Tierzahnarzt –

ein Beruf mit Zukunft

Bettina Kristof

Vor einigen Jahren war es noch durchaus üblich, dass praktische Tierärzte auch komplette Zahnbehandlungen durchgeführt haben. Aber so wie in der Humanmedizin gibt es auch im Veterinärbereich einen Trend zur Speziali­sierung auf einzelne Fachgebiete. Warum es Sinn ergibt, Zahnheilkunde als Spezialgebiet anzubieten, erzählt uns Dr. Georg Mahr, der in Wien eine Tierzahnpraxis betreibt.

Sie haben sich auf den Bereich Zahnmedizin bei Tieren spezialisiert. Warum haben Sie diesen
Weg eingeschlagen?
Grundsätzlich hat mich das Thema Zahnheilkunde schon immer interessiert. Während meiner Dissertation im Bereich Chirurgie war ich vermehrt auch mit Zahnheilkunde konfrontiert und entdeckte dabei, dass es Spezialausbildungen und Fortbildungen in diesem Bereich gibt. Als ich meine Praxis im Jahr 2009 gegründet habe, gab es noch kaum Tierzahnärzte, das war in anderen Ländern wie beispielsweise in den USA damals bereits üblicher. Es sollte im Tierbereich genauso selbstverständlich sein, mit seinem Liebling zum Zahnarzt zu gehen, wie es im Humanbereich als menschlicher Patient der Fall ist. 

Finden Sie es wichtig, dass es Zahnärzte für Tiere gibt?
Ja, natürlich! Es gibt in der Veterinärmedizin einen Trend zu Spezialisierungen, genau wie im –Humanbereich. Gesunde Zähne sind ganz wichtig für die Gesundheit des Körpers insgesamt. Spezialisierte Tierzahnärzte haben Wissen, Erfahrung und Routine in diesem Bereich und sollten deshalb Ansprechpartner sein, wenn es um Zahngesundheit geht. Viele Kollegen sind da auch sehr verantwortungsvoll und überweisen an den Spezialisten, wenn schwerwiegendere, nicht alltägliche Zahnprobleme auftreten. Es geht schließlich um das Wohl der Tiere, und die haben ein Recht auf die bestmögliche Behandlung. Tierzahnärzte haben auch ein intensiveres Bewusstsein für die Zahnschmerzen der Tiere. Ein abgebrochener Zahn beispielsweise verursacht Schmerzen und stellt einen Infektionsherd dar, kann jedoch bei einem Zahnmediziner erhalten und lege artis versorgt werden. Tiere können oft nicht so gut zeigen, dass sie Schmerzen haben. Deshalb ist es ganz wichtig, jedes Zahnproblem ernst zu nehmen, genau zu untersuchen und zu behandeln. Dazu kommt, dass der Tierzahnarzt auch technisch optimal ausgestattet ist. Man braucht für die Diagnose vieler Erkrankungen ein spezielles Dentalröntgen, das in Allgemeinpraxen in vielen Fällen nicht vorhanden ist.

Welche Röntgengeräte haben Sie in Ihrer Ordination?
Meine Praxis verfügt über zwei digitale Röntgensysteme: ein großes Übersichtsröntgen und ein spezielles Dentalröntgen für hochauflösende Detailaufnahmen.

Zur Abklärung welcher Zahnprobleme verwenden Sie das Digitalröntgen?
Es kommt immer bei Zahnfrakturen zum Einsatz, um bis in die Wurzel hinein abzuklären. Ebenso, wenn der Verdacht auf FORL besteht, um Zahn und Wurzeln -beurteilen zu können. Bei Welpen oder Junghunden röntgenisiere ich, wenn Zähne ausbleiben, ebenso wird bei Zuchtuntersuchungen ein Röntgen angefertigt. Wenn der Verdacht auf einen Kiefertumor besteht, ist ein Röntgen notwendig, um den Kieferknochen beurteilen zu können. Nach Zahnkürzungen und invasiven Zahnbehandlungen dient ein Röntgen der Kontrolle. 

Müssen die Tiere vor dem Röntgen eigentlich sediert werden?
Grundsätzlich ja, weil sie speziell gelagert werden müssen. Das ist keinem Tier angenehm und das lassen die wenigsten in wachem Zustand mit sich geschehen. Es ist auch schwierig, die Tiere ruhig zu halten. Der Tierarzt müsste dann mit seiner Hand eingreifen und wäre den Strahlen ausgesetzt. Auch aus Gründen des Strahlenschutzes ist es für den Arzt gefahrloser, wenn das Tier bei einer Röntgenuntersuchung sediert ist, da die Röhre aus sicherer Entfernung ausgelöst werden kann. Sollte eine OP im Anschluss an das Röntgen notwendig sein, kann das Tier gleich von der Sedierung in die Narkose überführt werden.

