Zum festen Bestandteil der tierärztlichen Therapie gehören sowohl in der Kleintiermedizin für das Einzeltier als auch in der Nutztierpraxis im Zuge einer umfassenden Herdenbetreuung Impfstoffe, die erfolgreich eingesetzt werden können. Gerade in Zeiten der geforderten Antibiotikareduktion in der Veterinärmedizin ist die spezifische Immunisierung ein zukunftsweisender Weg, um die Gesundheit von Tieren oder Tierbeständen im Falle von Infektionen erhalten zu können.
Allgemein ist zu sagen, dass die Herstellung europaweit jeweils national geregelt wird. In Österreich unterliegt dies der Bestandsspezifische Impfstoffe–Betriebsordnung (BIBO 2010). Hersteller benötigen eine Betriebsbewilligung durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG), die GLP-like Produktionsbedingungen werden regelmäßig durch die AGES überprüft.
Bestandsspezifische Impfstoffe sind nach § 7 AMG nicht zulassungspflichtige Tierarzneimittel und werden keiner Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsprüfung unterzogen. Nach Verabreichung der ersten Dosis am Einzeltier bzw. an einer kleinen Gruppe von Tieren einer Herde sollten die Tiere genau beobachtet werden, um eventuell auftretenden allergischen Reaktionen entgegenwirken zu können.
Erlaubt ist ausschließlich die Produktion von inaktivierten Vakzinen, das heißt, als Bestandteile sind abgetötete Krankheitserreger wie Bakterien und Viren zugelassen. Somit kann der behandelnde Tierarzt auf ein breites Spektrum an kultivierbaren Bakterien, Pilzen sowie Warzen und Sarkoidmaterial als Basis für eine spezifische Vakzine zurückgreifen. Eine Verbreitung und/oder Vermehrung von Impfkeimen kann im Tier bzw. am Betrieb nicht stattfinden. Nach der Anwendung am Tier ist keine Wartefrist einzuhalten.
Beim Import einer Vakzine ist eine Verbringungsmeldung an das BASG durch den behandelnden Tierarzt nötig (mindestens sechs Wochen vor der Einfuhr) und muss über den zugelassenen Pharmahandel erfolgen.
Zertifizierten österreichischen Herstellern sind die Produktion von Vakzinen und der Export gestattet. Die Herstellung dauert zwei bis drei Wochen vom Eingang der gewünschten Stämme bis zur direkten Auslieferung der Vakzine an den Tierarzt. Die Haltbarkeit beträgt sechs Monate. Die Anwendung beschränkt sich ausschließlich auf den Tierbestand/das Einzeltier, aus dem der/die Krankheitserreger isoliert wurden, was eine offene Kommunikation mit intensivem Informationsaustausch zwischen Tierbesitzer, Tierarzt und Hersteller für einen erfolgreichen Einsatz bedingt. Auf Wunsch werden je nach Infektionssituation sowohl Mono- als auch Kombinationsvakzinen mit unterschiedlichen Bakterien hergestellt, je nach Keim oder Art der Applikation können verschiedene Adjuvantien zugefügt werden.
Die Abgabe der Impfstoffe erfolgt ausschließlich an den Tierarzt (Rezeptpflicht). Somit ist der Einsatz der Vakzinen immer unter der Kontrolle und dem Einfluss des behandelnden Tierarztes. Die Verabreichung des Impfstoffes darf immer nur nach tierärztlicher Untersuchung und Labordiagnostik durch den Tierarzt erfolgen.
Voraussetzungen für den Impferfolg
Als wichtigste Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz ist herauszufinden, welche Erreger das Krankheitsgeschehen tatsächlich verursachen. Da die Tiere stets mit einer Vielzahl von Bakterien besiedelt sind, die sie nicht krank machen oder nur dann krank machen, wenn ihr Immunsystem geschwächt ist, kommt der Untersuchung von Probenmaterial eine große Bedeutung zu.
Es gilt, die krankheitsverursachenden Keime von fakultativ pathogener oder apathogener Begleitflora zu unterscheiden. Gerade in der Behandlung von Durchfallerkrankungen ist eine genaue Diagnostik entscheidend für die Erhaltung eines möglichst intakten Mikrobioms im Darm und der spezifischen Bekämpfung der pathogenen Erreger. Und genau dadurch unterscheidet sich die maßgeschneiderte Behandlung der Tiere mit einer spezifischen Vakzine von der breit angesetzten allgemein keimabtötenden Wirkung antibiotischer Therapien und ihren möglichen negativen Langzeitfolgen auf eine stabile Darmflora.
Für den Impferfolg spielen auch die Art, die Häufigkeit und der Zeitpunkt der Probenentnahme durch den Tierarzt im Betrieb bzw. am Einzeltier sowie der rasche Transport zum Diagnostiklabor eine große Rolle. Die umfassende Information des Herstellers durch den Tierarzt ermöglicht den unmittelbaren Kontakt des Herstellers mit dem Labor, eine prompte Weiterleitung der reinkultivierten Stämme und somit eine effiziente Planung und Durchführung der Vakzineproduktion. Man muss davon ausgehen, dass sich mit der Zeit die Art und Zusammensetzung von Krankheitserregern in einem Betrieb ändern. Es gibt beispielsweise Bakterien, die sich in ihrer Struktur bzw. ihrer Fähigkeit, Toxine zu produzieren, derart verändern können, dass die ursprüngliche Schutzwirkung der Impfstoffe abnimmt. Durch eine regelmäßige Probenentnahme und Untersuchung durch den behandelnden Tierarzt können im Fall der bestandsspezifischen Impfstoffe ein geändertes Keimspektrum berücksichtigt, der Impfstoff laufend angepasst und damit der Impferfolg erhalten werden.