Ihr Name ist in Fachkreisen stark mit dem Thema Jagd verbunden. Wie haben Sie dieses Thema für sich entdeckt?
Ich wurde sozusagen jagdlich sozialisiert, da mein Vater Hobbyjäger war. Aufgrund dieses jagdlichen Wissens lag es nach meinem Studium mehr oder weniger auf der Hand, das mit meinem beruflichen Wissen zu kombinieren. Da ich als Amtstierarzt viel mit Lebensmittelkontrolle zu tun hatte und auch einen einschlägigen Diplomate erwarb (Dipl ECVPH, Spezialisierung „Food Science“, Anm. d. Red.), war das eine ideale Voraussetzung, um mich insbesondere mit dem Thema Wildbret-Hygiene zu beschäftigen. So war ich von Anfang an dabei, als die Wildfleischuntersuchung 1994 in Österreich gesetzlich geregelt wurde, und habe zusammen mit drei anderen Autoren das Ausbildungsbuch „Wildbret-Hygiene“ geschrieben, das mittlerweile in der siebten erweiterten Auflage erscheint und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Mit dem Institut für Fleischhygiene und Lebensmittelwissenschaften an der Vetmeduni ergab sich dann eine perfekte Zusammenarbeit, und so konnte ich, vor allem gemeinsam mit Ass.-Prof. Dr. Peter Paulsen, eine Reihe von Untersuchungen durchführen und wissenschaftlich publizieren.
Wie hat sich Ihre Haltung zur Jagd geändert respektive entwickelt?
Ich habe den Tod von Tieren in drei verschiedenen Bereichen immer wieder gesehen, und zwar einerseits als Jäger bei der Jagd, dann als Amtstierarzt bei der Schlachthofkontrolle und außerdem als Kleintierpraktiker bei der Euthanasie von Patienten. Dann habe ich mich irgendwann, vor rund 15 Jahren, gefragt, wie man diese vielen Tiertötungen, die mich oft emotional sehr -berührten, rechtfertigen kann. So habe ich begonnen, mich mit Philosophie, insbesondere Ethik und Tierethik, intensiv zu beschäftigen. Alle gängigen tierethischen Theorien sehen die Art und Weise, wie wir mit empfindungsfähigen Tieren umgehen, als falsch respektive inakzeptabel an, die meisten lehnen auch die Tötung, außer etwa Euthanasie, ab. Weiters war Evolutions-, Kognitions- und Verhaltensbiologie schon immer eine Leidenschaft von mir. Die Schlussfolgerung aus dem erworbenen Wissen ließ dann – bei intellektueller Redlichkeit – nichts anderes mehr zu, als meine Einstellung zur Jagd und zu Tieren grundsätzlich zu ändern. Und so bemühe ich mich, in meiner Tierschutzarbeit pragmatisch vorzugehen, obwohl mein Fernziel natürlich ein grundlegender Systemwechsel ist.
Sie waren Amtstierarzt und Praktiker. Welche dieser beiden Tätigkeiten hat Sie mehr beansprucht und warum?
Ich habe beide Tätigkeiten sehr gemocht, weil sie recht abwechslungsreich und fordernd waren und Weiterbildung in den verschiedensten Bereichen erforderten. Im Herzen war ich aber immer Praktiker. Das war unter den gegebenen Rahmenbedingungen eine unglaublich erfüllende Tätigkeit.
Als Kleintierpraktiker haben Sie den Wandel im Berufsstand miterlebt, etwa jenen weg vom Allrounder hin zur Spezialisierung. Wohin wird sich der Beruf des Tierarztes Ihrer Meinung nach mittelfristig entwickeln?
Die Spezialisierung wird sicher fortschreiten, und das ist gut so, denn damit steigen auch die Problem-lösungskapazitäten. Dennoch sollte man das breite Allgemeinwissen, welches das Veterinärmedizinstudium – noch – bietet, nicht unterschätzen, denn es macht uns zukunftsfit, wenn sich die persönliche berufliche Richtung und Schwerpunktsetzung ändert. Tierärzte und Tierärztinnen werden meiner Meinung nach auch in Zukunft als Fachleute sehr gefragt sein, wenngleich ich insbesondere im Bereich der Nutztiere einschneidende Veränderungen – hin zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Tieren – erwarte.
