Verhaltensforschung:

Persönlichkeit von Rhesusaffen wirkt auf Glück und Wohlbefinden

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Beim Menschen ist durch Studien belegt, dass individuelle Persönlichkeitsmerkmale mit dem eigenen Glück und Wohlbefinden in Verbindung stehen. Doch wie sieht das bei Tieren aus?

Ein internationales Wissenschaftsteam unter der Leitung der Vetmeduni Vienna ging dieser Frage nun anhand von Makaken (Macaca mulatta, Rhesusaffen) nach. Die in „Applied Animal Behaviour Science“ erschienene Studie zeigt, dass auch bei Rhesusaffen ein direkter Zusammen­hang zwischen Wohlbefinden und individuellen Persönlichkeits­merkmalen besteht. Weiters unterstreicht die Forschungsarbeit, dass die Bewertung von Verhaltenszuständen durch Beobachtung ein valides Instrument ist, um das Wohlbefinden von Primaten zu beurteilen – eine auch aus Kostenaspekten wichtige Erkenntnis für den Tierschutz.

In ihrer Studie untersuchten die WissenschaftlerInnen anhand von 44 im California National Primate Research Center lebenden Rhesusaffen, inwieweit das individuelle Wohlbefinden eines Tiers mit individuellen Unterschieden in der Persönlichkeit zusammenhängt. Dazu verwendeten die ForscherInnen einen 16-Punkte-Er­hebungsbogen zum Wohlbefinden, einen Vier-Punkte-Erhebungsbogen zum subjektiven Wohlbefinden und einen 54-Punkte-­Erhebungsbogen zur Persönlichkeit, wobei Letzterer dazu verwendet wurde, die Stellung der Makaken in sechs – bereits in einer früheren Studie identifizierten – Persönlichkeitsbereichen zu definieren: Vertrauen, Offenheit, Dominanz, Freundlichkeit, Aktivität und Angst. Mittels Focal Animal Sampling („Fokus-Tier-Methode“), einer Beobachtungsmethode der Verhaltens­forschung, bei der Aktionen und Interaktionen eines Tiers („Fokus-Tier“) erfasst werden, gelang es den WissenschaftlerInnen, Maßgrößen für das Verhalten zu gewinnen.

Tierschutz: Beobachterbewertungen sind eine valide Methode

Mithilfe der Hauptkomponentenanalyse – ein Verfahren der multivariaten Statistik, das dazu dient, umfang­reiche Datensätze zu strukturieren, zu vereinfachen und zu veranschaulichen – zeigte sich, dass sich die Ergebnisse zum Wohlbefinden und zum subjektiven Wohlbefinden auf eine einzelne Komponente reduzieren ließen. Makaken, die in dieser Hinsicht eine höhere Bewertung hatten, erfuhren weniger Aggressionen und zeigten ein geringeres Maß an sogenannten Übersprungbewegungen – wie
z. B. Kratzen – und wurden hinsichtlich Vertrauen, Offenheit, Dominanz und Freundlichkeit höher eingestuft.

„Die Ergebnisse unserer Studie stimmen mit Berichten über Schimpansen und Braune Kapuzineraffen überein und sind ein weiterer Beleg dafür, dass Beo­bachter­­­bewertungen auf objektiv beobachtbaren Verhaltenszuständen beruhen, was darauf hindeutet, dass Beobachterbewertungen eine psychometrisch gültige Methode zur Beurteilung des Wohlbefindens von Pri­maten darstellen“, betont Erstautorin Lauren M. Robinson vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Ver­haltensforschung der Vetmeduni Vienna.

Diese Erkenntnis ist deshalb von Bedeutung, da Be­o­bachterbewertungen eine Methode mit vergleichsweise geringem Aufwand und geringen Kosten sind. Allerdings werden Beobachterbewertungen im Tierschutz erst seit wenigen Jahren eingesetzt, weshalb die nun belegte Validi­tät dieser Untersuchungsmethode eine wichtige Bestätigung für ihren Nutzen ist. Je mehr darüber bekannt ist, wie sich Unterschiede in der Persönlichkeit von Tieren auf deren Wohlbefinden und Wohlergehen auswirken, desto besser kann die Pflege auf individuelle Bedürfnisse angepasst und die Lebensqualität der Tiere verbessert werden.