Schmerzhafte Interdigitale Furunkulose bei einem Staffordshire-Terrier-Showrüden

homöopathisch therapiert

Dr. med. vet. Barbara Wieser
Fachtierärztin für Homöopathie, Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Veterinärhomöopathie

Dieser Fallbericht zeigt auf, dass eine homöopathische Therapie bei erfolgreicher Auffindung des Similes die Beschwerden bei Furunkulose langfristig unter Kontrolle bringen kann. 

 
Zusammenfassung

Ein vierjähriger unkastrierter Staffordshire-Terrier-Showrüde mit einer Furunkulose in den Zwischenzehenspalten aller vier Läufe, ausgelöst durch Atopie, wird homöo-pathisch therapiert, da die Besitzerin eine Langzeittherapie mit Antibiotika und immunsuppressiven Medikamenten wegen der möglichen Nebenwirkungen vermeiden möchte.

 

Einleitung

Furunkulose bezeichnet Hautveränderungen, die sich als eitergefüllte Blasen präsentieren. Diese können überall am Körper auftreten, z. B. am Nasenspiegel, bei Schäferhunden als Analfistel oder sehr häufig auch an den Zehenballen am Übergang zur behaarten Haut.

Bei genauerer Adspektion kann man entweder erkennen, dass die Ballen falsch belastet werden oder die Haut durch vermehrtes Belecken verdickt ist. 

Durch Fehlbelastung der Ballen ist die Hornhaut an behaarten Stellen so verdickt, dass Haarfollikel eingeschlossen werden, sich entzünden und zu kleinen, schmerzhaften Abszessen, sogenannten Furunkeln, heranreifen, die sich schlussendlich entleeren. 

Die Hunde lahmen und oft lecken sie an der betroffenen Stelle, was wiederum zu einer Verdickung der Haut und vermehrten Besiedelung mit Bakterien führt. (1)

Atopien können ebenfalls zu Pruritus an den Zehen und durch das Belecken bei bestimmten Individuen zu Furunkulose führen. 

Als weitere potenzielle Ursache muss auf jeden Fall eine Demodikose ausgeschlossen werden. Manchmal -vermutet man Einspießen von harten Gräsern als Ursache von Furunkeln. Auch kontaminierte Shampoos bei Hundefriseuren und viele andere Ursachen können zu einer Furunkulose führen. (2), (3) Bei manchen Individuen kann keine eindeutige Ursache gefunden werden.

Furunkulose ist schwierig und langwierig zu behandeln und in vielen Fällen treten Rezidive auf, da die genannten Ursachen nur schwer behoben werden können.

Mögliche Therapieansätze sind bei Fehlbelastung die operative Entfernung und das Zusammennähen der Ballenzwischenräume bei betroffenen Zehen. (1) Laserbehandlung ist eine andere mögliche Therapieform mit gutem Erfolg in ausgesuchten Fällen. (4)

Bei Atopie als zugrunde liegender Ursache sind lang -andauernde Antibiotikagaben, kombiniert mit einer dauerhaften immunsuppressiven Therapie, oft die empfohlene Therapie. (3) 

Furunkulose kann auch homöopathisch mit dem geeigneten Simile behandelt werden (5), was eine kostengünstige und umweltfreundliche Variante darstellt, wie der nachfolgende Fallbericht zeigt. Im Repertorium Radar-Opus gibt es 209 Rubriken zu Furunkeln, zwei Veterinärrubriken mit Einträgen vom Tierarzt Dr. Marc Bär (Schweiz) mit sechs angegebenen Arzneimitteln und zwei angegebenen Arzneimitteln. (6)

 
Material und Methoden

Buddy (Name geändert), ein vierjähriger schwarzer Staffordshire-Terrier-Rüde, der von der Hundebesitzerin für das Vorführen bei Hundeshows von einem Züchter gekauft wurde, leidet seit ein paar Monaten an wiederkehrenden schmerzhaften, mit Eiter gefüllten Schwellungen am Übergang vom Ballen zur seitlichen weichen, behaarten Haut der Zehen. Der behandelnde Tierarzt stellte die Diagnose Furunkulose.

