Die Frage, ob Tiere unter Schmerzen leiden, wie Menschen es tun, wird seit Jahrhunderten diskutiert. Schmerz ist eine höchst subjektive Empfindung, die sich auch beim Menschen nicht ohne Weiteres quantifizieren lässt. Die Internationale Gesellschaft für Schmerzforschung (IASP) definierte Schmerz im Jahr 1983 als „[…] ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache.“ Diese Definition bezieht sich ausschließlich auf den Menschen, der in der Lage ist, eine Schmerzempfindung zu beschreiben. Weder Kleinkinder oder Komapatienten noch Tiere wären demnach fähig, Schmerzen zu empfinden. Um diesen Mangel zu beseitigen, erweiterte die IASP nach massivem Protest die Definition: „Die Unfähigkeit, zu kommunizieren, negiert in keinem Fall die Möglichkeit, dass ein Individuum Schmerz erfährt und eine angepasste Schmerztherapie benötigt.“ Nun lässt sich der Schmerzbegriff auch auf Menschen anwenden, die ihren Zustand nicht mit Worten beschreiben können – und auf Tiere. Inzwischen ist zudem wissenschaftlich erwiesen, dass die Nozizeption bei Mensch und Tier grundsätzlich gleich abläuft. Die konkrete Konsequenz für Tierärzte: Jeder Patient hat bei Bedarf ein Recht auf eine fachgerechte Schmerztherapie, eine Katze mit Zahnproblemen genauso wie ein Pferd mit Kolik oder ein Kalb bei der Enthornung.
Im Praxisalltag ein professionelles Schmerzmanagement zu gewährleisten ist eine anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe. Die Initiative tiermedizinische Schmerztherapie (ITIS) möchte Tierärzte bei der konkreten Umsetzung unterstützen.
Aktuelle Informationen und praxisnahe Empfehlungen
Aus der Erfahrung heraus, dass Schmerzen bei Tieren aus den verschiedensten Gründen nicht immer optimal behandelt werden, hat eine Gruppe tierärztlicher Experten für Schmerztherapie mit Unterstützung von Sponsoren aus der Industrie ITIS gegründet. Die ITIS-Kerngruppe setzt sich aus führenden Spezialistinnen für veterinärmedizinische Schmerztherapie zusammen: Prof. Dr. Sabine Tacke, Leiterin der Abteilung Anästhesie, perioperative Intensivmedizin und Schmerztherapie der Klinik für Kleintiere (Chirurgie) der Justus-Liebig-Universität Gießen, Prof. Dr. Michaele Alef, Professorin für Anästhesiologie an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig, Prof. Dr. Sabine Kästner, Professorin für Veterinäranästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Prof. Dr. Heidrun Potschka, Professorin am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, und Dr. Julia Tünsmeyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik für kleine Haustiere des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin sowie an der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Für die Informationen und Empfehlungen zur Schmerztherapie bei den verschiedenen Tierarten arbeitet die Kerngruppe mit tierärztlichen Spezialisten für die jeweiligen Fachgebiete zusammen. Dabei ist der ITIS die Zusammenarbeit von Tierärztinnen und Tierärzten sowohl aus der Universität als auch aus der Praxis besonders wichtig, um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Umsetzbarkeit zu vereinen. Ein wissenschaftlicher Beirat wird die Kerngruppe in Zukunft unterstützen und neue Impulse setzen.
Tierärzten stellt das Expertengremium aktuelles Fachwissen für die Behandlung von Schmerzen zur Verfügung. Tierhalter werden rund um das Thema „Schmerz beim Tier“ informiert. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Schmerzerkennung.
Nach der Gründung im Jahr 2008 befasste ITIS sich zunächst vorrangig mit der Schmerztherapie bei Klein- und Heimtieren, Exoten und Vögeln. Inzwischen hat die Initiative ihr Engagement ausgeweitet und schließt Pferde und Nutztiere mit ein.
Die Arbeit der Initiative tiermedizinische Schmerztherapie wird von Sponsoren aus der veterinärmedizinischen Pharma- und Futtermittelindustrie engagiert begleitet und ermöglicht. Dabei bleibt das Expertengremium inhaltlich unabhängig. Zurzeit wird ITIS unterstützt von Bayer HealthCare, Boehringer Ingelheim, CP-Pharma, Elanco, Merial, Royal Canin, Vétoquinol, Zoetis und der WDT.