Bettina Kristof
Pferde sind edle Geschöpfe, doch leider anfällig für unterschiedliche Erkrankungen. Lahmheit, Verletzungen und Schwächen des Bewegungsapparates sowie Koliken gehören zu den häufigsten Beschwerden, die den Besuch eines Tierarztes notwendig machen. Deshalb ist ein kompetenter und vertrauenswürdiger Pferdetierarzt für den Tierhalter und sein Pferd besonders wichtig. Wir haben zu dem Thema ein Interview mit Dr. med. vet. Georg Hladik, Inhaber der Pferdeklinik Pegasus in Breitenfurt, geführt.
Österreich ist ja kein typisches „Pferdeland“, es gibt nicht so viele Reiter wie beispielsweise in Deutschland oder Holland. Was hat Sie dazu bewogen, sich auf Pferdemedizin zu spezialisieren und noch dazu eine private Pferdeklinik zu eröffnen?
Das war schon immer mein Lebenstraum! Das Interesse für Pferde begann schon in meiner Kindheit, ich wuchs mit Pferden auf. Ich studierte Veterinärmedizin in Wien, hatte schon während meines Studiums verschiedene Auslandspraktika und war nach meinem Studienabschluss ein halbes Jahr in Schweden und eineinhalb Jahre in den USA, davon ein Jahr als Assistent am Georgetown Equine Hospital in den USA. Dort habe ich viel gelernt, der Einsatz unterschiedlicher Diagnose- und Therapiegeräte war bereits State of the Art, als dies in Österreich noch kaum üblich war. Ich habe gleich nach meiner Rückkehr nach Wien neben dem Start der mobilen Pferdepraxis zuerst „zur Sicherheit“ auch eine Kleintierpraxis eröffnet.
Mein großes Interesse galt und gilt aber den Pferden, deshalb habe ich mich auf die Behandlung dieser konzentriert und 1993 mit dem Bau einer eigenen Pferdeklinik begonnen. 1994 habe ich die Pferdeklinik Pegasus dann -eröffnet, es war damals die erste private Klinik für Pferde in Österreich. Es war natürlich ein wirtschaftliches Wagnis, aber es war mir wichtig, meinen Lebenstraum zu erfüllen. Und ich hatte mit dem, was ich in den USA gesehen und gelernt hatte, ein Ziel vor Augen und konnte es realisieren.
Was macht einen guten Pferdetierarzt aus?
Er sollte natürlich in erster Linie immer das Wohl des -Tieres im Auge behalten. In der Pferdeklinik ist es mir möglich, meine Patienten genau zu beobachten. Wenn man eine enge Beziehung zu den Pferden aufbaut und selbst Reiter ist, dann kann man das Wesen eines Pferdes -besser verstehen. Das ist für die Diagnose und die anschließende Behandlung ganz wichtig. Pferde sind außerdem sehr -sensibel, deshalb ist die individuelle Betreuung von -großem Vorteil für den Heilungsprozess.
Was ist das Besondere an Ihrer Pferdeklinik?
Die Pferdeklinik Pegasus ist ein Ort für Pferde, an dem sich die Tiere auch wohlfühlen sollen. Wir tun alles, um eine angenehme Atmosphäre für die Pferde zu schaffen, um ihnen die Angst zu nehmen und sie für die Dauer ihres Aufenthaltes möglichst komfortabel unterzubringen. Deshalb tragen wir keine weißen Mäntel, die Pferde sind in Paddock-Boxen oder Außenboxen untergebracht, werden je nach Krankheitsbild liebevoll von den Tierärzten und Helfern gepflegt und behandelt und können sich, soweit es möglich ist, auch im Freien bewegen.
Das ist mir im Übrigen ein besonderes Anliegen: Pferde sollten nach Möglichkeit immer in Bewegung sein. Auch wenn sie erkrankt sind, sollte dies, je nach Krankheitsbild, zumindest in Maßen erlaubt sein bzw. sogar gefördert werden. Deshalb haben wir auch ein Laufband und sogar einen Aquatrainer für Pferde, der schonende Bewegung erlaubt und in der Rehabilitationsphase wertvolle Dienste erweist. Natürlich ist das alles sehr personalintensiv, aber es bringt den Pferden so viel!
Wie viele Mitarbeiter haben Sie denn?
Derzeit sind wir drei Tierärzte, fünf PflegerInnen und eine Sekretärin.
Sie bieten in Ihrer Pferdeklinik eine Vielzahl von -Untersuchungen vor Ort an. Benötigt man für Pferde besondere Diagnosegeräte?
Wir haben mittlerweile eine Vielzahl an Geräten, die uns je nach vermuteter Erkrankung wichtige Dienste erweisen. Ultraschall, Endoskop und digitales Röntgen gehören zum Standard. Seit 2002 haben wir auch einen Szintigrafen. Er war damals der einzige im Pferdebereich in ganz Österreich. Dieses Gerät ist bei schwer lokalisierbaren orthopädischen Erkrankungen vor allem im Becken- und Wirbelsäulen-bereich sowie bei Haarrissen oder Entzündungen im gesamten Knochenbereich eine wertvolle Unterstützung für eine sichere Diagnose.
Betreuen Sie die Pferde ausschließlich in Ihrer Klinik oder auch im jeweiligen Stall, in dem die Tiere eingestellt sind?
Wir machen beides. Ich würde sagen, der Klinikbetrieb macht 70 Prozent unserer tierärztlichen Arbeit aus, die Außenpraxis 30 Prozent.
Gibt es Untersuchungen oder Behandlungen, die Sie nicht selbst durchführen können und bei denen Sie daher die Patienten an die Vetmeduni Vienna oder an eine andere Klinik überweisen müssen?