Buddy war in einer Tierarztpraxis schon eingehend untersucht worden. Es lag keine Fehlbelastung der Ballen vor und es waren keine Demodexmilben gefunden worden. Die Besitzerin berichtete, dass Buddy vermehrt an den Zehen schleckt, und es wurde am 12. 9. 2016 ein Allergietest durchgeführt, der positiv auf mehrere Gräser, Hausstaubmilben und ggr. einige Lebensmittel reagierte. (Der Befund über die Lebensmittel wurde nicht weiter verfolgt, da die Korrelation zwischen positivem Blutbefund und tatsächlicher Allergie gering ist, der Hund wurde weiter mit verschiedenen Fleischsorten gefüttert.)

Der behandelnde Tierarzt empfahl eine antibiotische und immunsuppressive Therapie.

Die Besitzerin wollte noch andere Therapiemöglichkeiten ausloten und kontaktierte mich wegen einer möglichen homöopathischen Therapie.

Nach einer ausführlichen Befunderhebung am 3. 10. 2016, einer klinischen Untersuchung und homöopathischer Erstanamnese zeigte Buddy folgende Auffälligkeiten:

 

Klinische Untersuchung

Der Hund war in einem sehr guten Allgemeinzustand mit sehr guter Bemuskelung und glänzendem Fell, außer am Schwanz im Bereich der dort liegenden Violdrüse und an den Tarsalgelenken, wo die Haut schuppig war und das Fell dünn. An mehreren Pfoten waren ein bis drei eitergefüllte Blasen zu sehen. Laut Besitzerin waren die Läsionen gerade etwas besser, da sie Buddy fast nur auf Asphalt spazieren führte. Buddy war sehr aufmerksam, sprühte vor Energie und war anfangs in der Ordination nur schwer zu beruhigen. Die sonstige klinische Untersuchung war ohne besonderen Befund. Ich wählte folgende Auffälligkeiten für die homöopathische Repertorisation, um das passende homöopathische Arzneimittel herauszufinden:

1. Der Hund war extrem überaktiv und kaum zu bändigen, sprühend vor Energie und sprang mich mehrmals an, ohne dass die Besitzerin ihn zurechtwies. Auf die Frage, ob er mit seiner (zu) offenen Art mit anderen Hunden Probleme hätte, verneinte sie. Der Test mit den Hunden der Mitarbeiter in der Ordination zeigte aber, dass diese sein Verhalten tolerierten und freundlich mit ihm interagierten.

2. Die Läsionen an den Zehen begannen v. a. nach Spaziergängen über den Golfplatz. Dort war das Gras kurz geschnitten und weich. Die Besitzerin machte mich aufmerksam, dass sie beobachtete, dass es schlimmer wurde, wenn der Hund viel durch den Sand lief, auch durch einen Aufenthalt am Strand wurde ein neuer Ausbruch getriggert.

3. Die Besitzerin erwähnte sofort zu Beginn, dass es ihr wichtig war, dass der Hund auf Hundeshows gezeigt werden kann, was zu diesem Zeitpunkt wegen der Hautläsionen nicht der Fall war.

4. Der Allergietest zeigte positive Ergebnisse bei verschiedenen Gräsern, die viel Silicium enthalten.

Ich repertorisierte und sah Silicea terra an erster Stelle bei lokalen Rubriken. Silicea terra ist eines der Hauptmittel bei Abszessen durch Fremdkörper, die reaktionslos sind und die zu einem chronischen Prozess führen, da der Körper dieser Individuen diese Fremdkörper nicht adäquat ausstoßen kann.

Durch genaue Kenntnis der homöopathischen Arzneimittel ist aber klar, dass Silicea terra in diesem Fall nicht zum Charakter dieses Individuums passt. Silicea terra besteht aus Siliciumoxid, der Oxidanteil passt zu Individuen, die zurückhaltend sind und oft sogar eher schüchtern, vor allem, wenn Missbrauch (bzw. bei Tieren Unterdrückung durch Besitzer) im Raum steht. Seine Besitzerin ließ ihm viele Freiheiten und der Hund war sehr offen, was zum Element Phosphor und seinen Salzen passen würde.

Der Siliciumanteil passte aber sehr gut; Silicium passt zu Individuen, denen das Image der Familie, und wie die -Familie nach außen wirkt, sehr wichtig ist – Stichwort Präsentieren auf Hundeshows. Da Silicium metallicum mit viel weniger Einträgen im Repertorium vertreten ist als das sehr bekannte und viel geprüfte Silicea terra, schien Silicium met. in der Repertorisation im Computerprogramm nicht auf.

