Der Österreichische Pinscher

Porträt einer seltenen Rasse

Bettina Kristof

Anfang des 20. Jahrhunderts fand der Kynologe Emil Hauck auf dem österreichischen Land einen Hundetypus vor, der sich ohne Reinzucht zu einer gewissen Formenkonstanz im Hinblick auf Aussehen und Charaktereigenschaften entwickelt hatte. Um den Fortbestand dieser „Landpinscher“ als genügsame, wetterfeste und brave Haus- und Hofwächter zu sichern, strebte er die Anerkennung der Rasse an, was 1928 durch den ÖKV geschah: Der Österreichische kurzhaarige Pinscher wurde als Rasse eingetragen. Um mehr über diese alte österreichische Hunderasse zu erfahren, sprachen wir mit Tierärztin Mag. Ulrike Huspeka, frühere Obfrau des Klubs für Österreichische Pinscher und jetzt beteiligt am Projekt „Landpinscher“ zum Aufbau einer breiten genetischen Basis des Österreichischen Pinschers.

Frau Mag. Huspeka, was macht den Österreichischen Pinscher aus?
Der Österreichische Pinscher ist Familie und Freunden gegenüber ein treuer Begleiter und Wächter. Er macht erfolgreich Jagd auf Mäuse und Ratten und war früher ein unentbehrlicher Helfer bei der Arbeit mit dem Vieh. Sonst hat er keine jagdlichen Ambitionen und entfernt sich nie weit von seinen Besitzern oder seinem Territorium. Aufgrund dieser Eigenschaften war er in den Ländern der Donaumonarchie ein beliebter Haus- und Hofhund. Sein Aussehen ist eher unauffällig: Die meisten Österreichischen Pinscher sind mittelgroß, haben kleine Klappohren, semmelblondes, kurzhaariges Fell und eine aufgerollte Rute.

Wie entwickelte sich der Österreichische Pinscher seit seiner Anerkennung als Rasse?
Nach seiner Anerkennung wurde zwar mit Elan gezüchtet, aber das Problem war, dass der Österreichische Pinscher am Land weit verbreitet war und die Hunde dort ohnehin verschenkt wurden. Außerdem sah der typische Österreichische Pinscher dem weitverbreiteten Mischlingshundetyp zum Verwechseln ähnlich. Aus diesen Gründen hat er sich nicht gut verkauft, und im Jahr 1970 gab es nur noch einen einzigen zuchtfähigen Rüden mit Papieren. Um die Rasse zu erhalten, hat man diesen Pinscher namens Diokles mit einer Tiroler Landpinscherin gepaart.

 

Was genau sind Landpinscher?
Diese Hunde entsprechen vom Aussehen und vom Verhalten her einem Österreichischen Pinscher, aber ihre Abstammung ist unbekannt. Wird ein Landpinscher eingekreuzt, werden seine Nachkommen über drei Generationen beobachtet. Wenn sich der Nachwuchs pinscherkonform entwickelt, dann werden vom Klub für Österreichische Pinscher ausgewählte Hunde einem Richter des ÖKV zur Begutachtung vorgestellt und bei Entsprechen vom ÖKV ins Zuchtbuch eingetragen.

Sie haben ja gemeinsam mit einer Kollegin das „Landpinscher-Projekt“ gegründet. Läuft es zufriedenstellend?
Im Prinzip schon. Wir entdecken immer wieder Hunde, die dem Aussehen und den Eigenschaften nach ins Landpinscher-Projekt passen. Wir haben allerdings mit zwei Problemkreisen zu kämpfen: Zum einen sind passende Hunde, die von Tierschutzvereinen vermittelt werden, kastriert und nicht mehr zuchtfähig. Zum anderen gibt es immer wieder Rückschritte, weil bei Hunden, die dem Österreichischen Pinscher ähnlich sind, andere Rassen eingekreuzt sein können, was sich manchmal erst zwei oder drei Generationen später bemerkbar macht. Ursprünglich wurden einzelne gefundene Landpinscher über den ÖKV ins Register der Rasse eingetragen, was manchmal zu Problemen geführt hat. Denn wenn sich bei dem einen oder anderen Hund rasseuntypische Eigenschaften bemerkbar gemacht haben, stand er trotzdem bereits im Rasseregister, obwohl er anders ausgesehen oder sich anders verhalten hat als ein Pinscher. Wenn das im Landpinscher-Projekt passiert, dann werden die Nachkommen nicht zur Eintragung vorgeschlagen.

Welches Ziel haben Sie mit dem Landpinscher-Projekt, wie groß soll die Population werden?
Das Landpinscher-Projekt dient dem Erhalt der Rasse und der Verbesserung der genetischen Breite. Damit das gewährleistet wird, streben wir an, dass 25 bis 30 typische Hunde der dritten Generation aus unterschiedlichen Würfen in das Zuchtbuch eingetragen werden. Derzeit gibt es zwei bis fünf Würfe pro Jahr, es wird also noch eine Weile dauern. Aber wir bleiben dran!