Technologie: 3-D-Drucker in der Veterinärmedizin –

die Zukunft hat begonnen

Dr. Georg Haimel 
Dip ECVS, Europäischer Fachtierarzt für Kleintierchirurgie
RCVS Recognized Specialist in Small Animal Surgery
Tierarztpraxis am Stadtpark GmbH 

1987 wurde der erste kommerziell erwerbliche 3-D-Drucker angeboten. Vergleichbar mit der EDV-Branche hat sich die Technologie rund um die 3-D-Drucker in den letzten 30 Jahren enorm weiterentwickelt. Heutzutage kommen 3-D-Drucker in den unterschiedlichsten Sparten – so auch der Veterinärmedizin – zum Einsatz. Der folgende Artikel soll einen Überblick über die Technologie sowie auch mögliche Anwendungsgebiete in der Veterinärmedizin geben. 

 
WIE FUNKTIONIERT EIN 3-D-DRUCKER?

Um ein Objekt dreidimensional drucken zu können, muss zuerst ein virtuelles 3-D-Bild kreiert werden. Als Ausgangsmaterial dienen in der Medizin/Veterinärmedizin häufig DICOM-Datensätze (Digital Imaging and Communications in Medicine) von einer CT- oder MRT-Studie (Abb. 1). Virtuelle 3-D-Bilder können aber auch mithilfe eines 3-D-Scanners oder spezieller CAD-Softwareprogramme (Computer Aided Design) entstehen. Unabhängig von der ursprünglichen Quelle wird eine Software benötigt, die die eingespeisten Datensätze in ein für den 3-D-Drucker lesbares Format (STL-Format) umwandelt. Bevor der 3-D-Druck beginnt, wird der Datensatz des virtuellen Objekts noch mit einer Slicing-Software in dünne Scheibchen „geschnitten“. Der 3-D-Druck selbst ist eine additive Fertigungstechnik. Das bedeutet, dass auf der Basis des virtuellen Datensatzes durch das Ablagern von Material schichtweise ein Objekt aufgebaut wird. Je nach Gerät und Indikation werden Plastik, Harz, Metall, aber auch lebende Zellen als Druckmaterial verwendet.

WELCHE DRUCKVERFAHREN GIBT ES?

Fused Deposition Modeling (FDM): Bei dieser Technik wird thermoplastisches Material erhitzt und mit einer Düse Schicht für Schicht auf eine Platte aufgetragen (Abb. 2). Das Material härtet durch Abkühlung aus. Häufig verwendete Materialien sind Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), Polymilchsäuren (PLA), Polyethylene und Polypropylene. Vorteil: Die Drucker sind bereits für wenige Hundert Euro zu erwerben. Das Filament ist ebenfalls kostengünstig und wird in Spulen geliefert. Nachteil: Einige Materialien haben einen niedrigen Schmelzpunkt und können nicht autoklaviert werden. FDM Modeling hat im Vergleich zu anderen Druckverfahren eine geringere Auflösung und Druckgenauigkeit. 

Stereolithografie: Hier härtet ein UV-Laser schichtweise flüssiges Harz (Abb. 3). Der Druckvorgang findet in einem Bad statt, in welchem sich lichtaushärtender Kunststoff befindet. Der Laser härtet das Harz Schicht für Schicht auf einer Platte gemäß dem 3-D-Datensatz aus. Bei dieser Druckform können sehr dünne Schichtdicken von 0,05–0,001 mm erreicht werden. Vorteile: sehr hohe Auflösung und Präzision. Es können biokompatible Harze verwendet werden, die FDA-Standards entsprechen und für Kontakt mit Gewebe (bei Operationen) zugelassen sind. Nachteile: höhere Anschaffungskosten und aufwendigere Nachbearbeitung. Um Rückstände des Harzes zu entfernen, muss das Modell in ein Bad aus Isopropylalkohol gelegt werden.

 

Selektives Lasersintern (SLS): Bei dieser Art des 3-D-Drucks wird in Metall- oder Keramikpulver mit einem CO2-Laser das geplante Objekt gesintert. Beim Sintern werden Metallpulver gepresst und durch den Laser an den gewünschten Stellen unterhalb der Schmelztemperatur ausgehärtet. Die einzelnen Pulverkörner wachsen bei diesem Vorgang an den Berührungsstellen zusammen. Es entstehen metallische Brücken zwischen den ursprünglichen Körnern. Auch hier erfolgt ein schichtweiser Strukturaufbau. Vorteil: Mit dieser Form des 3-D-Drucks können Implantate zuvor virtuell geplant und dann individuell für den Patienten gedruckt werden (z. B. Osteosyntheseplatten, Endoprothesen). Nachteile: technisches Know-how erforderlich; Aufwand und Druckerkosten sind enorm. 

 

Bioprinting: Unter Bioprinting versteht man den 3-D-Druck von lebendigem Gewebe. Als Ausgangsmaterial dienen zuvor angezüchtete Zellen. Für eine 3-D-Struktur benötigen die Zellen ein Gerüst. Dieses Gerüst ist die Biotinte und besteht meist aus einem Hydrogel (z. B. Gelatine, Alginat). Die 3-D-Gewebsstruktur kann per CAD-Programm geplant werden. Danach wird die gewünschte Struktur mit feinen Nadeln und einem Biotinten-Zellgemisch Schicht für Schicht aufgebaut. 