Welche weiteren technischen Geräte – abseits von Bohrern – verwenden Sie in Ihrer Ordination?
Alle gängigen Gerätschaften für operative zahnmedizinische Eingriffe. Meine Praxis verfügt über ein modernes Inhalationsnarkosegerät mit Herz-Kreislauf-Überwachung und Blutdruckmessung, ein komplettes Blutanalysegerät zur sofortigen Kontrolle von Risikopatienten und ein -kleines Endoskop, um schwer zugängliche Stellen in der Maulhöhle inspizieren zu können. Die Sicherheit der Patienten steht für mich an oberster Stelle, deshalb sind diese Überwachungs- und Behandlungsmöglichkeiten für mich sehr wichtig. Im Zahnbereich werden viele Untersuchungen und die meisten Behandlungen in Narkose durchgeführt. Die genaue Überwachung der Patienten während der Narkose ist extrem wichtig. Dies kann ich nach modernstem Standard zum Schutz und zur Sicherheit des Patienten anbieten. In der Zahnmedizin wird viel mit Wasserspülung gearbeitet, deshalb arbeite ich bei Behandlungen in Vollnarkose ausschließlich mit intubierten Patienten, da der Patient sonst Gefahr läuft, Wasser zu aspirieren. Natürlich gestalte ich die Narkosen so schonend und kurz wie -möglich, damit sie wenig belastend sind.

Hatten Sie hohe Investitionskosten?
Eine Praxisausstattung ist nicht billig, vor allem, wenn sie auf höchstem technischem Niveau ist. Ich habe immer darauf geachtet, bestmögliche Veterinärgeräte in meiner Praxis zu verwenden. 

Haben Sie vor, in nächster Zeit in weiteres technisches Equipment zu investieren?
Nein, meine Ordination ist derzeit sehr gut ausgestattet. Wenn ein Gerät kaputt wird, würde ich es ersetzen, sonst sind derzeit keine Neuanschaffungen geplant.

Bei welchen Zahnproblemen überweisen Sie an eine Tierklinik?
Grundsätzlich muss ich nie überweisen, höchstens, man braucht ein MRT oder CT. Für diese Untersuchungen überweise ich die Patienten in eine entsprechend ausgestattete Klinik. Alle Eingriffe führe ich in meiner Ordination durch. Meine Praxis verfügt über die dafür notwendige Ausstattung.

Welche Zahnbehandlungen führen Sie am häufigsten durch?
Beim Hund kommen die Sanierung von frakturierten Zähnen, aber auch Zahnregulierungen und Parodontitisbehandlungen im Zusammenhang mit Zahnstein sowie Fremdkörperentfernung aus der Maulhöhle – verklemmte Holz- oder Knochenstücke etwa – am häufigsten vor. Bei der Katze sind die wichtigsten Themen Zahnsteinentfernung und Zahnextraktion aufgrund von -FORL-Läsionen, bei Kaninchen und Meerschweinchen müssen oft die Schneide- und Backenzähne aufgrund von Fehlstellungen oder überlangem Wachstum mangels Abrieb korrigiert werden, sie leiden aber auch immer wieder an eitrigen Abszessen. Jede Tierart hat ihre eigenen Zahnerkrankungen.

Hat die Zahnmedizin bei Tieren Zukunft?
Absolut. Die Tierbesitzer sind achtsamer geworden, weil das Bewusstsein und die Sorge um die Zahngesundheit ihrer Lieblinge gestiegen sind. Tiere werden immer mehr zu gleichwertigen Familienmitgliedern, der soziale Kontakt zwischen den Tieren und ihren Menschen wird enger. Die Tierhalter sind auch besser über die Möglichkeiten der Zahnheilkunde bei Tieren informiert, zum Teil sicher durch das Internet. 

Viele Tierhalter lassen die Zähne ihrer Tiere anlässlich der jährlichen Kontrolle bei ihrem praktischen Tierarzt untersuchen. Aber es gibt auch immer mehr Tierbesitzer, die mit ihrem Tier direkt zu mir kommen, weil sie Symptome wie Maulgeruch oder Verhaltensveränderungen wahrnehmen. Wenn das Tier beispielsweise nicht richtig oder komisch frisst oder sein Spielzeug nicht verwendet, dann fällt das aufmerksamen Menschen auf und sie kommen zur Sprechstunde, um sich beraten zu lassen. Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass die Tiere einmal im Jahr zum Tierzahnarzt zur Untersuchung kommen. 

Wie sehen die Zukunftstrends im Bereich der Zahnmedizin für Tiere aus?
Die Trends gehen eindeutig in Richtung zahnerhaltender Methoden. Zahnregulierungen und Implantate für Tiere werden an Bedeutung zunehmen.