Wie geht man am besten mit dem neuen Hype-Produkt CBD um?

Die Tierärztekammer lud zu einem Round-Table-Gespräch

Mag. Silvia Stefan-Gromen

Um aktuelle Fragen zur Rechtslage und zum richtigen Umgang mit dem populären Hanfprodukt zu klären, lud die Österreichische Tierärztekammer am 26. November 2019 rund 30 VertreterInnen des Gesundheitsministeriums, der AGES, der Universität, der Industrie sowie auch TierärztInnen zu einem Round-Table-Gespräch.

CBD-Produkte sind in aller Munde und auch bei Tier­besitzerInnen sehr beliebt. Dem Bestandteil der Hanfpflanze wird eine beruhigende Wirkung nachgesagt und die Nachfrage in den Tierarztpraxen nimmt stetig zu. Für die Industrie ist CBD längst zu einem respektablen Geschäft geworden. Doch wie ist die momentane Rechtslage nun wirklich? Und dürfen Tierärzte CBD-Produkte an ihre Patienten weitergeben?

„Wir wollen für unsere Tierärztinnen und Tierärzte Klarheit gewinnen und Lösungsvorschläge zur CBD-Thematik erarbeiten“, sagte ÖTK-Präsident Mag. Kurt Frühwirth in seinen Begrüßungsworten beim Round Table.

Der Begriff CBD steht für Cannabidiol, dieses wird aus der Cannabispflanze gewonnen. CBD sei ein Wirkstoff, der nicht psychoaktiv, sondern lediglich stress-, angst- oder krampflösende Effekte habe – so der Tenor der Befürwor­terInnen der Hanfpflanze. Wie nun CBD rechtlich einzuordnen ist und ob der Vertrieb dieser Produkte wirklich legal ist, galt es zu Beginn der Diskussion zu klären.

Schwierige juristische Einordnung

Die juridischen Darstellungen der Behördenvertre­terInnen zeigten, dass eine rechtliche Einordnung keineswegs einfach ist, und verwiesen auf den Erlass der ehemaligen Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein vom Dezember 2018, der cannabinoidhaltige Extrakte als solche oder in Lebensmitteln (vor allem Nahrungsergänzungsmitteln) als neuartige Lebensmittel gemäß der VO (EU) 2015/2283 als „Novel-Food“ einstuft. Da jedoch noch keine Zulassungen seitens der Industrie angestrebt wurden, sei das Inverkehrbringen nicht zulässig. Auch der Einsatz von Cannabidiol in kosmetischen Mitteln wurde als unzulässig beurteilt. Aus arzneimittelrechtlicher Sicht sei zwischen Funktionsarzneimitteln und Präsentationsarzneimitteln zu unterscheiden: Gestützt auf einschlägige EUGH-Judikatur handle es sich um ein Funktionsarzneimittel, wenn dieses – in Verbindung mit der Vorbeugung oder Heilung einer Krankheit bzw. einem medizinisch-therapeutischen Nutzen – durch eine pharmakologische Wirkung eine signifikante Beeinflussung der physiologischen Funktionen erbringt, wobei die therapeutische Wirksamkeit wissenschaftlich nachzuweisen sei. Auf offizieller Seite hieß es, dass die bisher publizierten Daten zur Anwendung von CBD nicht reichen würden, um eine therapeutische Wirksamkeit nachzuweisen.

Andererseits kann sich die Arzneimitteleigenschaft eines Produktes auch aus der Präsentation ergeben, weshalb  man von einem Präsentationsarzneimittel spricht. Dazu zählen vor allem Produkte, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, zur Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten sowie auch krankhafter Beschwerden beworben werden. Wird ein Produkt beispielsweise von Hanfshops, mit etwaigen Heilversprechen ausgelobt, so stellt dies ein rechtswidriges Angebot als Präsentationsarzneimittel dar. In solchen Fällen wird das Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesens (BASG) amtswegig tätig und leitet ein Ermittlungsverfahren ein. Der betroffene Unternehmer wird dann zur Unterlassung aufgefordert; erforderlichenfalls wird eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs eingebracht.

Aus futtermittelrechtlicher Sicht könne man grundsätzlich zwischen Einzelfuttermittel oder Zusatzstoffen unterscheiden. Auf EU-Ebene habe der Ständige Ausschuss der Kommission die Auffassung, dass CBD kein Einzelfuttermittel sei, so die VertreterInnen der AGES. Weiters wäre CBD als Futtermittelzusatzstoff (gem. VO (EG) 1831/2003) nicht zugelassen, da seitens der Industrie noch kein Antrag gestellt wurde. Für ein Zulassungsverfahren, das meist mehr als ein Jahr dauern würde, müssten zudem auch mitteleuropäisch geführte Studien und Identitätsnachweise durchgeführt und eingereicht werden – dies hätten die IndustrievertreterInnen bis dato noch nicht gemacht, daher könne man auch keine Beurteilung vornehmen, so die BehördenvertreterInnen. Zudem müsse dieser Zulassungsantrag auf EU-Ebene gestellt werden und würde keine ausschließlich nationale Thematik beinhalten.

