Hoffnung

für Hufrehe-patienten

Petra Sladky
Redakteurin bei „Pferderevue“

Hufrehe und ein entgleister Insulinstoffwechsel gehen häufig Hand in Hand – ein Medikament zur Regulierung des Blutzuckerspiegels, wie in der Humanmedizin, fehlte bislang jedoch. Neue Hoffnung bringt eine Studie aus Australien.

Schon alleine die Aussicht auf eine mögliche Hufrehe-­Diagnose versetzt Pferdebesitzer in Panik. Kein Wunder: Die hochgradig schmerzhafte Entzündung der Huflederhaut ist nach der Kolik die zweithäufigste Todesursache bei Pferden und Ponys. Einer dänischen Studie aus dem Jahr 2016 zufolge wird gut ein Drittel der Hufrehe-­Patienten innerhalb eines Jahres euthanasiert. 

Auslöser für Rehe-Schübe gibt es einige, die meisten werden allerdings nach wie vor durch einen Überschuss an leicht verdaulichen Kohlehydraten aus dem Futter verursacht. Und den gibt es heute häufiger denn je. In Zeiten, in denen Pferde hauptsächlich als Freizeitpartner gehalten werden, klafft das Verhältnis zwischen Bewegung und Futterangebot oft drastisch auseinander. Viele Pferde erreichen nicht einmal das Leistungspensum leichter Arbeit, gleichzeitig ist das Futterangebot unverhältnismäßig hoch. Hält diese Diskrepanz in der Energiebilanz über längere Zeit an, bleibt das nicht ohne Folgen. Durch die allgemeine Überfettung und die permanente Überfrachtung mit leicht verdaulichen Kohlehydraten gerät der Insulinstoffwechsel aus den Fugen – und der Hufrehe werden Tür und Tor geöffnet. 

Dass Insulin in der Entstehung von Hufrehe eine zen­trale Rolle spielt, weiß man spätestens, seitdem Forscher die entzündliche Huferkrankung akut durch Infusionen des blutzuckersenkenden Hormons auslösen konnten. Im Zusammenhang mit Hufrehe fällt deshalb immer häufiger das Schlagwort Insulinresistenz. Sie ist zwar nicht zwingend an Übergewicht gebunden, zahlreiche Tests und Studien haben jedoch eindeutig belegt, dass ­insbesondere leichtfuttrige Pferderassen ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Stoffwechselproblemen haben. Der Verzicht auf zucker- bzw. stärkehaltige Nahrung im Futtertrog bringt in vielen Fällen leider nicht die gewünschten Erfolge, wenn zeitgleich nicht auch ein umfassendes Bewegungsprogramm durchgeführt wird. Und gerade hieran scheitern viele Pferdebesitzer.

Wird beim Menschen eine Insulinresistenz (bekannt als Diabetes Typ 2) diagnostiziert, ist der erste Schritt in der Regel die Einnahme von Medikamenten, die den Blutzuckerspiegel wieder auf ein Normalmaß senken. Diese Option gibt es beim Pferd bis dato nicht. Doch das könnte sich bald ändern. Ein Team australischer, deutscher und amerikanischer Wissenschaftler hat in einer jüngst veröffentlichten Studie die Auswirkungen einer Substanz ­getestet, die ähnlich der Behandlung von Diabetes Typ 2 auch beim Pferd funktionieren soll.

Hilfe aus der Humanmedizin

Im Wissenschaftsmagazin „Plos One“ beschreibt das Forscherteam rund um Professor Martin Sillence von der Universität in Brisbane, Australien, die Auswirkungen des Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Hemmers -Velagli-flozin auf Ponys mit gestörtem Insulinstoffwechsel.

Wie vergleichbare Produkte aus der Humanmedizin fördert der vom deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim Vetmedica entwickelte Wirkstoff die Ausscheidung von Glucose über den Harn und hilft so, den Blut-zuckerspiegel zu senken. Dass das Prinzip auch im Veterinärbereich funktioniert, belegt eine 2017 an diabetes-kranken Katzen durchgeführte Studie. Und auch erste Versuche an Pferden geben Anlass zur Hoffnung.

Für die australische Studie wurde zwölf nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Ponys regelmäßig Velagliflozin verabreicht. Weitere 37 bildeten die Kontrollgruppe. Zu Beginn des Versuchs erhielten alle Ponys über drei Wochen hinweg eine auf Luzerneheu basierende Erhaltungsdiät. Danach ging man zu einer Belastungsdiät über: 18 Tage lang erhielten die Ponys bis zu zwölf Gramm nicht strukturierte Kohlehydrate pro Kilogramm Körper-gewicht und Tag. Die Diät setzte sich pro Kilo Körpergewicht aus je 2,7 Gramm hydrothermisch aufgeschlossenen, mikro-nisierten Haferflocken, 2,7 Gramm Melasse, 1,7 Gramm Luzernehäckseln und 0,3 Gramm Dextrose zusammen. Die Abendfütterung wurde zusätzlich noch durch eine Vitamin-/Mineralstoffmischung und Luzerneheu ergänzt.

Am zweiten Tag der Belastungsdiät wurde den Probanden bis vier Stunden nach der Fütterung in regelmäßigen Abständen Blut abgenommen und der Glucosegehalt sowie die Insulinkonzentration im Blutserum ermittelt. Bereits zu diesem Zeitpunkt ließ sich erkennen, dass der maximale Glucosewert bei den mit Velagliflozin behandelten Tieren rund 22 Prozent unter dem Durchschnittswert der Kon-trollgruppe lag. Noch drastischer fiel der Unterschied bei den Insulinwerten aus: Hier lagen die Maximalwerte um 45 Prozent unter jenen der unbehandelten Tiere.