Geriatrie und Früherkennung

in der Kleintierpraxis

Bettina Kristof

Unsere Haustiere werden immer älter – hochwertiges Futter, artgerechte Haltung und beste medizinische Versorgung gewährleisten ein langes Tierleben. Doch mit der gestiegenen Lebenserwartung häufen sich auch geriatrische Erkrankungen. 

 

Wir sprachen über die häufigsten altersbedingten Probleme und deren Früherkennung mit Mag. Peter Bauer von der Tierarztpraxis Mag. Bauer in St. Pölten. 

Herr Mag. Bauer, ab welchem Alter droht bei Hunden und Katzen die Gefahr, an einer geriatrischen Krankheit zu erkranken? 
Das richtet sich generell nach der durchschnittlichen Lebenserwartung des Tieres. Katzen werden in etwa 16 Jahre alt, ab zwölf Jahren kann man von einer geriatrischen Katze sprechen. Die Prophylaxe sollte daher circa im Alter von zehn Jahren gestartet werden. Bei Hunden hängt die Lebenserwartung stark von der Rasse ab. Pudel können mit 15 bis 16 Jahren sehr alt werden, da empfehle ich die altersrelevante Vorsorgeuntersuchung mit acht Jahren. Kurzlebige Rassen wie der Berner Sennenhund oder der Boxer sollten mit fünf oder sechs Jahren bereits einen Alterscheck absolvieren. 

Welche Maßnahmen zur Früherkennung altersbedingter Probleme gibt es? 
Zentraler Punkt ist der jährliche Tierarztbesuch, bei dem nicht nur alle notwendigen Impfungen durchgeführt werden, sondern bei dem der Tierarzt das Tier auch klinisch untersucht. Die klinische Untersuchung ist aus meiner Sicht besonders wichtig und entscheidend für den weiteren Verlauf. Beim älteren Tier verändert sich die Untersuchung vom Schwerpunkt her. In einem Anamnesegespräch wird der Tierhalter zu Trinkverhalten, Leistungsfähigkeit und Bewegungsfreudigkeit seines Tiers befragt. Das sind die drei Parameter, die im Alter auffällig werden und Anzeichen einer Erkrankung sein können. 

Was genau ist ein „geriatrischer Patient“?
Ein geriatrischer Patient ist nicht per se krank, er leidet an Altersschwäche. Die Elastizität der Gewebe und der Lunge lässt nach, die Knorpel werden spröde, es kommt zu leichten Arthrosen. Das sind altersbedingte Verschleißerscheinungen, eine Betriebsabnützung, wenn Sie so wollen. Die Knorpelschicht wird dünner, das Herz größer, die Muskeln werden schwächer, die Kondition schwindet. Geriatrische Erkrankungen resultieren aus diesen Abnützungen heraus. 

Was sind die häufigsten geriatrischen Probleme bei Katzen?
Nephrosen und Schilddrüsenerkrankungen sind bei Katzen am häufigsten, gefolgt von Diabetes und unterschiedlichen Schmerzzuständen. Diese sind bei Katzen oft nicht so leicht festzustellen. Während ein Hund sich durch Jammern oder Winseln mitteilt, zieht sich eine Katze eher zurück. Das Bild der alten, grantigen oder gar unrein werdenden Katze ist oft Symptom eines diffusen Schmerzempfindens.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um dem Tier zu helfen?
Neben der klinischen Untersuchung ist die weiterführende Diagnostik entscheidend. Ergibt sich der Verdacht einer Nierenerkrankung, wird man eine Blutuntersuchung durchführen. Sind SDMA oder gar CREA und BUN erhöht, sind Maßnahmen zu ergreifen. Diese reichen von Diätfutter über Phosphorfänger bis hin zu ACE-Hemmern, je nach Erhöhung der Blutwerte. Verlaufskontrollen gestatten ein Monitoring und helfen bei der Beantwortung der so oft gestellten Frage „Wie lange lebt mein Tier noch?“ Was für die Niere gilt, gilt für Schilddrüsenerkrankungen erst recht. Da eine Hypo- respektive Hyperthyreose nur medikamentös saniert werden kann, ist ein Monitoring unumgänglich. 