Ein Thema, mit dem Sie in Ihrer Laufbahn beschäftigt waren, ist der Tierschutz, unter anderem waren Sie Mitbegründer der ÖTT (Plattform Österreichischer Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz, Anm.). Was liegt Ihnen in diesem Bereich besonders am Herzen?
Als Amtstierarzt war Tierschutz einer der Schwerpunkte meiner Tätigkeit, ich war schon immer sehr tierschutzaffin. Leider musste ich erkennen, dass es bei unserem im Grunde gar nicht so schlechten Tierschutzrecht erhebliche Wissens- und Vollzugsdefizite gibt. Es ist mir daher der Wissenstransfer im Tierschutzbereich sowie die ständige Weiterbildung der Tierärztinnen und Tierärzte ein großes Anliegen, damit wir dem Anspruch, Anwälte der Tiere zu sein, bestmöglich gerecht werden können. Außerdem halte ich es für notwendig, dass wir die aktuellen Erkenntnisse der Evolutions-, Kognitions- und Verhaltensbiologie sowie der Tierethik sachlich diskutieren und letztlich auch Konsequenzen daraus ziehen – auch, wenn das da oder dort massiv gegen kurzsichtige wirtschaftliche Interessen geht.
Welche Ideen und Denkansätze waren Ihnen hier besonders wichtig, den Kollegen respektive der Jägerschaft zu vermitteln?
Die derzeitig dominanten Strömungen der Tierethik sind das Extensionsmodell und der moralische Individualismus als Theorierahmen. Der Großteil der Autoren fokussiert dabei auf Eigenschaften wie Leidensfähigkeit, Rationalität, Sprachfähigkeit, Personalität, Moralfähigkeit als zentrale Eigenschaften respektive Fähigkeiten, die bestimmte Tiere, dabei hauptsächlich Wirbeltiere, und -Menschen gleichermaßen haben können und die für unsere moralischen Beziehungen zu Tieren relevant sind. Das versteht sich als Gegenmodell zur Begründung des moralischen Status über die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, also des Speziesismus.
Das heißt im Klartext, dass wir viel mehr gegen das weit verbreitete Tierleid unternehmen müssen und bei der Frage nach dem vernünftigen Grund, der eine Tiertötung rechtfertigen kann, eine viel konsequentere Aus-legung brauchen. Für den Bereich der Freizeit- und Hobby-jagd heißt das, dass es inakzeptabel ist, Tiere zwecks Freizeitvergnügen und aus Spaß zu töten, auch, wenn das derzeit – noch – legal ist.
Vernünftig rechtfertigbar ist eigentlich nur die sogenannte Ultima-Ratio-Jagd: Das heißt, es werden nur Tiere tierschutzgerecht getötet, wenn das aus etwa ökologischen oder seuchenhygienischen Gründen unbedingt erforderlich ist. Das wäre derzeit in Österreichs Kulturlandschaft nur für Rot-, Reh- und Schwarzwild einigermaßen sicher der Fall.
Seit 2014 sind Sie in Pension. Wie hat sich Ihr Alltag seither verändert?
Zum Besseren – aber gut und spannend war mein Leben auch vorher schon. Da fremdbestimmte Tätig-keiten wegfallen, kann ich das tun, was ich will und was mich interessiert.
Was sind Ihre Hobbys, wie verbringen Sie Ihre Freizeit gerne?
Ich bewege mich viel, reise gerne und lese praktisch täglich einschlägige Literatur, hauptsächlich über Tierschutz/Tierethik und Verhaltens- sowie Kognitionsbiologie. Aber ich besuche auch sehr gerne Ausstellungen und Museen und bin mittlerweile ein Fan des Burgtheaters.
Ein Satz, der Sie während Ihrer Karriere immer wieder einmal inspiriert hat oder Ihnen als Motivation begegnet ist?
Glaubwürdigkeit entsteht durch Handeln.