Im Gespräch:

Lorenz Khol, Leiter der Vetmeduni-Vienna-Außenstelle Tirol

Mag. Thomas Klemm, BA
Leiter Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Veterinärmedizinischen Universität Wien

Im Dezember 2019 gründete die Vetmeduni Vienna in Kooperation mit der Österreichischen Agentur für ­Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) eine  Dependance in Innsbruck, die als Kompetenzzentrum für Wiederkäuer im Alpenraum sowohl Lehre als auch ­Forschung zugutekommt. Der auf Rinder spezialisierte Fachtierarzt Lorenz Khol leitet die Außenstelle.

Herr Doktor Khol, welche Aufgaben werden vom neuen Kompetenzzentrum für Wiederkäuer im Alpenraum wahrgenommen?
Die Außenstelle soll ein Knotenpunkt zwischen praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzten auf der einen und der Universität auf der anderen Seite werden. Die praktische Ausbildung im Wiederkäuerbereich wird vertieft und der Austausch gefördert. Davon profitieren letztlich beide Seiten, da die Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Tierärztinnen und Tierärzte in Westösterreich künftig erleichtert wird. Gleichzeitig steht eine ­Anlaufstelle für Fragestellungen, die aus der Praxis und für die Praxis gemeinsam bearbeitet werden können, zur Verfügung. Mit der AGES Innsbruck konnte ein starker Partner für die Umsetzung dieser Vorhaben gewonnen werden.

Gibt es einen Schwerpunkt in der Forschung oder bereits konkrete Forschungsfragen?
Die Außenstelle befasst sich mit allen Fragestellungen rund um Haus- und Wildwiederkäuer. Als wichtiger Schwerpunkt sind hier die Infektionskrankheiten zu nennen. Durch die Besonderheiten der alpinen Landwirtschaft mit Alpung und einer traditionell hohen Handels­aktivität nehmen infektiöse Erkrankungen einen besonderen Stellen­wert ein. Als Erstes wurde daher eine Dissertation zum Thema Paratuberkulose beim kleinen Wiederkäuer gestartet; weitere Untersuchungen sind in Planung und stehen unmittelbar vor Beginn.

Was ist der Hintergrund der Schaffung des Kompetenzzentrums? 
Seit 2018 verfolgt die Vetmeduni Vienna mit der Regionalisierungsinitiative „VetRegioVetmedAustria“ das Ziel, die Wahrnehmung des Berufsstandes von VeterinärmedizinerInnen zu stärken und damit die ­veterinärmedizinische Versorgung von ländlichen Regionen zu verbessern. Es wurde bereits eine Kooperation mit dem Land Kärnten eingegangen – nun folgt die Errichtung des Kompetenzzentrums im Wiederkäuerbereich in Kooperation mit der AGES in Tirol.

An wen richtet sich das Angebot?
Das Angebot richtet sich sowohl an Studierende der Veterinärmedizin als auch an praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte im Wiederkäuerbereich. Es werden gemeinsame Projekte und Initiativen mit Südtirol, Deutschland und der Schweiz zu Fragestellungen rund um den Wiederkäuer im Alpenraum angestrebt. Zusätzlich wenden wir uns an Schulen, um über die Vielfältigkeit des tierärztlichen Berufsbilds zu informieren und Interesse am Studium zu wecken.

Wie ist die Lehre darin integriert?
Studierende, die sich im letzten Studienjahr für die Modul-ausbildung im Wiederkäuerbereich entscheiden, machen einen Teil ihrer Ausbildung in Tirol. In dieser Woche werden in einem vielfältigen praktischen Ausbildungsprogramm die Besonderheiten der alpinen Viehwirtschaft aus veterinärmedizinischer Sicht beleuchtet. Besonders wichtig ist dabei der Kontakt mit praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzten. Neben dieser Schwerpunktausbildung besteht die Möglichkeit, am Standort Innsbruck eine Diplom- oder Doktorarbeit durchzuführen. Dieses Angebot wird von den Studierenden bereits mit großem Enthusiasmus angenommen. Es werden auch Exkursionen angeboten und eine Summer School ist geplant.

Hängt dies auch mit der tierärztlichen Versorgung in ländlichen Gebieten zusammen?
Ja, durch die Schaffung der Außenstelle in Tirol stellt sich die Vetmeduni Vienna ihrer Aufgabe, einen Beitrag zur Sicherung der veterinärmedizinischen Versorgung von ländlichen Regionen zu leisten. Dies trägt dazu bei, die Gesundheit der Bevölkerung langfristig zu sichern, denn die flächendeckende Aufrechterhaltung der Tiergesundheit dient der Sicherheit tierischer Lebensmittel und der menschlichen Gesundheit.

Welche Ziele hat sich die Vetmeduni Vienna  damit für die Zukunft gesetzt?
Das Ziel ist die Schaffung einer „Win-win-win-Situation“: Verbesserung der praktischen veterinärmedizinischen Ausbildung, verstärktes Engagement zur Sicherung der veterinärmedizinischen Versorgung in Westösterreich und Schaffung eines Kompetenzzentrums als Anlaufstelle für alle Fragen rund um den Wiederkäuer im Alpenraum.