Prof. Markus Wild

Professor für Theoretische Philosophie

Mag. Eva Kaiserseder

Herr Professor Wild, in Bälde besuchen Sie das Ländle für einen Vortrag. Was wird das Thema Ihrer Keynote mit dem Titel „Welpen streicheln, Ferkel essen – Ferkel streicheln, Welpen essen?“ sein?
Es geht um die Vergleichbarkeit und den Gegensatz zwischen Schweinen und Hunden. Beides sind kluge, soziale, emotionale, neugierige, kommunikative und wissbegierige Tiere. Aber wir gehen ganz anders mit ihnen um. Das hat das Schwein wirklich nicht verdient.

Sie sind, verkürzt gesagt, „Tierphilosoph“, eigentlich ja Professor für Theoretische Philosophie. Wie erklären Sie einem Achtjährigen Ihren Beruf?
Ich möchte herausfinden, wie Tiere denken. Und ich will den Menschen zeigen, dass man Tiere nicht essen darf, weil sie ja auch leben wollen.

Eines Ihrer Forschungsgebiete ist das Schmerz-bewusstsein von Tieren, etwa auch beim Fisch.
Was ist hier der Stand der Dinge?
In den letzten Jahren ist ein neues Bild vom Fisch ent-standen. Fische sind nicht dumme und stumme Kreaturen mit Dreisekundengedächtnis, sondern lernfähig und sozial. Früher dachte man, dass Fische keine Schmerzen empfinden können, weil sie keine Hirnrinde haben. Diese Ansicht ist heute überholt. Alle wissenschaftlichen Belege weisen darauf hin, dass Fische Schmerzen empfinden können.

Sie plädieren für die Begrifflichkeit vom menschlichen und nicht menschlichen Tier. Wie konkret ist das gemeint?
Sehr konkret. Menschen sind wie andere Tiere auch biologische Lebewesen und das Produkt der Evolution. Ich möchte, dass wir den Gegensatz „der Mensch“ und „das Tier“ auflösen. Vielleicht denken Sie jetzt: „Aha, Menschen sind also instinktgesteuert und von ihren Genen bestimmt!?“ Das würde aber mehr über Ihr Bild von Tieren als über mein Bild vom Menschen aussagen. Mein Bild besagt nicht, dass Menschen keine besonderen Tiere sind. Wir sind kulturelle und sprachliche Tiere.

Nach wie vor unterscheiden Menschen sehr stark zwischen „Nutztier“ und „Haustier“. Woher kommt diese Differenzierung aus Ihrer Sicht als Philosoph? Und warum hält sie sich gar so hartnäckig?
Die Worte sagen, was wir in unserer Kultur mit diesen Tieren tun dürfen und was nicht. Hunde, wenn sie Glück haben, streichelt man und sie wohnen im Haus. Schweine kastriert man ohne Narkose, sperrt sie in dunkle Ställe ein, wo sie ein elendes Leben führen, dann werden sie mehr oder oft leider weniger schmerzlos umgebracht. Der Unterschied entstammt der Idee, dass wir Tiere für unsere Zwecke nutzen dürfen. Weil diese Unterscheidung tief verwurzelt ist und mit vielen lieb gewonnenen Gewohnheiten zusammenhängt, wollen wir sie nicht aufgeben.

Der Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte ist, zumindest in den westlichen Industrienationen, seit Jahren Trend. Historisch gesehen ist aber eher das Fleischessen in diesem Umfang neu, oder?
Heute machen Nutztiere den größten Anteil von Tieren überhaupt auf dem Planeten Erde aus. Sie sind Körnchen in einem gnadenlosen Mahlwerk. Der Massenverzehr von Fleisch hat seinen Anfang im 19. Jahrhundert genommen. Damals entstand die Idee, dass wir vor allem tierisches Eiweiß brauchen, weil das „Kraft“ gibt. Diese Idee ist so tief verwurzelt, dass vielen Leuten nicht bewusst ist, dass auch nicht tierisches Eiweiß existiert. Im 20. Jahrhundert hat man den Produktions- und Schlachtprozess industrialisiert. Aufgrund dieser Massentierhaltung findet man es normal, im Discounter 600 Gramm Fleisch für zwei oder drei Euro zu kaufen. Dahinter steckt eines der schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, wie der israelische Historiker Yuval Noah Harari zu Recht sagt.

Dieser Tage ist Prof. Markus Wild übrigens in Österreich, er hält einen Vortrag am Animalicum-Kongress in Bregenz am 16. und 17. März. www.animalicum.com Außerdem wird er eine Keynote bei der ÖTT-Tagung am 3. Mai an der Vetmeduni Wien halten: „Im Interesse der Tiere – zulasten der Tiere?– Ethische Überlegungen“. Anmeldungen dafür bitte unter: 

anmeldung@tieraerztekammer.at