Mag. Claudia und Dr. Manfred Hochleithner
Fachtierarzt Kleintiere, Dipl. ECZM
Ausgabe 05/2021
Vorsicht, ansteckender Mensch! Menschliche Erreger können für Nager, im Speziellen für Hauskaninchen, schlimme Folgen haben – dazu zählen auch menschliche Herpesviren, die für die Tiere eine ernste Bedrohung darstellen.
In Zeiten von Covid-19 ist die mögliche Gefahr für Menschen durch Erreger von Tieren allgegenwärtig. Auch früher waren sogenannte Zoonosen – also Erkrankungen, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden – immer wieder ein Thema, wobei vor allem der Weg vom Tier zum Menschen mehr Beachtung findet. Beispiele wie Tollwut, Psittakose oder auch Hautpilzerkrankungen sind uns allen bekannt.
Ein eher selten beschriebenes Beispiel ist eine durch das menschliche Herpesvirus hervorgerufene Enzephalitis beim Kaninchen. Dabei handelt es sich um eine Entzündung des Gehirns, die zu unterschiedlichen Symptomen führen kann.
Diese Erkrankung wurde bereits vor fast 100 Jahren beschrieben (Zdansky, E, 1923). Man findet immer wieder Beschreibungen von Fällen, aber es ist durchaus möglich, dass diese Erkrankung viel öfter vorkommt und mit einer anderen, viel häufiger beschriebenen Erkrankung, die sehr ähnliche Symptome haben kann, verwechselt wird. Dabei handelt es sich um die Infektion mit dem parasitischen Einzeller Encephalitozoon cuniculi.
Dieser Erreger befällt Gehirn, Niere und teilweise andere Organe wie die Augen und kann auch bei Menschen mit Immunschwäche zu Erkrankungen führen. Da ein hoher Prozentsatz der Hauskaninchen in Europa zumindest Kontakt mit diesem Erreger hatte und daher im Serum bei 40 – 90 % unserer Kaninchen Antikörper nachgewiesen werden können, wird bei Auftreten der typischen Symptome einer Enzephalitis üblicherweise von dieser Infektion ausgegangen. Um wirklich nachzuweisen, ob eine Infektion des Gehirns mit menschlichen Herpesviren oder Encephalitozoon cuniculi vorliegt, müsste daher eine Untersuchung am toten Tier (pathologische Untersuchung) durchgeführt werden, was üblicherweise aus Kostengründen nicht passiert.
Da es sehr schwer ist, eine echte Diagnose des Erregers zu stellen, kann man die Frage nicht wirklich beantworten. International scheint die Erkrankung von Exoten-Tierärzten sehr selten diagnostiziert zu werden. Ein Kollege aus New Orleans berichtet, dass Infektionsversuche im Rahmen eines Tierversuchs bei Kaninchen zu Kopfdrehen und Kreisbewegungen geführt haben, allerdings scheint die Ausprägung von Symptomen in Abhängigkeit zum angewendeten Herpesstamm zu stehen. Der sogenannte McKrae-Stamm (Macdonald 2012) scheint dabei der aggressivste zu sein.
Wie bei fast allen viralen Infektionen können in erster Linie nur die Symptome behandelt werden. Vom Kopfverdrehen können sich diese bis hin zu richtigen epileptiformen Anfällen entwickeln, welche man aber durch Medikamente abschwächen oder sogar verhindern kann. Wenn die Anfälle stark und häufig sind, ist der Verlauf aussichtslos. Die gegen Herpesviren wirksamen Medikamente für Menschen wurden versuchsweise verwendet.
Anbei noch einige Literaturzitate, die großteils im Internet vollständig zu finden sind:
Literatur:
Macdonald S.: Genome sequence of herpes simplex virus 1 strain McKrae. J Virol. 2012 Sep; 86(17): 9540-1. doi: 10.1128/JVI.01469-12.
Sieg J.: Enzephalitozoonose beim Kaninchen – eine Therapiestudie. Dissertation, München 2014.
Weissenböck, H et al.: Naturally occurring herpes simplex encephalitis in a domestic rabbit (Oryctolagus cuniculus), Vet pathol. 1997 Jan; 34
Zdansky, E: Zur pathologischen Anatomie der durch das Herpes-Encephalitis-Virus erzeugten Kaninchen-Encephalitis. Frankfurt. Z. Path. 29, 207–227 (1923).