Warum die Gesundheitsvorsorge so wichtig ist, verriet uns Mag. Barbara Benkö-Neudecker von der Kleintierordination Oberwart im Interview.
Frau Mag. Benkö-Neudecker, Sie bieten in Ihrer Ordination Präventivmedizin an. Warum ist es so wichtig, bei Tieren auf die Gesundheitsvorsorge zu achten?
Die Gesundheitsvorsorge hilft, bestimmte Krankheiten zu vermeiden oder zumindest frühzeitig zu erkennen. So kann im Falle der Erkrankung eine schnellere Behandlungseinleitung vorgenommen und der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden. Basis in der Vorsorge ist der jährliche Gesundheitscheck. Je nach Art und Alter des Tieres biete ich dann die entsprechenden Behandlungen an.
Welche Vorsorgemaßnahmen empfehlen Sie bei Hunden und Katzen?
In der Prävention ist mir die Vorsorge gegen Parasiten ganz wichtig. Dazu gehört eine regelmäßige Entwurmung, vor allem bei Jungtieren, und wenn Kinder im Haushalt leben. Aber auch ein ganzjähriger Schutz vor Flöhen, Zecken und Milben ist essenziell, da diese Parasiten schwere Erkrankungen übertragen können.
Auch das Chippen und Registrieren von Hunden und frei laufenden Katzen ist ein wichtiger Bereich in der Vorsorge. Denn Katzen, die Freigänger sind, können sich sehr weit von ihrem Wohnort entfernen, und ohne Registrierung kann ihr Besitzer oftmals nicht gefunden werden.
Ich mache Tierhalter auch darauf aufmerksam, dass es eine Kastrationspflicht für frei lebende Katzen gibt. Das ist wichtig, damit es zu keiner unkontrollierten Vermehrung und zu schweren Verletzungen bei raufenden Katern kommt. Impfungen gehören natürlich auch zum Vorsorgepaket. Ich empfehle bei Hunden und Katzen alle gängigen Standardimpfungen und bei Auslandsreisen eine Impfprophylaxe je nach Destination.
Fragen die Tierhalter von sich aus nach Vorsorgebehandlungen für ihr Tier oder bieten Sie diese aktiv an?
Es gibt gewisse Tierhalter, die selbst danach fragen, aber es kommt auf die Compliance an. Großteils bieten wir Präventivmedizin aktiv an. Es hängt grundsätzlich von der Einstellung des Tierhalters ab, ob er unser Angebot annimmt oder nicht. Manche willigen aus Kostengründen nicht in Vorsorgebehandlungen ein, anderen fehlt die Einsicht in die Notwendigkeit der vorbeugenden Behandlung.
Sind Tierhalter aufmerksamer und achtsamer geworden, was die Vorbeugung von Krankheiten betrifft?
Auf jeden Fall, das hat sich mit den Jahren gebessert. Es hat auch damit zu tun, dass Haustiere jetzt einen höheren Stellenwert in der Familie haben als früher. Sie sind Familienmitglieder, manchmal auch Kinderersatz. Dadurch wird in die Gesundheit der Tiere mehr investiert.
Wie wichtig ist die Zahngesundheit in der Prophylaxe von Krankheiten?
Sehr wichtig! Ich kontrolliere die Zähne meiner Patienten bei der jährlichen Gesundenuntersuchung. Bei Karies oder Zahnstein sammeln sich in der Maulhöhle Bakterien an, die auf den gesamten Körper des Tieres streuen können. Durch nicht sanierte Zähne kann es zu Halsweh, einer Schwächung des Immunsystems, zu Magen- und Darmbeschwerden und sogar zu Herzerkrankungen kommen. Deshalb plädiere ich für eine prophylaktische Zahnsteinentfernung, bevor die Zähne schadhaft werden und sich Bakterien ausbreiten. Ich führe die Zahnsteinentfernung mit Ultraschall in Narkose durch. Manche Tierhalter schrecken vor einer Zahnbehandlung zurück, weil sie Bedenken wegen der Narkose haben. Aber wenn man frühzeitig Zahnstein entfernt, wenn er noch nicht so ausgeprägt ist, dann ist die Narkosedauer auch relativ kurz und das Risiko geringer. Ich rate den Tierhaltern auch, dass sie ihren Tieren vom Welpenalter an die Zähne putzen, aber die Kooperation der Tiere ist nicht immer gegeben.
Gibt es auch spezielle krankheitsvorbeugende Behandlungen bei älteren Tieren?
Beim älteren Tier sind periodische Blutuntersuchungen sinnvoll, um Krankheiten wie Schilddrüsen- und Herzerkrankungen oder bei älteren Katzen Nierenprobleme frühzeitig erkennen zu können. Gerade bei Nierenproblemen kann viel mit einer speziellen Diät erreicht werden, ohne zusätzlich Medikamente geben zu müssen.
Ist Ernährung in der Prophylaxe ein wichtiges Thema?
Ja. Bei Junghunden großer Rassen kann es von Vorteil sein, prophylaktisch Zusatzmittel zu füttern, die ein gutes Wachstum fördern. Bei älteren Hunden können spezielle Nahrungsergänzungsmittel die Gesundheit der Gelenke, des Herzens und der Leber unterstützen. Es gibt immer mehr Tiere, die an Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien leiden. Unverträglichkeiten können zu Durchfall, Erbrechen, Hautsymptomatik oder Otitis führen und sollten deshalb unbedingt rechtzeitig behandelt werden. Um den Auslösern auf die Spur zu kommen, muss man austesten oder mit Ausschlussdiäten arbeiten. Das ist wichtig, um chronischen Erkrankungen vorzubeugen.
Ist Übergewicht auch ein Thema in der Prophylaxe?
Ja, schon, denn Übergewicht kann zu Gelenksproblemen und zu Erkrankungen des Bewegungsapparates führen. In unserer Gesellschaft kommt Übergewicht bei Tieren recht häufig vor, weil die Tierbesitzer zu viel füttern und die Tiere zu wenig Bewegung haben. Eine große Rolle spielt, inwieweit der Tierhalter das Problem ernst nimmt. Man muss das Tier auf Diät setzen und konsequent sein. Das ist oft schwierig,; vor allem die Omas sind da ein Schwachpunkt, nach dem Motto: „Liebe geht durch den Magen.“
Nach diesem Einblick in die Vorsorgemedizin aus tierärztlicher Sicht haben wir einige TierhalterInnen gefragt, wie wichtig ihnen präventivmedizinische Maßnahmen für ihre Haustiere sind. Lesen Sie hier, was zwei Hunde- und eine Katzenbesitzerin zu diesem Thema zu sagen haben: