Tier-ernährung:

TiHo Hannover: Forschende untersuchen, wie Schweine umweltschonender gefüttert werden können.

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Schwein ist nicht gleich Schwein. Es gibt Tiere, die nehmen mehr Futter auf, als sie sollten, für andere wiederum ist das Futter nicht gehaltvoll genug für eine optimale Leistung.

Dennoch orientiert sich die Fütterung bisher an einem „Durchschnittstier“. Das hat zur Folge, dass einige Schweine in der Mast nicht optimal gefüttert werden: Die Überversorgten setzen zu viel Fett an, die Unter­versorgten wachsen langsamer. Mit dem Projekt Resafe-Pig möchte eine Forschungsgruppe aus dem Institut für Tierernährung und der Klinik für kleine Klauentiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) sowie dem Institut für Landtechnik der Universität Bonn das ändern. Ihr Ziel ist es, die Schweine ihrem Typ entsprechend zu erkennen und individueller als bisher zu füttern.

Das Konzept von RESAFE-Pig

„Der Ansatz birgt ein ungemein großes Potenzial, Nährstoffe einzusparen und gleichzeitig Stickstoffemissionen zu verringern“, erklärt Professor Dr. Christian Visscher, Leiter des Instituts für Tierernährung, der das Projekt gemeinsam mit Professor Dr. Karl-Heinz Waldmann, Leiter der Klinik für kleine Klauentiere, leitet.

Ein Mastschwein frisst während der Mastperiode 275 Kilogramm Futter, darin enthalten sind etwa sieben Kilogramm reiner Stickstoff. Stickstoff befindet sich in allen Aminosäuren, die wiederum die Proteine bilden. Den Stickstoff, den die Schweine mit den Proteinen im Futter aufnehmen, setzen sie in Teilen in Körpersubstanz an. Eine zu große Menge wird aber wieder ausgeschieden – der Stickstoff gelangt in die Gülle und damit in die Umwelt.

„Um diese Ausscheidung zu verringern, möchten wir den tatsächlichen Bedarf möglichst tierindividuell ermitteln und die Fütterung der einzelnen Tiere darauf ausrichten“, erklärt Dr. Cornelia Schwennen vom Institut für Tierernährung der TiHo. „Ein dickeres Schwein erhält in unserem Projekt deshalb mehr faserhaltiges Futter. Durch diesen höheren Faseranteil in der Ration stellt sich so bei den Tieren schneller ein Sättigungsgefühl ein, wodurch sie automatisch weniger fressen“, so Schwennen. Den Bedarf der Tiere ermittelt das Team, indem es die Körperzusammensetzung beurteilt. Bisher war dies nur mit einer Ultraschall- oder einer computertomographischen Untersuchung möglich, zukünftig möchten die Forschenden dafür im Stall 3D-Kameratechnik einsetzen. Dr. Bernd Reckels vom Institut für Tierernährung erklärt, wie das geht: „Die Tiere passieren im Stall eine Schleuse, in der die Tiere mit der 3D-Technik vermessen und gewogen werden. Eine Software erkennt das Schwein und sortiert es, seinem Typ entsprechend, einem Fressbereich zu.“

Das Konzept ermöglicht es, die Tiere in Großgruppen zu halten und sie dabei gezielt zu füttern. Wann und auch wie viel sie fressen, entscheiden die Tiere selbst. Sie können sich frei im Stall bewegen und wählen, ob sie sich im ­Ruhe-, Aktivitäts- oder Fressbereich aufhalten möchten. Zusätzlich ist der Stall ausgestattet mit vielen Beschäftigungsmöglichkeiten, etwa einer Suhle, Bürsten und Kaumaterialien. Visscher betont die Vorteile: „Da die Tiere nicht mehr zu große Mengen an Nährstoffen aufnehmen, gelangen weniger Stickstoffemissionen in die Umwelt. Zusätzlich werden Futterressourcen gespart und die Haltung wird verbessert.“ Um das Futter an die verschiedenen Typen von Mastschweinen anzupassen, setzen die Forschenden einheimisch angebaute Faserquellen ein, sogenannte Ganzpflanzensilagen, die beispielsweise Getreide oder Mais enthalten.

Das hat einen positiven Nebeneffekt: Die Faser führt zu einer lang anhaltenden Sättigung der Schweine. Das bedeutet, dass sich mit einem höheren Faseranteil gleichzeitig die Höhe der Futteraufnahme reduziert, ohne dass sich das negativ auf das Tier auswirkt, sie also beispielsweise nicht hungrig sind. „Außerdem wird durch den Einsatz von Fasern die Fermentation im Dickdarm gefördert und der überschüssige Stickstoff bakteriell gebunden, sodass dieser letztendlich nicht ungehindert in die Luft emittiert wird“, sagt Schwennen. Die Untersuchungen zeigen, dass die Emissionen durch den erhöhten Einsatz von Rohfasern in der Fütterungsration um bis zu 40 Prozent reduziert werden können.

Einen Film zum Projekt finden Sie unter
www.youtube.com/watch?v=tBxEWymdbdY