In diesem Fall wurde neben der Repertorisation mit dem Radar-Opus-Computerprogramm noch zusätzlich die Periodensystemtabelle von Jan Scholten verwendet. (7) Dort ist ersichtlich, dass das Element Silicium direkt neben dem Element Phosphor angesiedelt ist. Durch das Nachlesen des Arzneimittels in der Materia Medica von Jan Scholten ergab sich folgendes Bild:

Das Element Silicium metallicum ist ein eher unbekanntes Arzneimittel in der Homöopathie, obwohl es das zweithäufigste Element auf unserer Erde ist und ein Viertel der Erdkruste Silicium beinhaltet. Sand besteht v. a. aus Siliciumoxid, aber auch viele Edelsteine. 

Scholten beschreibt, dass für Silicium metallicum „Beziehungen selbstverständlich sind. (…) Sie haben nicht das Gefühl, etwas dafür tun zu müssen. (…) Ruf, Ansehen, Ruhm und Image sind ihnen wichtig.“ (8)

Auf der körperlichen Ebene deckt das Mittel chronische Abszesse, feine, dünne, empfindliche, rissige und schuppige Haut, Furunkel und dünne, zerbrechliche Haare ebenso ab wie Silicea terra. In diesem Fall wurde Silicium metallicum verschrieben und am 3. 10. 2016 bei der Firma Helios in einer C200 bestellt und von der Besitzerin dem Hund zweimal fünf Globuli (Größe 3) im Abstand von circa zwölf Stunden auf die Maulschleimhaut verabreicht.

 
Resultate

Der Verlauf war positiv. Am 14. 10. 2016 waren die Furunkel am Abheilen und auch in den Bereichen mit der schuppigen Haut sah man, dass die Schuppen weniger wurden und Haare nachwuchsen. Zu beachten ist dabei, dass es Oktober war und auch ein zufälliges Abheilen durch eine Änderung in der Vegetation möglich war. Deshalb wurde der Fall weiter beobachtet und betreut.

Am 1. 5. 2017 kontaktierte mich die Besitzerin, da ein Rezidiv mit Rötung und Schuppen am Schwanz auftrat. Nach einmaliger Wiederholung des homöopathischen Arzneimittels Silicium metallicum C200 fünf Globuli auf die Maulschleimhaut heilte dieses wieder ab und es traten den ganzen Sommer keine Furunkel an den Pfoten auf.

Am 8. 3. 2018 kam es wieder zu einem Rezidiv am Schwanz mit leicht schuppiger Haut, worauf Silicium metallicum C200 fünf Globuli zweimal im Abstand von zwölf Stunden wiederholt wurden und sich die Haut am Schwanz besserte.

An der Pfote kam es erst nach zwei Jahren am 22. 5. 2018 zu einem ersten Rezidiv, die Globuli wurden wiederholt, worauf die Furunkel an der ersten Pfote abheilten. Am 4. 6. 2018 kam es zu einem weiteren Rezidiv an einer anderen Pfote, welches schnell nach einer weiteren Gabe Globuli abheilte. Den gesamten Sommer 2018 war Buddy nun wieder beschwerdefrei. Buddy brauchte seit Beginn der homöopathischen Therapie kein Antibiotikum, Schmerzmittel oder immunsupprimierendes Medikament, um die Furunkel zu kontrollieren.



Diskussion

Furunkulose kann verschiedene Ursachen haben. Ist die Ursache eine Atopie, z. B. auf Gräser oder Hausstaubmilben, sind die Läsionen schwer langfristig in den Griff zu bekommen, da die Ursache kaum bekämpft werden kann. 

Langfristige antibiotische Therapie und Langzeittherapie mit Immunsuppressiva können zu Nebenwirkungen führen, welche im Ausmaß den Leidensdruck des Hundes und des Besitzers noch vergrößern können.(9)

Laserchirurgische Ablation von Haarfollikeln kann in bestimmten Fällen zu guten Resultaten führen, ist aber mit circa fünf Wochen Verband als Nachsorge und Antibiotika-gaben im Vorfeld und bis zur Verbandsentfernung verbunden.