Was sind die häufigsten Altersprobleme beim Hund?
Ältere Hunde leiden oft an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, haben Probleme mit dem Bewegungsapparat; beim Rüden kommen noch Beschwerden mit der Prostata dazu. 

Welche Methoden gibt es hier, um dem Tier zu helfen?
Mein Ansatz ist es, möglichst wenig invasiv zu arbeiten. Bei Herzproblemen ist ein Thoraxröntgen, eventuell mit Ausmessen der objektiven Herzgröße, oft aussagekräftig. EKG und Herzecho vervollständigen die diagnostischen Möglichkeiten. Bei geringgradigen, an sich noch symptomlosen Herzerkrankungen empfehle ich gerne Weißdornpräparate, die auch durchwegs gute Akzeptanz bei den Besitzern finden. Ist dann bei einer Verschlechterung des Zustands ein entsprechendes „pharmazeutisches“ Präparat notwendig, sind Patient und Besitzer bereits an die tägliche Tablettengabe gewöhnt. Bei Beschwerden des Bewegungsapparats sagt uns die klinische Untersuchung nicht, ob ein Röntgen sinnvoll ist, sondern wo es sinnvoll ist. Der Schwerpunkt klinischer Veränderungen liegt vor allem im Bereich LWS, Hüfte, Knie. Schmerzzustände bei älteren Tieren kommen häufig von Knorpelveränderungen. Neben Antirheumatika haben sich auch natürlich-pflanzliche Mittel wie Weihrauch und Teufelskralle, Glycosamin und Chondroitin bewährt. Bei Problemen mit der Prostata ist der Ultraschall gefragt. Meist liegt eine gutartige Vergrößerung der Prostata vor. Das Mittel der Wahl ist die Kastration. Da es naturgemäß ältere Patienten betrifft, wird der an sich risikoarme chirurgische Eingriff oft gemieden. Die hormonelle Kastration mittels Tabletten oder Chip bietet eine gangbare Alternative. 

Was können die Tierbesitzer vorbeugend tun?
Wichtig ist ein regelmäßiges Training zur Erhaltung der Muskulatur und der Beweglichkeit, das entlastet die Knorpel und stärkt Herz und Kreislauf. Auch geistige Fitness ist förderlich, die man durch Spielen erreichen kann. Tierhalter sollten auf eine hochwertige Ernährung ihrer Tiere achten. Regelmäßige Besuche beim Tierarzt sind natürlich notwendig. Von großer Wichtigkeit ist es auch, rechtzeitig mit der Zahnprophylaxe zu beginnen. Nahrungsergänzungsmittel in Form von knorpelschützenden Substanzen können sinnvoll sein, sollten aber nur nach Absprache mit dem Tierarzt gegeben werden. Von wahllosen Vitamingaben halte ich wenig, denn mit gutem Futter ist die Vitaminversorgung abgedeckt. 

Sind die Tierbesitzer grundlegend bereit, in die Altersvorsorge ihrer Tiere zu investieren?
Das ist sehr unterschiedlich und hängt davon ab, wie der Tierbesitzer zu der Thematik steht. Tierhalter schätzen das Alter ihres Tieres oft ganz anders ein als der Tierarzt. Manche nehmen ihre 16-jährige Katze als relativ jung wahr, andere wieder finden ihre achtjährige Katze bereits alt. Daraus resultiert, dass sie oftmals nicht gewillt sind, in die Altersprophylaxe zu investieren, weil sie ihr Tier nicht als alt wahrnehmen. Vom therapeutischen Ansatz her werden pflanzliche Produkte – Knoblauch, Ginkgo et cetera – bevorzugt, jedoch umso mehr, je geringer der Leidensdruck des Tieres für den Tierhalter offensichtlich ist. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Tierbesitzer immer mehr bereit sind, in die Gesundheit ihrer Tiere zu investieren, wenn es die finanziellen Mittel erlauben.

Wie hoch ist der Anteil der geriatrischen Patienten in Ihrer Praxis?
Ich würde sagen, derzeit circa ein Drittel und wahrscheinlich steigend, weil die Tiere einfach älter werden.