Birgit U. Stetina und Christine Smetaczek (ehem. Krouzecky)
Sigmund Freud PrivatUniversität Wien
Ausgabe 12/2024- 01/2025
Haustiere spielen eine zentrale Rolle im Leben vieler Menschen – sie gelten nicht nur als Begleiter, sondern häufig als vollwertige Familienmitglieder. Besonders in schwierigen Zeiten können sie Trost spenden und emotionalen Halt bieten. Doch was passiert, wenn das geliebte Haustier chronisch krank wird? Die Pflege eines Tiers mit einer langwierigen Erkrankung kann für Halter*innen eine enorme Belastung darstellen – emotional, physisch und finanziell. Obwohl das Interesse an diesem Thema in der Forschung zunimmt, gibt es nach wie vor wenige Studien, die die Auswirkungen der Haltung chronisch kranker Tiere auf das Wohlbefinden ihrer Besitzer*innen genauer untersuchen (Belshaw et al., 2020).
Die Herausforderungen reichen von der intensiven Betreuung bis hin zu schwierigen Entscheidungen über Behandlungsmaßnahmen. Studien zeigen, dass die Qualität der Mensch-Tier-Beziehung entscheidend dafür ist, wie Tierhalter*innen mit diesen Belastungen umgehen (Buller & Ballantyne, 2020). Eine enge Bindung zum Tier kann dabei helfen, die Pflegeaufgaben zu bewältigen, führt jedoch gleichzeitig dazu, dass die emotionale Belastung noch größer wird, wenn der Gesundheitszustand des Tiers sich verschlechtert.
Im Jahr 2023 forschte die Sigmund Freud Universität Wien in Kooperation mit dem Pharmakonzern Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH zu diesem Thema und nahm die Lebensqualität von Tierhalter*innen chronisch erkrankter Tiere näher unter die Lupe. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass die Lebensqualität von Menschen, die ein chronisch krankes Haustier pflegen, deutlich beeinträchtigt ist. Besonders die körperliche Gesundheit und die Selbstständigkeit dieser Tierhalter*innen sind dabei oft belastet. Dies spiegelt die hohen emotionalen, körperlichen und finanziellen Anforderungen wider, die mit der Pflege eines kranken Tiers verbunden sind. Interessanterweise bewerteten die Befragten ihre psychische Gesundheit und ihr Gefühl der Unabhängigkeit dennoch relativ positiv. Das deutet darauf hin, dass emotionale Stärke und die enge Bindung zum Tier eine wichtige Rolle bei der Bewältigung spielen. Zusätzlich wurden verschiedene Herausforderungen deutlich, mit denen Tierhalter*innen konfrontiert sind: Dazu zählen hohe Behandlungskosten, Sorgen um das Wohlergehen der Tiere, ungenaue Diagnosen, Schwierigkeiten bei der Medikamentengabe und der zeitliche Aufwand für die Pflege.
Diabetes bei Katzen: Ein besonderes Pflegebeispiel
Eine der anspruchsvollsten chronischen Erkrankungen bei Haustieren ist Diabetes mellitus, der besonders häufig bei Katzen diagnostiziert wird. Derzeit wird diese Krankheit fast ausschließlich durch eine Insulintherapie behandelt, bei der die Halter*innen den Wirkstoff mittels subkutaner Injektionen verabreichen (Hazuchova, 2018). Diese tägliche Aufgabe erfordert nicht nur technisches Geschick, sondern führt oft auch zu Stress; sowohl bei den Tieren als auch bei ihren Besitzer*innen.
Die Pflege diabetischer Katzen verlangt eine enge Überwachung des Blutzuckerspiegels, eine strikte Ernährungskontrolle und regelmäßige Tierarztbesuche. Dies kann emotional belastend sein und den Alltag der Halter*innen stark beeinflussen. Gleichzeitig betonen viele, dass die intensive Pflege die Bindung zum Tier stärkt. Doch nicht alle Halter*innen können oder wollen die damit verbundenen Herausforderungen langfristig bewältigen. Insbesondere die wiederholte Verabreichung von Insulin per Spritze ist für viele ein Hindernis.