Dieser Fallbericht zeigt auf, dass eine homöopathische Therapie bei erfolgreicher Auffindung des Similes die Beschwerden bei Furunkulose langfristig unter Kontrolle bringen kann. Die Methode hat einige Vorteile: Sie ist mit wenig Aufwand für den Besitzer verbunden, da die Globuli nur bei Bedarf auf die Maulschleimhaut aufgebracht werden müssen. Sie ist kostengünstig, da eine Packungseinheit von 4 g (circa 16 €) bis zu mehreren Jahren ausreichen kann und Kontrollen beim behandelnden Tierarzt nur bei Bedarf notwendig sind. Sie ist umweltfreundlich, da keine Reste von Medikamenten durch Ausscheidungen der Tiere in die Umwelt gelangen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt, der oft und auch in diesem Fall zu sehen ist, ist die Besserung von anderen Symptomen. In diesem Fall wuchs das Fell auch an Schwanz und Tarsalgelenken wieder nach und die Besitzerin konnte wieder erfolgreich an Hundeshows teilnehmen.

Die Arzneimittelfindung ist allerdings nicht in allen Fällen einfach und nicht immer erfolgreich und setzt Fortbildungen im Bereich Homöopathie voraus, um erfolgreich ein Simile finden zu können. Das Simile kann nur dann gefunden werden, wenn durch eine eingehende Untersuchung und Befragung des Besitzers möglichst viele individuelle Auffälligkeiten gefunden und gemeinsam betrachtet werden können. In Österreich dürfen im Gegensatz zu anderen Ländern nur Tierärzte Tiere homöopathisch behandeln, was eine professionelle Diagnose und integrative Herangehensweise bei der Wahl der Therapieform – sei es nun ein konservativer Therapieansatz, eine -chirurgische Lösung oder eben eine homöopathische Therapie – sicherstellt. 

Schlussfolgerung

In Anbetracht von zunehmenden Resistenzen von Bakterien gegen Antibiotika kann eine homöopathische Behandlung den Einsatz dieser verringern oder manchmal ersetzen, was einem von der EU-Kommission geforderten Ziel im Kampf gegen multiresistente Keime entspricht.(10)

 
Quellen

(1) Fusion podoplasty for the management of chronic pedal conditions in seven dogs and one cat. Papazoglou LG, Ellison GW, Farese JP, Bellah JR, Coomer AR, Lewis DD. J Am Anim Hosp Assoc. 2011 Nov–Dec; 47
(6): e199–205. doi: 10.5326/JAAHA-MS-5609.

(2) Clinical and histopathologic features of dorsally located furunculosis in dogs following water immersion or exposure to grooming products: 22 cases (2005–2013). Cain CL, Mauldin EA. J Am Vet Med Assoc. 2015 Mar 1; 246 (5): 522–9. doi: 10.2460/javma.246.5.522.MACROBUTTON HTMLDirect 

(3) Canine pododermatitis. Bajwa J. Can Vet J. 2016 Sep; 57 (9): 991–3.

(4) Pathogenesis of canine interdigital palmar and plantar comedones and follicular cysts, and their response to laser surgery. Duclos DD, Hargis AM, Hanley PW. Vet Dermatol. 2008 Jun; 19 (3): 134–41. doi: 10.1111/j.1365-3164.2008.00662.x.

(5) Homöopathische Betrachtung der interdigitalen Dermatitis des Hundes, Yasmin Golger, EAVH, Diplomarbeit, 2018 

(6) Radar-Opus Version 2.0.35 inklusive Veterinärrubriken, Repertorisationscomputerprogramm www.radaropus.at

(7) Periodensystemtabelle Jan Scholten, 2 Seiten, laminiert, 2008,
ISBN: 978-3-939931-85-0

(8) Jan Scholten, Homöopathie und die Elemente, 1997, Utrecht,
ISBN: 978-90-74817-07-3

(9) Quality of life of dogs with skin disease and of their owners. Part 2: administration of a questionnaire in various skin diseases and correlation to efficacy of therapy. Noli C, Colombo S, Cornegliani L, Ghibaudo G, Persico P, Vercelli A, Galzerano M. Vet Dermatol. 2011 Aug; 22 (4)

344–51. doi: 10.1111/j.1365-3164.2011.00956.x. Epub 2011 Mar 24.

(10)

ec.europa.eu/health/amr/sites/amr/files/amr_summary_action_plan_2017_en.pdf

European Commission. A European One Health Action Plan against Antimicrobial Resistance (AMR).