Supercomputer entwickelte Roboter

aus Froschzellen

Dr. Heinz Heistinger

Amerikanische Forscher haben neue Lebensformen ent-wickelt, die so noch nie zuvor existiert haben. Als Basis dienten Embryonen des Afrikanischen Krallenfroschs. -Diesen wurden Zellen entnommen, aus denen anschließend neue Organismen entstanden. Die sogenannten -Xenobots sind weniger als einen Millimeter groß und können sich selbstständig bewegen. Außerdem gelang es den Forschern, die neuen Lebewesen mit besonderen Fähigkeiten auszustatten: So besaß einer der Xenobots ein kleines Loch in der Mitte und konnte so minimale Lasten transportieren; ein anderer Organismus wiederum wurde mit zwei kleinen Beinchen ausgestattet. Alle künstlich erzeugten Froschzellen können sich zudem selbst heilen und zersetzen sich nach Erledigung ihrer Aufgaben. Entworfen wurden die Xenobots mithilfe eines Supercomputers.

Die Forscher der Universität Vermont und der Tufts University, die gemeinsam an den Xenobots geforscht haben, sehen eine Vielzahl von Einsatzgebieten. Die 0,7 Millimeter großen Biomaschinen könnten Medizin im menschlichen Körper an den richtigen Wirkungsort transportieren, Tumore bekämpfen, Arterien säubern oder sogar das Altern verhindern. Die Roboter könnten auch Giftabfälle oder radioaktiv verseuchte Materialien abtransportieren und Mikroplastik aus den Ozeanen fischen. „Wir haben vollständig biologische Maschinen entwickelt“, sagte Joshua Bongard von der University of Vermont. „Es handelt sich weder um traditionelle Roboter noch um eine Spezies, sondern um programmierbare Organismen.“

Das Ausgangsmaterial für die Xenobots stammt von Xenopus laevis, dem Afrikanischen Krallenfrosch. Aus Embryonen dieser Spezies gewannen die Forscher Stammzellen, die sie zu Vorläufern von Hautzellen und Herzmuskelzellen ausdifferenzieren ließen. Daraus wiederum wurden mithilfe mikrochirurgischer Methoden entsprechend den Bau-plänen des Supercomputers Gewebe zusammengesetzt. In der Petrischale zeigte sich dann das enorme Potenzial der winzigen Gebilde: „Zusammengefügt zu Körperformen, die in der Natur noch nie beobachtet wurden, begannen die Zellen ihre Zusammenarbeit“, schreiben die Forscher. Konkret bildeten die Hautzellen eine Art passive Gewebestruktur, während die Herzmuskelzellen durch ihre Fähigkeit zur Kontraktion Bewegungen ermöglichten. In ersten Versuchen klappte das erstaunlich gut – die Xenobots bewegten sich in einer wässrigen Lösung selbstständig fort.

Da die Roboter leben, brauchen sie Nahrung. Diese bekommen sie in Form von Fetten und Proteinen. So überleben sie einen Zeitraum von sieben bis zehn Tagen. Da sie sich reproduzieren können, kann die Lebensspanne aber auf mehrere Wochen gestreckt werden, wenn sie sich in nährstoffreichen Gebieten befinden. Am Ende ihrer Mission würden sich die Xenobots auflösen – da sie lediglich aus Zellen bestehen, seien sie vollständig abbaubar. Die Anwendungsbereiche wären sehr vielfältig, so die Forscher: von Mikrorobotern, die in der Blutbahn Medikamente punktgenau abliefern, bis hin zu Schwärmen, die Mikroplastik im Meer aufspüren und für den Abtransport bereit machen. Dies wirft auch die Frage auf, was man mit diesen Zellen noch alles bauen könnte. Die möglichen Antworten auf diese Frage, so die Forscher, müssten erst im Labor gefunden werden – die Studie eröffnet jedenfalls ungeahnte Perspektiven an der Schnittstelle von Robotik und Biotechnologie.

Dass solche Aussagen ethische Fragen aufwerfen, ist den Forschern bewusst. Auch eine missbräuchliche Verwendung der Technologie – etwa bei der Herstellung von Biowaffen – sei denkbar. Dies müsse man durch strenge Vorschriften verhindern.

Sollten Xenobots künftig zusätzlich mit Nervenzellen ausgestattet werden, dann wären diese genau -genommen kein Gewebe mehr, sondern schon Wesen – es müssten dann auch Tierschutzgesetze für sie gelten.