Die meisten Patienten können wir selbst behandeln. Bei speziellen Problemen ziehen wir auch Experten zurate, die dann oftmals bei uns behandeln. Wir selbst sind vor allem auf Orthopädie und orthopädische Chirurgie spezialisiert und bekommen in diesem Bereich auch Patienten von anderen Tierärzten überwiesen. Im Fall von Seuchen oder schweren Infektionen verweisen wir an die Vetmed-uni Vienna, dort gibt es Spezialisten für diese Erkrankungen und zusätzlich ausreichend Isolierboxen für die betroffenen Pferde. Bei Koliken haben wir eine jahrelange sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Tierklinik Mitterndorf. Selbstverständlich berücksichtigen wir aber immer im Fall einer Überweisung den Wunsch des Besitzers und arbeiten gerne auch mit allen anderen Kliniken gut zusammen.
Sie bieten auch einen Transport- bzw. Abholservice an. Das ist sicher praktisch, verteuert aber das Honorar. Wird dieser oft in Anspruch genommen?
Einige Tierhalter lassen ihre Pferde von uns abholen, wir arbeiten hierfür aber auch mit einer Transportfirma zusammen. Aber die meisten bringen ihre Tiere selbst.
Wie viele Patienten-Pferdeboxen haben Sie in Ihrer Klinik?
Wir haben insgesamt 40 Boxen. 13 davon sind direkt im Klinikgebäude, der Rest wird zum Teil von zusätzlichen Klinikpferden und immer mehr für den wachsenden Anteil an Rehabilitationspferden verwendet. Fünf bis sechs Boxen werden auch von Einstellern genutzt.
Sie haben eine große Reithalle auf dem Klinikgelände. Wozu brauchen Sie diese?
Für die Diagnose ist es oft wichtig, dass man die Tiere so sieht, wie sie verwendet werden. Das lässt sich in der Halle bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit zeigen.
Bieten Sie auch Futtermittelberatung an?
Ja. Wir selbst vertreiben englisches Pferdefutter der Firma Dodson & Horrell, die sich vor allem auch durch sehr gutes Diätfutter auszeichnet.
Zu Ihren Hobbys gehört auch die Pferdezucht. Züchten Sie selbst? Wenn ja, welche Rasse?
Ja, das ist richtig, meine Frau ist hier die Expertin, aber ich unterstütze sie gerne. Derzeit hat sie zwei trächtige Oldenburger Warmblutstuten.
Welche Zukunftstrends sehen Sie in der Pferdemedizin?
Der Trend geht eindeutig zur Spezialisierung. Das bedeutet ein größeres Wissen im jeweiligen Fachgebiet, gleichzeitig geht aber dadurch der Blick auf das große Ganze verloren, was mitunter nachteilig sein kann. In der Zukunft wird regenerative Medizin immer wichtiger werden, mit Stammzellen, PRP-Therapien, aber auch die physikalische Medizin wird an Bedeutung gewinnen. Auch in der Pferde-medizin geht der Trend eindeutig Richtung Mobilität. Es ist wichtig, dass Pferde wieder früher bewegt werden.
Verträgt Österreich noch mehr Pferdetierärzte?
Ich denke schon. Basis dafür sind ein guter Wissensstand und die sorgfältige Auswahl des Standortes. In einigen Bundesländern gibt es sicher noch Bedarf. Es ist natürlich eine wirtschaftliche Herausforderung, denn heutzutage muss man einen ziemlichen Standard von Beginn an auf die Beine stellen. Zu meiner Zeit war das noch einfacher, ich konnte die Klinik langsam aufbauen, die teuren Geräte nach und nach kaufen. So wuchs die Klinik langsam, aber stetig über die Jahre. Derzeit stehen auf einem Areal von circa fünf Hektar Gebäude im Ausmaß von circa 2.500 Quadratmetern. Heute muss man die wichtigsten Untersuchungs- und Behandlungsgeräte und die geeigneten Räumlichkeiten aber von Beginn an anbieten -können, um konkurrenzfähig zu sein. Insofern ist es sicher viel schwieriger geworden.
Sind Pferdehalter heutzutage bereit, mehr Geld für ihre vierbeinigen Lieblinge auszugeben als früher?
Es gibt heutzutage mehr Möglichkeiten als früher, aber ich denke, die Bereitschaft, das Beste für die Gesundheit des eigenen Pferdes zu wollen, ist die gleiche. Mit den heutigen Methoden sind Diagnosen sicherer zu erstellen, die Besitzer erwarten sich aber auch mehr. Die Kosten sind allgemein gestiegen, man kann also sagen, dass sich die Behandlungen verteuert haben.
Haben Sie noch eine Botschaft an die Pferdehalter? Etwas, das Ihnen im Umgang mit Pferden wichtig wäre?
Die meisten Pferdehalter behandeln ihre Tiere sehr gut. Wichtig ist es, auf die Bedürfnisse der Pferde einzugehen. Man sollte sich schon vor dem Kauf überlegen, ob man genügend Zeit für ein Pferd hat. Es genügt nicht, am Wochenende zwei Stunden auszureiten, ein Pferd sollte am besten jeden Tag bewegt werden. Ich halte nichts davon, Pferde zu vermenschlichen: Sie brauchen keine teuren Accessoires, um glücklich zu sein, sondern reichlich Bewegung, um sich wohlzufühlen, elastische Böden, eine saubere Stallhaltung, ein weiches Liegebett und ausreichend Raufutter. Pferde sind gelehrige Tiere und haben Spaß bei der Leistung. Sie lassen sich daher gerne jederzeit motivieren.