Therapiepferde lernen,

mittels Schnauben zu kommunizieren

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Therapiepferde können lernen, Schnauben als Veto- und Kooperationssignal einzusetzen und so Stress zu reduzieren – das zeigt eine Pilotstudie österreichischer und Schweizer Forscherinnen und Therapeutinnen vom ­Wiener Therapiezentrum Lichtblickhof. Wie sie im ­Fach­journal „Human-Animal Interactions“ berichten, kommunizierten die Pferde nach mehrmonatigem Training mittels Schnauben und die Therapeuten konnten entsprechend reagieren. Die Tiere waren dadurch deutlich entspannter.

Allein im deutschsprachigen Raum nehmen der Studie ­zufolge mehr als 1.600 Pferde an verschiedenen therapeutischen Programmen teil. Studien über pferde­gestützte Therapie hätten sich bisher vor allem auf deren Effekte auf Patient*innen konzentriert, nur in wenigen Arbeiten seien die Auswirkungen auf die Pferde selbst untersucht worden bzw. fehlen Untersuchungen zu konkreten Methoden, um Pferde im therapeutischen Setting optimal zu begleiten, schreiben Anna Naber, Magdalena Völk und Roswitha Zink vom Lichtblickhof und Karin Hediger von der Universität Basel (Schweiz) in der Publikation.

„Schon bisher haben wir in der Therapiesituation versucht, Vetosignale zu etablieren, damit die Pferde signalisieren können: ‚Stopp, das ist mir jetzt zu viel!‘“, erklärt die ­kli­nische Psychologin und Equotherapeutin Anna Naber. Zudem würden die Therapeuten laufend die teilweise subtile Körpersprache der Tiere beobachten. „In der Therapie­situation muss ich mich aber auf das Kind einlassen, das Umfeld im Auge behalten und auch noch das Pferd beobachten; das sind so viele Faktoren, dass es durchaus passieren kann, ein Vetosignal zu übersehen“, so Naber.

Auf der Suche nach einem sicheren und deutlich wahrnehmbaren Vetosignal kamen Roswitha Zink und ihr Team auf das Schnauben, eine der vielen akus­tischen Ausdrucksmöglichkeiten der Pferde, die damit ­üblicherweise Entspannung signalisieren. Die entspannende Wirkung konnte Naber bereits während ihrer Masterarbeit fest­stellen, für die sie bei der Therapie Puls-Probe­messungen bei Kindern, Therapeuten und Pferden durchgeführt hat. „Bei einem Ausritt hatte das Pferd einen Puls von 140, und als es schnaubte, ging dieser Wert in der Sekunde auf 50 runter“, so ihre Beobachtung.

„Schnaubkorrespondenz“

An der Pilotstudie nahmen 20 Pferde und die Therapeuten, die üblicherweise mit den jeweiligen Tieren arbeiten, teil. Die Pferde umfassten eine Vielzahl von Rassen, waren verschieden alt und hatten unterschiedliche Vorerfahrung in der Therapie. Über sechs Monate nahmen sie einmal pro Woche an einer Trainingseinheit teil, bei der ihnen mittels positiver Verstärkung beigebracht wurde, Schnauben als Strategie in der Kommunikation mit Menschen anzuwenden – die Expertinnen nennen das „Schnaub­korrespondenz“ („Audible Exhale Communication“).

Sobald die Pferde das Konzept verstanden hatten, ein Veto einlegen zu können (wofür jedes Tier unterschiedlich lange gebraucht hat), beschäftigten sie sich eifrig mit dem neu erworbenen Werkzeug. Sie setzten es nicht nur im Training, sondern auch in anderen herausfordernden Situationen ein, schreiben die Expertinnen in der Arbeit. „Die Pferde schnaubten nach den sechs Monaten Training viel öfter, weil sie gemerkt haben, dass ihnen das physiologisch gut tut und sie auf eine Situation Einfluss nehmen können“, so Naber. Den Beobachtungen der Therapeuten zufolge wiesen die Tiere weniger Stresssignale auf und zeigten mehr positive Emotionen und Anzeichen von Entspannung. Zudem half das tiefe Ausatmen bei chronischen Atemwegserkrankungen.

Man sei bei der „Schnaubkorrespondenz“ noch ganz am Anfang, betonte Naber. Das Schnauben alleine verrate nicht unbedingt, ob es einem Pferd gut oder schlecht gehe, man müsse immer den gesamten Kontext mitbetrachten – also was das Schnauben in Kombination mit der Körpersprache und der jeweiligen Situation gerade bedeute. So hätten die Tiere auch „eine Art ‚manipulativen Schnauber‘ gelernt, mit dem sie ohne durchzuatmen und daher auch ohne Entspannung signalisieren, dass sie jetzt eine Pause wollen“. Weitere Forschungen sollen hier umfassendere Erkenntnisse liefern.

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