Neben den zahlreichen uneingeschränkten Befürwortern hat sich in den letzten Jahren eine Gruppe etabliert, die das Impfen und die damit verbundenen möglichen negativen Auswirkungen auf ein Individuum vermehrt hinterfragt – bis hin zur kompletten Ablehnung von sämtlichen wirksamen prophylaktischen Maßnahmen. Grundsätzlich müssen in dieser Diskussion verschiedene Argumente und Fakten erwähnt und gehört werden:
1) Impfen aktiviert das Immunsystem, nur so kann eine Impfung gegen eine zukünftige Infektion vorbeugend helfen. Damit sind aber auch mögliche Risiken verbunden, wie Fehl- und Überreaktionen des Immunsystems bis hin zu Autoimmunerkrankungen. Moderne Impfstoffe und Herstellungsverfahren minimieren dieses Risiko, sofern die Impfintervalle und Applikationsangaben der Hersteller beachtet werden. Als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Impfung sind natürlich auch ein entsprechend funktionsfähiges Immunsystem und der damit verbundene Gesundheitsstatus des Patienten zu beachten.
2) Mit einer Impfung verbunden ist eine jeweils individuelle Reaktion des Patienten, die nicht bei jeder Impfung gleich ablaufen muss. Hier sind die Aufklärungspflicht und ein entsprechendes Informationsgespräch hervorzuheben. Als Beispiele sind mögliche injektionsassoziierte Neoplasien bei der Katze zu nennen, sowie mögliche ungewünschte Immunreaktionen.
3) Nur das regelmäßige Impfen schützt auch über einen entsprechend langen Zeitrahmen.
4) Es soll gegen jene Infektionserkrankungen geimpft werden, bei denen entweder eine mögliche Exposition und/oder Übertragung vermutet werden kann bzw. es gesetzliche Rahmenbedingungen gibt, die spezifische Impfungen für verschiedene Situationen vorschreiben.
5) Impfintervallempfehlungen sind Empfehlungen und basieren auf dem Ziel sowohl eines individuellen Schutzes als auch dem Ziel des Schutzes der Gesamtpopulation vor einer Infektionskrankheit. Zusätzlich sind hier auch die möglichen Zoonosepotenziale zu erwähnen, die die Entscheidung zur Impfung beim Haustier beeinflussen sollten. Grundsätzlich ist für ein individuelles Haustier aber immer eine entsprechende Risikoanalyse durchzuführen, die sowohl mögliche Expositionen als auch Kontakte mit anderen Tieren und Menschen beinhalten muss.
6) Man muss zwischen Impfungen unterscheiden, die nach einem Erregerkontakt jegliche Vermehrung unterbinden und damit die Infektion verhindern, und Impfungen, die zwar eine Erregervermehrung in gewissem Rahmen zulassen, aber vor allem den Schweregrad der Erkrankung beeinflussen und reduzieren.
Somit sind die Rahmenbedingungen für ein Impfgespräch entsprechend vorgegeben, dieses wird auch von immer mehr Kunden gewünscht bzw. wohlwollend vermerkt. Die für Hunde und Katzen vorgegebenen Core-Vakzine werden als notwendig und sinnvoll für alle Hunde und Katzen angesehen. Die Non-Core-Vakzine sollten eben nach einer entsprechenden Risikoanalyse besprochen und bei Bedarf verabreicht werden. In Mitteleuropa sind die Impfintervalle für Core-Vakzine mit modernen Impfstoffen bereits auf Zeitperioden ausgedehnt worden, innerhalb derer ein ausreichender Impfschutz beim Patienten angenommen werden darf. Sofern es Zweifel an der Immunantwort gibt, kann man mit dem Messen entsprechender Impftiter aus dem Serum Hinweise auf einen entsprechenden Impfschutz erlangen. Hier ist vor allem den Referenzwerten der einzelnen Laboranbieter zu vertrauen, da die serologische Methode zu unterschiedlichen Titerergebnissen kommen kann. Als Ausnahme sei hier die Leptospirose-Impfung genannt, nach der es auch bei entsprechendem Impfschutz nicht immer zu nachweisbaren Impftitern kommen muss. Auch ist die Leptospiroseimpfung des Hundes noch immer jährlich empfohlen, da aufgrund der guten Impflage in Österreich die Fallzahlen zurückgehen, aber noch immer permanent ein Gefahrenpotenzial für Hunde vorhanden ist. Für besondere Expositionssituationen ist die Infektionsrisikoanalyse entscheidend. Bei Katzen ist hier vor allem der mögliche Freigang zu beachten, sowie Transporte zu Ausstellungen und Zuchtpartnern. Bei Hunden ist vor allem die mögliche Herkunft aus dem Ausland oder die Reisebegleitung des Tieres ein Grund, das individuelle Impfschema anzupassen und bei Bedarf zu erweitern.