Mag. Silvia Stefan-Gromen
Ausgabe 05/2021
Zahlreiche Studien haben in der Vergangenheit bereits bewiesen: Kühe gehören durchaus zu den Klimasündern. Das Methan, das sie verursachen, ist als Treibhausgas 28 Mal so wirksam wie CO2. Mehr als 300 Liter Methan produziert eine durchschnittliche Kuh am Tag – bei 1,5 Milliarden Tieren weltweit ist die Umweltbelastung somit enorm.
Um diesem Problem entgegenzuwirken, starteten Forscher der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft (HBLFA) Raumberg-Gumpenstein einen Versuch: Unter der Projektleitung von Dr. Thomas Guggenberger, Leiter des Instituts für Nutztierforschung, wurde ein mehrmonatiger Feldversuch durchgeführt. In Anlehnung an eine Studie der National Autonomen Universität von Mexiko sollte der Effekt einer Zitronengras-Futterzugabe auf die Methankonzentration in der Atemluft bei Masttieren unter österreichischen Bedingungen untersucht werden. Die Studie konnte ein eindeutiges Ergebnis hervorbringen: Es wurde festgestellt, dass die im Feldversuch inkludierten 47 Rinder beim Verdauen um durchschnittlich rund 15 Prozent weniger Methan ausstießen.
Für die Untersuchung standen acht Mastboxen mit je sechs Tieren auf dem Praxisbetrieb Schrammel zur Verfügung. Je zwei vergleichbare benachbarte Boxen bildeten eine Gruppe, wobei die Tiere (männliche Rinder, Ø 450 Kilo Lebendgewicht, Ø Tageszunahme 1.350 Gramm) in einer Box zusätzlich mit 100 Gramm Zitronengras pro Tier und Tag gefüttert wurden.
Diese Menge bedeutet je nach Alter einen Rationsanteil zwischen 1,2 und 1,7 %. In vier Messperioden von je drei Wochen wurde jede Box so zweimal mit und zweimal ohne Zitronengras gefüttert. Am Ende jeder Messperiode wurde die Konzentration von Methan (CH4) in der Atemluft der Rinder gemessen. Zusätzlich wurden 16 Tiere mit Pansenboli eines Entwicklers für Sensoren ausgestattet. Diese Sensoren informieren über die Vorgänge im Pansen und geben Auskunft über Aktivität und Tränkeverhalten.
Alle verwendeten Futtermittel wurden chemisch auf ihre Inhaltstoffe und den Futterwert untersucht. Unter Anwendung der statistischen Methode des allgemeinen linearen Modells wurden aus den Rohdaten folgende Ergebnisse gewonnen:
• Die Fütterung von 100 Gramm Zitronengras reduziert die CH4-Emissionen in der Atemluft im Mittel um 14,6 %.
Die Schwankungsbreite in den Wiederholungen liegt zwischen 7,8 und 23,4 %. Die Gruppen unterschieden sich hochsignifikant.
• Ein negativer Einfluss auf die Prozesse im Pansen ist bei dieser Zitronengrasmenge unwahrscheinlich. Alle Ergebnisse der Pansenboli sind im Verlauf typisch und unterschieden sich statistisch nicht. Der aus der Literatur bekannte methanreduzierende Effekt einer Fütterung von Zitronengras konnte auch unter österreichischen Bedingungen bestätigt werden.
Wiederkäuer gehören zur Grundausstattung vieler Volkswirtschaften und ihre Existenz ist so lang klimaneutral, solange die Tierbestände nicht steigen. Das ist in Österreich laut den Forschern der HBLFA Raumberg-Gumpenstein der Fall. Österreichs Kühe sind keine Klimakiller – dennoch soll Österreich ein möglichst großer Teil der Lösung der Klimaprobleme werden. Daher gibt es laut der HBLFA Raumberg-Gumpenstein folgende Möglichkeiten: Das Treibhausgas aus der Düngung kann über den Düngereinsatz reduziert werden. Ein vollständiger Verzicht auf Importfutter aus anderen Kontinenten wird unsere Schuld bei den Emissionen in Folge von Landnutzungsänderungen eliminieren.
Und für die Frage der CH4-Emissionen der Wiederkäuer können folgende Wege eingeschlagen werden:
• Festlegung der Herdengröße und Fütterung auf Basis der am Betrieb verfügbaren Futtermittel. Diese Form einer standortgerechten Landwirtschaft hebt die Bedeutung und Nutzung von betriebseigenen Flächen und senkt die Intensivierungstendenzen auf Basis von zugekauftem Getreide oder Eiweißfrüchten bei Wiederkäuern. Dieser Pfad kann so lange praktiziert werden, wie die nationale Versorgungssicherheit mit Milchprodukten und Rindfleisch gesichert werden kann.
• Züchtung von langlebigen Tieren mit hohem Ertragspotenzial aus dem Grundfutter. Diese Maßnahme senkt den Remontierungsbedarf und damit wiederum die Herden-größe. Eine artgemäße Haltung der Tiere fördert das Tierwohl und unterstützt diese Ziele.
• Nutzung natürlicher sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe mit einem Potenzial zur Senkung der CH4-Emissionen unter Beachtung der tiermedizinischen Verträglichkeit ihrer Anwendung.
• Selektion von Wiederkäuern mit geringerem Emissionspotenzial.
Dennoch bleibt abschließend darauf zu verweisen, dass die Summe aller Treibhausgase der Nutztierhaltung weltweit gesehen als problematischer Beitrag zur Klimaerwärmung betrachtet werden müssen. Es ist aber die global wachsende Anzahl an Tieren und die Art wie deren Futter erzeugen wird und nicht das natürliche Geschehen im Pansen eines Wiederkäuers die als Treiber erkannt werden müssen. Nicht die Kuh ist „klimaschädlich“ sondern unser Art die Herden zu managen. Im Kampf gegen den Klimawandel macht es Sinn weniger Fleisch zu essen und sich gesund zu ernähren.