Technik

Zecken

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Unzertrennlich: Wie Zecken an ihren Opfern kleben

Die meisten von uns assoziieren Zecken mit einer gewissen Gefahr und dem drohenden FSME-Infektionsrisiko. Doch genauer betrachtet sind Zecken erstaunliche Tierchen, die enorme Fähigkeiten besitzen. Zecken, und damit ist meist der Gemeine Holzbock gemeint, hungern fast ihr gesamtes Leben lang. In den bis zu drei Jahren verbringen sie bis zu 90 Prozent ihrer Zeit lauernd auf Gräsern, Kräutern und Sträuchern. Um ihre menschlichen und tierischen Opfer möglichst gut zu erreichen, legen sie beachtliche Wege zurück. Nicht nur Pflanzen werden erklettert, auch Haut und Haar gilt es bei der Suche nach geeignetem Futter zu bezwingen. Wie die Blutsauger die Vielfalt von solchen Substraten überwinden und sich auf verschiedenen Oberflächen festhalten, zeigt eine aktuelle Studie von Dr. Dagmar Voigt von der Technischen Universität Dresden (TUD) und Professor Stanislav Gorb von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Die Ergebnisse der Untersuchungen am Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) wurden kürzlich im „Journal of Experimental Biology“ veröffentlicht. 

Die beiden Forscher haben nun herausgefunden, wie genau die Tiere sich an ihren Opfern festmachen können. Die Zecken besitzen gekrümmte, spitze Krallen mit einem Haftkissen dazwischen. Damit können sie sich nicht nur auf Haut, sondern auch auf Glas halten. Die Krallen ermöglichen das Verhaken an rauen Oberflächen wie etwa Haaren. Ein in den Krallen anderer Spinnentiere und Insekten bisher nicht gefundenes Protein macht die Zecken zu den Andock-Meistern, die sie sind.

Protein Resilin entdeckt

„Dass nicht nur das Haftkissen, sondern auch die transparenten Krallen fast vollständig mit dem elastischen Protein Resilin gefüllt sind, ist eine Überraschung. Vorab haben wir nie Resilin in den Krallen anderer Spinnentiere und Insekten beobachtet“, kommentiert Dagmar Voigt vom Institut für Botanik der TUD. Je nach Situation und benötigter Kraft kann es auf- und zugefaltet werden – ähnlich wie bei einer Ziehharmonika. Eine haftvermittelnde Flüssigkeit verleiht dem Pad zusätzlichen Halt. Auf dem Boden oder auf verunreinigten Oberflächen klappen die Zecken ihre Füße zurück und laufen auf dem Fußgelenk.

Weibliche Zecken haben größere Klauen und Pads. Ihre männlichen Artgenossen halten sich, ausgenommen vom Paarungsakt, kaum auf Wirten auf. Dementsprechend sind ihre Füße auch kleiner und haften weniger. Mit einer Kraft, die mehr als das 500-Fache des eigenen Körpergewichts beträgt, können sich Weibchen an glatten Glasoberflächen festhalten. Dieser Sicherheitsfaktor macht sich während des Blutsaugens bezahlt, wobei ihr Körpergewicht um das 135-Fache zunehmen kann. Doch manche Materialien schaffen selbst Zecken nicht: Voigt und Gorb konnten in ihren Inversions-, Zentrifugal- und Zugkraftexperimenten nachweisen, dass die Haftkraft auf Silikonabdrücken der Haut und auf mikrorauen Kunstharzoberflächen deutlich geringer ist. „Unsere Experimente zeigen ganz deutlich, wie eine zukünftige technische Oberfläche mit einer Antihaftwirkung für die Zecken aussehen kann“, resümiert Stanislav Gorb vom Zoologischen Institut der CAU. Somit würden Zecken abgewehrt, ehe sie sich an Haut und Haar festkrallen können. Generell liefern die Ergebnisse mögliche Ansätze für die Entwicklung abweisender Materialien, Lösungen oder Cremes mit Mikropartikeln.

Infos unter:
www.tu-dresden.de
und
www.uni-kiel.de