Die Rinderhaltung

in der öffentlichen Diskussion

Dr. Rudolf Grogger

Vieles an Unwissen und Halbwissen trifft man an, sobald es bei öffentlichen Diskussionen um die Rinderhaltung geht.

Es sind selten bösartige oder fanatische Menschen, die einen mit Anschuldigungen konfrontieren, dass man als Rindertierarzt sozusagen ein Mittäter beim Klimawandel sei. Massentierhaltung einerseits und der Methanausstoß andererseits werden dabei als Argumente ins Rennen geführt. Was können Tierärztinnen und Tierärzte dazu beitragen, um diese Situation zu verbessern? Das wird unter anderem ein aktuelles Thema im Rahmen der 26. Weyertagung/Waidhofen sein. Auch beim diesjährigen Leipziger Tierärztekongress gab es dazu spannende Beiträge.

Viele der Argumente, die Rinder mit Autos vergleichen, sind relativ schnell als absurd zu erkennen; bei anderen bedarf es doch intensiverer Auseinandersetzung mit der Materie. In Bezug auf die „Massentierhaltung“ in Milchviehbetrieben in Österreich kann man sich relativ schnell entspannen. Alles, was im Familienverband zu bewerkstelligen und mit nicht allzu weiten Verkehrswegen zu den Futterflächen verbunden ist – und das betrifft die Mehrzahl der erfolgreichen Betriebe –, kann man in der Kritik um Massentierhaltung beruhigt einmal außen vor lassen. Es geht nicht um die Frage, ob ein Betrieb 30 oder 80 Kühe hat, sondern hauptsächlich darum, wie diese Tiere versorgt sind.

Aufgeklärt gehört unbedingt darüber, dass Landwirte nicht in erster Linie darauf aus sind, ihre Tiere zu quälen, indem sie die „Mütter“ am ersten Tag schon von ihren „Kindern“ trennen. Kühe sind „Rindviecher“ und als solche äußerst liebenswerte Tiere, aber sie sind sicher keine Menschen.Kühe leiden nicht, wenn sie nach der Geburt wieder in die Nähe ihrer Herde zurückgebracht werden – sie sind Herdentiere –, und Kälber sind gesünder, wenn sie nicht mit den Kühen laufen.

Landwirte sind auch nicht gemein, wenn sie ihre Tiere nicht den ganzen Tag auf der Weide haben. Denn Kühe lieben es ganz und gar nicht, wenn sie an heißen Tagen draußen sind, und wenn man ihnen die Wahl lässt, dann sind sie oft ganz schnell wieder in ihrem Stall und ­freuen sich auf das inzwischen vorgelegte Futter – auch, wenn ­dieses vermeintlich nach Silo „stinkt“.

In der gut geführten Milchviehhaltung gelingt es den Landwirten, den Tieren eine Lebensumwelt zu gestalten, die ihnen ein „kuhwürdiges Dasein“ erlaubt. Menschen hassen es, wenn sie jeden Tag dasselbe essen müssen – Kühe und insbesondere ihr Pansen und die darin lebenden Bakterien und Protozoen lieben es. Denen kommt es nicht drauf an, ob da jetzt ein Gänseblümchen mehr oder weniger drin ist, wie es auf Milchpackerln gerne abgebildet ist. Als zahlenmäßigen Vergleich zu guten alten Zeiten sollte man auch ohne Zynismus festhalten, dass es die vermeintliche „Massentierhaltung“ bei Kühen erst seit dem Zeitpunkt in Österreich gibt, seitdem die „Masse“ der Menschen keine Kühe mehr hält – früher gab es am Land in jedem zweiten Haus welche.

Die Anzahl der Rinder ist seit dem Krieg kontinuierlich zurückgegangen, und in ähnlichem Maße auch der Methanausstoß durch sie. Es ist sicherlich nicht so, dass es nicht auch in der Rinder haltenden Landwirtschaft Einsparungspotenziale gäbe, aber diese beziehen sich sicher nicht in erster Linie auf die Rindermägen. Wenn es darum geht, landwirtschaftlich relevantes Wissen in die Öffentlichkeit zu bringen, beschreiten schon jetzt einige Tierärztinnen und Tierärzte verschiedene Wege. Sowohl im Bekanntenkreis als auch in der lokalen Presse oder sehr effektiv in Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern können wir in hohem Maße dazu beitragen, unsere Bauern zu unterstützen und Milchkühen jenen Stellenwert zuzuteilen, den sie verdienen.

Reden wir darüber.