen (z. B. Desinfektionsmaßnahmen in der Geflügelhygieneverordnung) dar. Für umfassende Kontrollen kommen noch Themen wie Ladungssicherung, der technische Zustand von Fahrzeugen, kraftfahrrechtliche Bestimmungen etc. hinzu. Die Kombination von gemeinsamen und koordinierten Kontrollen von Polizist*innen, Techniker*innen und Tiertransportinspektor*innen hat sich in Oberösterreich in den letzten 15 Jahren bewährt.


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