Veterinäre unterschiedlicher Disziplinen wie Homöopathie, Akupunktur, Neuraltherapie, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Chiropraktik, Osteopathie und Phytotherapie kamen zusammen, um eine gemeinsame berufspolitische Ausrichtung sowie den öffentlichkeitswirksamen Wissenstransfer zu diskutieren.
Das Image der Integrativmedizin erfreue sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit, so der Tenor der Runde. Viele TierbesitzerInnen würden bei ihren praktizierenden TierärztInnen gezielt nach Ergänzungen zur universitär gelehrten „Schulmedizin“ nachfragen. Auch in der veterinärmedizinischen Ausbildung sei der Zuspruch groß und die Nachfrage steige. Durch hochqualitative Studien könne mittlerweile die Wirksamkeit vieler komplementärer Behandlungen beim Tier belegt werden. Durch den medizinischen Fortschritt lasse sich auch die wissenschaftliche Überprüfbarkeit, die immer im Vordergrund stehe, optimieren.
Im „European One Health Action Plan“ (EU-Kommission) [1] gegen die Antibiotikaresistenzproblematik werde die Komplementärmedizin als ein potenzieller Lösungsansatz genannt, Forschung in diesem Bereich gefordert und Unterstützung vonseiten der EU-Kommission zugesagt.
Und dennoch müssen Integrativmediziner mit Gegenwind und Kritik, auch aus den eigenen Reihen, kämpfen. Begleitet von persönlichen Angriffen und Diffamierungen, ja sogar auch Drohungen (meist mittels sozialer Medien), werde versucht, die Veterinäre einzuschüchtern. Die Expertenrunde kam zum Schluss, dies nicht länger tatenlos hinzunehmen.
Diskussion auf Augenhöhe
„Wir Integrativmediziner sind akademisch ausgebildete TierärztInnen, die auf Basis ihres schulmedizinischen Wissens auch Methoden der Komplementärmedizin anwenden. Jede Fachrichtung der Integrativmedizin ist eine ernst zu nehmende Disziplin. Die Anwendungen und Techniken haben sich etabliert und ihren berechtigten Platz in der Veterinärmedizin eingenommen – eine enge Zusammenarbeit von Universität und Praxis sollte auch hier ein bewährtes Fundament bilden“, so Dr. Petra Weiermayer, Pferdetierärztin, Diplom der Europäischen Akademie für Veterinärmedizinische Homöopathie (EAVH), Generalsekretärin der International Association for Veterinary Homeopathy (IAVH) und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Veterinärmedizinische Homöopathie (ÖGVH).
Dem pflichtete auch Kammerpräsident Mag. Kurt Frühwirth bei und sprach sich für eine breite Unterstützung aus. Ihm sei es ein Anliegen, die sogenannten ganzheitlichen Methoden noch tiefer in der Tierärzteschaft zu verankern. Diese medizinische Ausrichtung fußt auf einer fundierten Argumentation. Unser Ziel ist es, die VeterinärmedizinerInnen zu bestärken und die entsprechenden beruflichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist der klassische Auftrag einer Berufsvertretung.“ Zudem hätten nur TierärztInnen die Berechtigung, die Diagnose am Tier zu stellen, und diese stehe nun mal am Anfang jeder Therapie.
Dr. Harald Pothmann, Präsident der ÖGT (Österreichische Gesellschaft für Tierärztinnen und Tierärzte), dazu: „Die Zugangsweise ergibt sich aus der Diagnose. Als Veterinärmediziner sind wir bei der Wahl der Therapie frei und entscheiden eigenständig, welcher medizinische Weg sinnvoll ist.“ Wichtig wäre, dass für die Klienten klar ersichtlich ist, dass die TierärztInnen top qualifiziert für die angebotenen Methoden der integrativen Medizin sind (als FachtierärztInnen, mit Diplom der ÖTK bzw. einem Zertifikat/Diplom eines/r von der ÖTK anerkannten Ausbildungsvereins/Institution/Organisation). Das würde so mancher Kritik entgegensteuern (Schlagwörter wie Scharlatanerie, Hokuspokus etc). Auch Genetikerin Dr. Irene Sommerfeld-Stur ist der Meinung, dass nur ein ausgebildeter Tierarzt, eine ausgebildete Tierärztin die Berechtigung haben sollte, nach einer ordentlichen Anamnese einen therapeutischen Ansatz zu wählen – „Laien wie TierheilpraktikerInnen haben dazu weder das Wissen noch das fachliche Urteilsvermögen.“