Die Biotinte verfestigt sich nach dem Druckprozess und sorgt für die dreidimensionale Stabilität. Anwendung findet Bioprinting zurzeit bei der Entwicklung neuer Arzneimittel. Hier können Wirkung und Toxizität von Medikamenten viel „lebensnäher“ an unterschiedlichen Geweben getestet werden, wodurch sich zukünftig die Zahl an Tierversuchen reduzieren könnte. Ein großes Ziel des Bioprintings ist der Druck von ganzen und funktionellen Organen. Hier steht die Wissenschaft noch vor einer Herausforderung, da es zurzeit noch nicht möglich ist, Organe mit den dazugehörigen Blutgefäßen zu drucken. Dennoch birgt diese Form des Gewebedrucks enormes Potenzial und könnte die Art und Weise, wie wir Erkrankungen behandeln, in naher Zukunft revolutionieren. 

 
ANWENDUNGSGEBIETE DES 3-D-DRUCKS IN DER VETERINÄRMEDIZIN?

In der Humanmedizin werden 3-D-Drucker zur Planung chirurgischer Eingriffe bereits seit längerer Zeit verwendet. Studien zeigen, dass die Verwendung von 3-D-Modellen zu einer kürzeren OP-Dauer und auch einer geringeren Komplikationsrate führt.

Auch in der Veterinärmedizin kommen 3-D-Drucker in den letzten Jahren verstärkt zur Anwendung. Neben den vielen Möglichkeiten, 3-D-Modelle im Bereich der Lehre einzusetzen, werden 3-D-Modelle vor allem zur Planung von Operationen im Bereich der Neurochirurgie, Orthopädie und Kieferchirurgie eingesetzt. In der Orthopädie kommen 3-D-Modelle vor allem bei der Planung und Durchführung von komplexen Korrekturosteotomien zum Einsatz. Anhand der Modelle können Operationen genau geplant und Implantate bereits vor dem Eingriff angepasst werden. Je nach verwendetem Material kann das Modell dann autoklaviert werden und während der Operation als Vorlage/Vergleich dienen. 

3-D-GEDRUCKTE BOHR- UND SÄGEHILFEN

Eine Weiterentwicklung der 3-D-Technologie ist, mithilfe von CAD-Programmen Operationen virtuell zu planen und maßgeschneiderte Säge- und Bohrhilfen zu drucken. Diese 3-D-gedruckten Bohrhilfen sind vor allem bei Eingriffen hilfreich, bei denen nur ein sehr geringer „Safe Corridor“ besteht (zum Beispiel Stabilisierung atlantoaxiale Instabilität, Fissur der Humeruskondylen).

RENTIERT SICH EIN 3-D-DRUCKER FÜR DIE TIERÄRZTLICHE PRAXIS?

FDA-Drucker sind bereits für kleines Geld zu haben und können in Praxen mit einem höheren Orthopädieanteil durchaus hilfreich sein. Auch das Filament ist günstig zu erwerben. Boursier et al. (2018) zeigte, dass sich Knochen, die mit Polymilchsäuren (PLA) gedruckt wurden, beim Autoklavieren nur minimal verändern. Eine Alternative ist, bei komplizierten Fällen die CT-Daten an eine Firma zu schicken, die das 3-D-Modell ausdruckt.

 

LITERATURNACHWEISE

 

Cone, J. A., Martin, T. M., Marcellin-Little, D. J., Harrysson, O. L. A. & Griffith, E. H. (2017). Accuracy and repeatability of long-bone replicas of small animals fabricated by use of low-end and high-end commercial three-dimensional printers. American Journal of Veterinary Research, 78 (8), 900–905. 

Boursier, J.-F., Fournet, A., Bassanino, J., Manassero, M., Bedu, A.-S. & Leperlier, D. (2018). Reproducibility, Accuracy and Effect of Autoclave Sterilization on a Thermoplastic Three-Dimensional Model Printed by a Desktop Fused Deposition Modelling Three-Dimensional Printer. Veterinary and Comparative Orthopaedics and Traumatology, 31 (06), 422–430. 

Hoang, D., Perrault, D., Stevanovic, M. & Ghiassi, A. (2016). Surgical applications of three-dimensional printing: a review of the current literature & how to get started. Annals of Translational Medicine, 4 (23), 456–456. 

Gorham, D. M. Q. & Khan M. J. (2016). Thinking Outside of the Box: The Potential of 3D Printing in Veterinary Medicine. Journal of Veterinary Science & Technology, 7 (5), 1–4. doi.org/10.4172/2157-7579.1000360

Literaturnachweise

(1) Kittleson M. D., Kienle R. D.: Pericardial disease and cardiac neoplasia.

In: Small Animal Cardiovascular Medicine. Hrsg. M. D. Kittleson und R. D. Kienle, Mosby Publishing, St. Louis, 1998 b, 413–432.

(2) Buchanan JW. Spontaneous left atrial rupture in dogs. Adv Exp Med

Biol 1972; 22: 315–34.

(3) Sadanaga KK, MacDonald MJ, Buchanan JW. Echocardiography
and surgery in a dog with left atrial rupture and hemopericardium.
J Vet Intern Med 1990; 4 (4): 216–21.

(4) Reineke EL, Burkett DE, Drobatz KJ. Left atrial rupture in dogs:
14 cases (1990–2005). J Vet Emerg Crit Care 2008; 18: 158–64.

(5) Nakamura RK, Tompkins E, Russell NJ, Zimmerman SA, Yuhas DL, Morrison TJ, Lesser MB. J Am Anim Hosp Assoc. 2014 Nov–Dec; 50 (6): 405–8. Left atrial rupture secondary to myxomatous mitral valve disease in 11 dogs.

(6) Geri A. Lake-Bakaar, DVM, Mai Yee Mok, DVM, Mark D. Kittleson,

DVM, PhD. Fossa ovalis tear causing right to left shunting in a Cavalier King Charles Spaniel. Journal of Veterinary Cardiology (2012) 14, 541–545