Hyalomma spp. –

neue Zeckenarten in Österreich?

Priv.-Doz. Dr. Georg Duscher
AGES Forschungsservice
Fachbereich Wissenstransfer, Angewandte Forschung, AGES Akademie

2019 wurde die subtropische Zecke Hyalomma marginatum in Oberösterreich und Niederösterreich gefunden – interessant dabei ist, dass die ersten Tiere schon im April entdeckt wurden, was ein starkes Indiz dafür ist, dass die Zecken überwintert haben.

Im Herbst 2018 wurde erstmals in Österreich eine ­adulte Zecke der Gattung Hyalomma (Spezies: Hyalomma ­marginatum) auf einem Pferd im Bezirk Melk gefunden. Ähnliche Funde gab es in diesem Jahr auch in Deutschland (mehr als 50 Individuen), Großbritannien und sogar in Norwegen. Der Grund für dieses vermehrte Auftreten dieser Zecken wird in dem langen, trockenen Sommer 2018 gesehen. Die allgemein akzeptierte ­wissenschaftliche Meinung ist, dass die Zecken als Larven und Nymphen mit Zugvögeln aus Afrika und dem Mittelmeerraum nach Mittel- und Nordeuropa reisen. Die vollgesogenen Jugendstadien fallen von den Vögeln ab und entwickeln sich langsam zu adulten Tieren weiter. In den Jahrzehnten zuvor war die Sommer- bzw. Herbstperiode aber vermutlich zu kurz – oder zu wenig trocken –, um ein Abschließen dieser Entwicklung zu ermöglichen.

Allerdings gab es auch früher schon vereinzelt ­Meldungen aus Deutschland oder den Niederlanden bezüglich Funden von erwachsenen Zecken dieser Gattung. Das waren jedoch einzelne Tiere, und diese Funde traten nicht in Ländern oder Jahren gehäuft auf. Im Jahr darauf, 2019, gab es erneut Funde dieser Gattung in Österreich, in verschiedenen Bezirken Ober- und Niederösterreichs. Interessant dabei ist, dass die erste Zecke schon im ­April 2019 gefunden worden ist. Dieser Fund ist ein starkes Indiz dafür, dass die Zecken überwintert haben könnten. Der Zeitpunkt ist zu früh, als dass eine vollgesogene ­Nymphe mit einem Zugvogel im Frühjahr 2019 „angereist“ und sich zu einer adulten Zecke weiterentwickelt haben ­könnte. Aus anderen Ländern im Osten ist bekannt, dass vor ­allem adulte Hyalomma weniger kälteempfindlich sind als die Jugendstadien. In der Theorie ist es also für die Zecken vorteilhaft und auch möglich, sich vor dem Winter weiterzuentwickeln und als adulte Stadien zu überwintern. Ein weiterer Aspekt ist, dass es jedes Jahr zu einem neuerlichen Eintrag der Zecken durch Zugvögel kommt. Es wird angenommen, dass circa 2,1 Milliarden Vögel jedes Jahr von Süden nach Norden ziehen. Bei Untersuchungen bei Beringungsstationen wurden auf ~10 % der Vögel Hyalomma gefunden. Dieser ständige Eintrag führt zu einem konstanten Nachschub an Zecken, die – sofern die Bedingungen im Sommer und Herbst zu einer Weiterentwicklung ausreichend sind – noch im Herbst auf Wirtssuche gehen können oder überwintern könnten.

Als Wirte werden Großtiere bevorzugt, und bisher stammten 50 % der gefundenen Exemplare von Pferden (und dabei von den Hinterextremitäten). Dies ist deshalb entscheidend, da diese Zeckengattungen Piroplasmen (z. B. Babesia caballi) übertragen können.

Allerdings werden auch Menschen als Wirte angenommen, und dies ist aufgrund „neuer Erreger“ von großem Inter­esse; darunter fallen etwa Fleckfieber-Rickettsien. So gab es in Deutschland 2019 auch den vermutlich ersten durch ­Hyalomma übertragenen humanen Fall einer Infektion mit Rickettsia aeschlimannii. Neben den Rickettsien ist aber das Vektor­potenzial dieser Gattung für die Übertragung der Viren des Krim-Kongo-Hämorrhagischen Fiebers (CCHF) entscheidend: Diese Erkrankung kann eine Letalität von ~2–50 % haben und kann auch z. B. als nosokomial von Mensch zu Mensch übertragen werden. Der Anteil der infizierten Zecken ist aber vermutlich extrem gering. Dennoch ist es wichtig, die Zecken zu identifizieren und eventuell auftretende Symptome in Kontext mit der ­Zecken-Anamnese zu setzen.

Es besteht die Möglichkeit, die Zecken an der AGES auf die oben genannten Erreger zu untersuchen. Dazu kann ein Bild der verdächtigen vermeintlichen Hyalomma spp. an georg.duscher@ages.at geschickt werden. Anhand des Bildes kann mit großer Sicherheit das Tier bestimmt werden, und falls es sich tatsächlich um diese neue ­Zeckenart handelt, kann das weitere Einsendungsprozedere abgeklärt werden.