Komplexität reduzieren

Spätestens zu diesem Zeitpunkt der angeregten Diskussion war ersichtlich, dass die Komplexität dieser Thematik vereinfacht werden musste. Die rechtliche Einordnung und damit eindeutige Legalisierung von CBD-Produkten könne beispielsweise erreicht werden, wenn die Industrie einen Antrag auf Zulassung als Futtermittelzusatzstoffe stellen würde – und dies auf die entsprechende Tierart spezifisch, also gegebenenfalls für Kleintiere, Schweine oder Pferde, deklariere.

Zum Thema der Wissenschaftlichkeit und entsprechender Untersuchungen wies der ehemalige Vetmed-Universitätsprofessor Chlodwig Franz auf bereits existierende Studien hin, die belegen, dass CBD als typisches Anti-stressmittel bei Tieren erfolgreich eingesetzt werden kann. CBD sei ein „Physiological Stabilizer“, also ein Wirkstoff, der den Gesundheitszustand erhält – „das ist keine arzneimittelrechtliche Frage“. Franz meinte weiter: „Aus den USA gibt es eine Hundestudie, die sich mit der Erhaltung des physiologischen Zustands von älteren Tieren mit Arthrose beschäftigt hat“ – die positive Wirkung konnte eindeutig nachgewiesen werden. Eine ähnliche Studie wurde auch in Österreich durchgeführt, aber es handelte sich um eine reine Beobachtungsstudie, die unter TierbesitzerInnen und TierärztInnen durchgeführt wurde. Es gebe auch sehr viele ähnliche Fallstudien aus Kanada und den USA sowie auch Bestrebungen, die Untersuchungen auf Pferde auszuweiten.
Einig war sich die Gesprächsrunde darüber, dass die Anwendung von CBD derzeit noch nicht auf lebensmittelliefernde Tiere ausgeweitet werden kann, da hier noch weitere Untersuchungen abgewartet werden müssen.

Tierarztpraxis und CBD

Über positive Erfahrungen mit CBD berichteten einige praktizierende TierärztInnen und betonten die rege Nachfrage unter TierbesitzerInnen: „Der Endkonsument will CBD nicht mehr missen und für uns Tierärzte sind diese Produkte eine gute Einnahmequelle – in unserer Praxis macht CBD mittlerweile zwischen zehn und 13 Prozent des Umsatzes aus“, so eine Tierärztin, die auch drei erfolgreich abgeschlossene Studien mit CBD-Ölen zitierte (Anm. der Red.: Epilepsie bei Hunden, Pharmakokinetik-Studie und eine Arthrose-Studie). „Dass wir CBD nicht weitergeben dürfen und die magistrale Zubereitung nur in der Apotheke zulässig ist, ist für uns unverständlich“, meinte eine andere Tierärztin.

Einig waren sich die anwesenden Veterinäre und Pharmamanager dabei, dass CBD in medizinische Hände gehöre und zwingend festgelegten Qualitätsstandards folgen müsse. „Hier ist dringender Handlungsbedarf vorhanden, da ansonsten die hohe Nachfrage über den Onlinehandel im Internet gestillt wird und womöglich Importprodukte aus ungeklärten Quellen den Markt überschwemmen“, brachte ein hochrangiger Pharmamanager die Problematik auf den Punkt. ÖTK-Präsident Frühwirth sprach an dieser Stelle die Verunsicherung in der Tierärzteschaft an: „Wir wollen unsere Tierärztinnen und Tierärzte rechtlich absichern und Lösungen finden, die sie vor rechtswidrigen Handlungen bewahren. Es ist uns Tierärzten klar, dass wir haftbar sind und wir alles verantworten müssen, was in unserer Praxis geschieht.“

Und wie könnte nun eine Übergangsregelung im Umgang mit CBD-Produkten aussehen, bis ein abgeschlossenes Zulassungsverfahren vorliegt?

„An einem Zulassungsverfahren auf europäischer Ebene führt kein Weg vorbei. Die Vertreter der Wirtschaft müssen an die Europäische Kommission herantreten und eine Klarstellung erwirken, doch dies kann einige Jahre dauern“, so die Behördenvertreter. Klar sei auch: „Eine reine Umetikettierung beispielsweise auf ‚Aromaöl‘ wird eine Verabreichung trotzdem nicht legalisieren. Das würde auch die Futtermittelproblematik nicht lösen. Die Anbieter von CBD dürfen keinesfalls Heilsversprechen im Zuge der Bewerbung ihrer Produkte abgeben.“

„In der Zeit bis zur Zulassung brauchen alle Beteiligten eine unmittelbare Lösung, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen sollen“, so ÖTK-Präsident Frühwirth. „Daher regen wir hiermit eine Multi-Center-Studie in Bezug auf eine Zulassung als Futtermittelzusatzstoff an und laden alle VertreterInnen der Wirtschaft ein, sich im Zuge einer Taskforce daran zu beteiligen“, betonte der Kammerpräsident am Ende dieser hochkarätigen Diskussionsrunde. Der Vorschlag stieß auf Interesse, und einige Industrievertreter erklärten sich vor Ort dazu bereit. Zum Schluss der Veranstaltung unterstrich Frühwirth einmal mehr seine Bestrebung, die Behörden, die Universität, die Wirtschaft und die Tierärzteschaft zu vernetzen, und bot an: „Die ÖTK stellt sich in diesem Zusammenhang gerne als Plattform für alle InteressensvertreterInnen zur Verfügung und ist auch bereit, weitere Treffen und Gespräche aller Beteiligten zu unterstützen.“