Im Lauf des letzten Jahres ist eine orale Therapieoption auf den Markt gekommen, die die Verabreichung von Insulin durch Tabletten ersetzen könnte. Diese Innovation hat das Potenzial, den Stress bei der Medikamentengabe erheblich zu reduzieren und somit sowohl die Lebensqualität der Katzen als auch die ihrer Halter*innen zu verbessern. Inwieweit eine mögliche Erleichterung der Medikamentengabe das Wohlbefinden der Halter*innen beeinflussen kann, soll nun in einer weiteren Studie der Sigmund Freud Privatuniversität Wien in Zusammenarbeit mit der Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH untersucht werden.
Einladung zur Teilnahme an einer Studie über die Lebensqualität von Katzenhalter*innen mit diabeteskranken Katzen
Die Pflege einer chronisch erkrankten Katze stellt wie beschrieben eine besondere Herausforderung dar, die sowohl die Lebensqualität der Katze als auch die ihrer Halter*innen beeinflussen kann. Um besser zu verstehen, wie sich diese Situation auf das Wohlbefinden der Halter*innen auswirkt und welche Rolle tierärztliche Medikamente dabei spielen, führen wir eine wissenschaftliche Studie durch.
Worum geht es in der Studie?
Unsere Untersuchung ist eine Zusammenarbeit zwischen der Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH und der Sigmund Freud Privatuniversität Wien. Ziel der Studie ist es, Details über die Lebensqualität von Katzenhalter*innen herauszufinden, wenn ihre Katze an Diabetes leidet. Besonders interessant ist dabei, wie die Verabreichung von Medikamenten, Tierarztbesuche und individuelle Faktoren wie Empathie und Selbstmitgefühl diese Veränderungen beeinflussen.
Interesse, als Kooperationspartner*in in der Studie mitzuwirken?
Haben Sie Interesse, die Halter*innen Ihrer Patient*innen über die Studie zu informieren? Wir senden Ihnen gerne ein Informationsblatt mit Details. Nach der ersten Info an die Halter*innen übernehmen wir und informieren Sie sehr gerne laufend darüber, wie die Studie vorangeht.
0677 629 08 509 (Dr. Smetaczek)
oder hai.research@sfu.ac.at
Die Halter*innen Ihrer Patient*innen nehmen dann an Interviews mit unseren Psycholog*innen teil und erhalten Online-Fragebögen; dies wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt, um Veränderungen im Wohlbefinden festzustellen. Wir freuen uns, wenn Sie unsere Studie mit Ihrer Ordination unterstützen. Zusätzlich steht eine Veterinärin für die Halter*innen zur Verfügung, um etwaige Fragen zu klären, die im täglichen Umgang mit der Diagnose und eventuellen Sorgen entstehen. Dies soll auch für Sie eine Entlastung darstellen. Fragen über die konkrete Behandlung werden dabei immer von Ihrer Kollegin an Sie zurückgespielt.
Haben Sie Fragen oder Interesse? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
Literatur
Belshaw, Z., Dean, R. S., Asher, L., & Dennison, N. (2020). Quality of life assessment in veterinary practice: Developing practical guidance. Veterinary Record, 186 (4), 115-119. https://doi.org/10.1136/vr.105694
Buller, H., & Ballantyne, N. (2020). „Living with Animals“: Bonds, burdens, and benefits. Anthrozoös, 33 (1), 23-39. https://doi.org/10.1080/08927936.2019.1692021
Hazuchova, K., Morrison, L. R., & Reusch, C. E. (2018). Insulin treatment in diabetic cats: Past, present, and future perspectives. Veterinary Medicine and Science, 4 (1), 173-185. https://doi.org/10.1002/vms3.93